Kabinett in Ukraine: Kuleba - Den Schlussakkord spart er sich
Kabinettsumbau in der Ukraine:Nach Rücktritt: Wie Selenskyj mit Kuleba plant
von Henner Hebestreit, Kiew
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Ukraines Präsident Selenskyj hat sein Kabinett umgebaut - auf der Strecke blieb dabei auch Dmytro Kuleba, der international geschätzte bisherige Außenminister. Was steckt dahinter?
"Selenskyj möchte frischen Wind in sein Kabinett bringen", so ZDF-Reporter Henner Hebestreit. Es werde "neue Funktionen" für die ausgetauschten Kabinettsmitglieder geben.05.09.2024 | 1:57 min
Zur letzten Etappe seiner Amtszeit als Außenminister der Ukraine ist Dmytro Kuleba gar nicht mehr erschienen: In seiner Abwesenheit stimmte die Rada - das Parlament in Kiew - seinem Entlassungsersuchen zu.
Ära geht zu Ende
Damit geht in der Ukraine eine politische Epoche zu Ende, in der Kuleba das Land in den zwei großen Krisen dieses Jahrzehnts nach außen repräsentiert hat: erst die Pandemie, dann Russlands Angriffskrieg.
Bei einer Pressekonferenz am Ufer des Dnipro saß Kuleba noch in der ersten Reihe. Er ragte heraus aus der Kiewer Entourage. Während die engsten Berater von Präsident Selenskyj wie ihr Chef selbst im militärischen Drillich auftraten, trug Kuleba einen Anzug, sorgfältig frisiert und rasiert hob er sich ab von den Handwerkern der Macht um den hemdsärmeligen Präsidenten.
Die schweren russischen Angriffe auf die Ukraine setzen sich fort und fordern weiter Todesopfer. Indes kündigt Präsident Selenskyj eine Neuaufstellung seiner Regierung an.05.09.2024 | 2:05 min
Jetzt verlässt Kuleba wie mehrere andere Ministerinnen und Minister das Kabinett. Es ist kein Abtritt von der politischen Bühne, er wird seinem geschundenen Land wohl weiter dienen. Denis Trubetskoy, der als politischer Journalist die Entwicklung in seinem Land beobachtet, sagt:
In Kiew wird Kuleba mit einem Botschafterposten bei der EU oder der Nato in Verbindung gebracht.
Das sagt der Soziologe Oleksandr Schulga, Direktor des ukrainischen "Zentrums für Konfliktstudien und -Analysen in Russland". "Ich denke nicht, dass es sich um eine Bestrafung handelt oder um dramatische Veränderungen", so Schulga.
Im Interview erklärt der ukrainische Außenminister, dass er als Diplomat immer ein Pokerface behält. Und bereit sei, mit Russland an den Verhandlungstisch zu gehen.27.06.2024 | 24:01 min
Beobachter vermutet Trick gegen emotionale Müdigkeit
Vielmehr will Selenskyj seine Regierung wohl fit machen für den schwierigsten Winter dieses Krieges, der über Erfolg oder Scheitern der Abwehr von Russlands Angriff entscheidend sein kann. Trubetskoy glaubt:
Der Präsident versuche, eine gewisse emotionale Müdigkeit in seinen Ministerien zu vermeiden und tausche deshalb gerne Menschen und Positionen aus.
Die westlichen Partner sagen seit Jahren, dass sie Luftverteidigungssysteme liefern wollen, so Militärexperte Nico Lange. Doch das sei noch nicht ausreichend geschehen.03.09.2024 | 17:13 min
Dass Kulebas designierter Nachfolger Andrij Sybiha aus Selenskyjs direktem Umfeld kommt - ein Diplomat wie Kuleba, der aber zuletzt als stellvertretender Leiter des Präsidialamtes eng eingebunden war in die politischen Pläne des Präsidenten - mag man deuten, als sei Kuleba zuletzt nicht immer den Ideen Selenskyjs mit der entsprechenden Hingabe gefolgt. Vor allem im Zusammenhang mit der Friedenskonferenz in der Schweiz wird über Differenzen zwischen dem Präsidenten und seinem Außenminister gemunkelt.
Hoffen auf Langsteckenwaffen
Jetzt reist der für Selenskyj persönlich nach Deutschland, um dort im Rahmen der Ramstein-Konferenz für sein Land herauszuholen, was es dringend braucht: Die Erlaubnis, Langstreckenwaffen zügig gegen militärische Ziele in Russland einzusetzen, um Verstärkung für die stark geforderte Luftabwehr zu werben und um ausreichend Munition für die Verteidiger an der Front zu bitten.
Die russische Armee hat im Osten der Ukraine offenbar Geländegewinne erzielt. Auch für die Menschen in der Stadt Pokrowsk rückt der Krieg näher. Wer kann, verlässt die Heimat – besonders schwer für jene, die ihr ganzes Leben dort verbracht haben03.09.2024 | 1:20 min
All das braucht die Ukraine in diesen Tagen dringend - Russland hat seine Attacken auf ukrainische Städte massiv verstärkt und drängt in Donezk auf eine Entscheidungsschlacht um Pokrowsk - während die Menschen in den Städten weit weg von der Front wegen der zerstörten Energie-Infrastruktur mit großer Sorge auf den nahenden Herbst und Winter blicken. Selenskyjs neue Mannschaft in Kiew steht vor großen Herausforderungen.
Henner Hebestreit ist Leiter des ZDF-Landesstudio Schleswig-Holstein und Korrespondent für Nordeuropa - derzeit berichtet er aus der Ukraine
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