Rolle der USA: Beendet Trump den Ukraine-Krieg, Frau Major?

    Interview

    Expertin zu den Erwartungen:Beendet Trump den Ukraine-Krieg, Frau Major?

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    Donald Trump beendet den Ukraine-Krieg - wirklich? Für Kiew sei er der große Hoffnungsträger, sagt Politik-Expertin Major. Europa habe "sicherheitspolitisch geschlafen".

    Ukraine: "Zu hoffnungsvoll"
    Es gebe "die Hoffnung, dass es jetzt eine starke Unterstützung von den USA geben könnte, die Russland an den Verhandlungstisch zwingt", erklärt Claudia Major, Sicherheitsexpertin der Stiftung Wissenschaft und Politik.22.01.2025 | 6:12 min
    Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj erhofft sich, so sagte er es zumindest auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, ein "gerechtes Ende" des Ukraine-Krieges. Nach drei Jahren soll es nun der frischgebackene US-Präsident Donald Trump sein, der den Krieg beendet? Wirklich?
    Tatsächlich sei die Ukraine, erklärt Politik-Expertin Claudia Major im ZDF-Morgenmagazin, "geradezu hoffnungsvoll, weil die letzten drei Jahre nicht ausgereicht haben, um sie in eine Position zu bringen, den Krieg zu beenden". Es gebe die Hoffnung, "dass es jetzt starke Unterstützung der USA geben könnte, die Russlands Machthaber Wladimir Putin an den Tisch zwingen könnte". Ob das aber "klappen wird, weiß man nicht".
    Trump und die Ukraine
    In der Ukraine wird gespannt darauf gewartet, wie sich der neue US-Präsident jetzt verhalten wird. Im Wahlkampf hatte Trump noch getönt, er werde den Krieg direkt nach Amtsantritt beenden.22.01.2025 | 2:18 min
    Sehen Sie oben das vollständige Interview im Video und lesen Sie hier zentrale Aussagen in Auszügen. Das sagt Expertin Major zu...

    ....den Möglichkeiten Donald Trumps, den Krieg zu beenden

    Die neue US-Regierung von Donald Trump kann, glaubt Claudia Major, zwei Dinge tun:
    • wirtschaftlichen Druck machen durch Sanktionen
    • militärischen Druck aufbauen
    Es gebe gerade in den USA, so die Expertin, "vereinfacht gesagt, zwei Strömungen, mit Ideen, wie der Krieg beendet werden könnte".
    1. Das erste Lager glaube an "Frieden durch Anpassung, indem man russische Forderungen übernimmt". Das seien beispielsweise Vize-Präsident JD Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth, die sagen: "Wir machen, was die Russen wollen, dann ist Frieden."

    2. Das zweite Lager um US-Außenminister Marco Rubio und Sicherheitsberater Mike Waltz sei der Meinung: "Nein, Russland hat kein Interesse, den Krieg zu beenden, daher müssen wir es durch wirtschaftlichen und militärischen Druck an den Verhandlungstisch zwingen".
    Man könne aber momentan noch überhaupt nicht absehen, so die Wissenschaftlerin, welches Camp "sich wirklich durchsetzt". Das sei "völlig unklar".
    US-Präsident Donald Trump unterzeichnet am 20. Januar 2025 im Oval Office des Weißen Hauses in Washington, D.C. eine Durchführungsverordnung zum Rückzug der USA aus der WHO (Weltgesundheitsorganisation).
    Donald Trump will den Ukraine-Krieg so schnell wie möglich beenden. Dem neuen US-Präsidenten zufolge ist Kiew bereit für ein Abkommen, mit Putin wolle er bald reden.21.01.2025 | 0:21 min

    ...der aktuellen Lage in der Ukraine

    Der Ukraine gelinge es immer wieder, kleinere Erfolge zu haben, ins russische Hinterland zu gelangen und kritische Infrastruktur dort zerstören.

    Wenn man aber auf das große Bild schaut, ist es so, dass Russland jeden Tag Gelände gut macht und dass Russland diesen Krieg Stück für Stück gewinnt.

    Claudia Major, Expertin für Sicherheitspolitik

    Major zeigt sich überzeugt: "Die Ukraine kann dem nicht viel entgegensetzen".
    Schon früh habe Donald Trump bei Wahlkämpfen deutlich gemacht: "Europa muss eine größere Rolle spielen und viel mehr bezahlen". Präsident Wolodymyr Selenskyj sei darauf eingegangen und habe gesagt, er erhoffe sich "mehr Manpower" von Europa. Man müsse 20.000 Soldaten bereitstellen, damit man einen möglichen Frieden absichern könne. "Das werden USA sicher nicht machen".

    Claudia Major, Stiftung Wissenschaft und Politik

    ... ist Politikwissenschaftlerin und seit 2020 Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Im März 2025 wird sie Senior Vice President für Transatlantische Sicherheitsinitiativen des German Marshall Fund.

    ... den Bedingungen eines möglichen Waffenstillstands

    • Die erste Frage sei: Kommen wir überhaupt zu einem Waffenstillstand? "Das ist ja noch gar nicht gesichert", betont Major.
    • Die zweite Frage sei: Wie kann ein so ein Waffenstillstand abgesichert werden?
    Hier müsse man Zahlen auf den Tisch legen. Die wahrscheinliche Frontlinie, die es dann gebe, oder die Waffenstillstandslinie werde um die 900 Kilometer lang sein und die Grenze Russland-Ukraine-Belarus sogar 3.000 Kilometer. "Und dann kommt Selenskyj zu der Zahl, man bräuchte um die 200.000 Soldaten, um das zu sichern", so Major. "Die Europäer haben diese Soldaten nicht".
    Man müsse überlegen, was ein Modell wäre, in dem "die Ukrainer wie die Europäer gemeinsam einen möglich Waffenstillstand absichern".
    Rede Selenskyj in Davos
    Die komplette Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos21.01.2025 | 31:14 min
    Die Herausforderung oder das größte Problem sei: Solange Russland an seinen Zielen festhalte und immer noch sage, es könne keine unabhängige Ukraine geben, solange bleibe die Ukraine bedroht. Major betont: "Daher ist die Frage der Absicherung so zentral, denn sonst haben wir nur eine Kampfpause des Kriegs, in der die russischen Streitkräfte sich erholen und nach einer kleinen Pause wieder anfangen und weitermachen". Diese Absicherung sei zentral.

    Das können Europäer aber eigentlich ohne amerikanische Unterstützung, ohne eine US-Luftsicherung, nicht leisten.

    Claudia Major, Expertin für Sicherheitspolitik

    ....der Rolle Europas als Garant für Frieden

    "Da sind wir momentan sehr weit davon entfernt", erklärt die Expertin. Die USA hätten eine politische Führungsrolle, "das heißt, sie schaffen eine Geschlossenheit in Europa". Die Frage sei, welche Europäer wären in der Lage, wirklich alle Europäer zu führen?
    Ukraine, Bachmut: Eine deutsche Panzerhaubitze 2000 (PzH 2000) der ukrainischen Armee steht an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut.
    Im vergangenen Jahr haben deutsche Rüstungsexporte einen Höchstwert erreicht. Rund 13,33 Milliarden Euro wurden von der Bundesregierung genehmigt - fast zehn Prozent mehr als 2023.22.01.2025 | 0:23 min
    Die Amerikaner hätten eine "konventionelle Führungsrolle", das bedeute, "sie bringen Masse, sie können einfach mal 10.000 Soldaten Verstärkungstruppen bringen - das können die Europäer nicht".
    Die USA hätten auch "Schlüsselfähigkeiten, die die Europäer nicht genug oder gar nicht haben". Beispielsweise Luftverteidigung, Aufklärung und andere Systeme. Und was hat Europa? "Wir bauen es gerade auf, aber es kostet enorm viel Geld, und es dauert sehr lange. Selbst wenn wir jetzt sehr viel investieren würden, was nicht klar ist, dauert es noch sehr lange bis wir selber verteidigungsfähig sind."
    Trump bei Rede, zeigt mit Finger nach oben
    Der US-Präsident möchte Russlands Staatschef so an den Verhandlungstisch zwingen. Die Erwartungen der Menschen in der Ukraine an Trump sind sehr unterschiedlich. 22.01.2025 | 1:28 min

    ....dem Tempo Trumps, der schnell Ergebnisse haben will

    Eine Friedenssicherung gelinge ohne die USA nur "extrem schwierig". Aber wenn es die Europäer selber machen müssten, dann müssten sie sich überlegen, was es an Kooperationsmechanismen gebe - möglicherweise auch mit Staaten außerhalb Europas, die im Ramstein-Ukraine Format mit dabei seien.
    "Wenn wir ehrlich sind", bekräftigt die Expertin, "ist es doch so, dass die Europäer vor dem Problem stehen, dass sie nicht viel sagen können, weil sie nicht stark genug sind".

    Das heißt, wir werden wahrscheinlich die amerikanischen Entscheidungen ertragen, weil wir die letzten Jahre und Jahrzehnte nicht bereit waren, in unsere eigene sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit zu investieren.

    Claudia Major, Expertin für Sicherheitspolitik

    Das Interview führte ZDF-Morgenmagazin-Moderator Mitri Sirin. Zusammengefasst hat es ZDFheute-Redakteurin Elisabeth Jändl.

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