Kinderarbeit in den USA:Minderjährige sollen Personallücken füllen
von Maybrit Nolte, Washington D.C.
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Immer mehr US-Bundesstaaten lockern die Regeln zur Kinderarbeit. Ein Trend, der von Konservativen vorangetrieben wird und den Kinderschützer mit Bedenken beobachten.
In den USA dürfen Jugendliche zunehmend gefährlichere Jobs in Abrissunternehmen oder Fleischverpackungsbetrieben machen (Symbolbild)
Quelle: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa
Täglich nach Schulschluss sechs Stunden in Kühlräumen Fleisch einpacken - das ist in Iowa für Jugendliche ab 14 Jahren neuerdings legal. Der Bundesstaat im Mittleren Westen hat die Arbeitsgesetze für Minderjährige drastisch gelockert.
Es wurden nicht nur die genehmigten Stunden angehoben und Nachtschichten für 14-Jährige legalisiert, sondern auch Jobs erlaubt, die bislang als zu gefährlich galten. Die Jugendlichen dürfen in Iowa nun unter anderem auch in Abrissunternehmen, Fleischverpackungsbetrieben und Wäschereien arbeiten. Dave Deyoe, republikanischer Abgeordneter in Iowa, begründet die Entscheidung so:
Weniger Arbeitsschutz schon in sechs Bundesstaaten
Iowa ist mit diesem Abbau des Arbeitsschutzes nicht allein. Insgesamt in 14 Staaten in den USA wurden Vorschläge zur Lockerung der Arbeitsgesetze für Minderjährige eingereicht. Sechs Bundesstaaten haben sie bereits umgesetzt.
Der Bundesstaat Arkansas lässt zu, dass das Alter der Kinder nicht mehr offiziell überprüft wird. Andere Staaten haben die Arbeitszeiten ausgeweitet und das Mindestalter heruntergesetzt, ab dem man Alkohol ausschenken darf.
In den USA wollen Konservative Bücher über Rassismus und LGBTQ+-Themen verbieten. Gleichzeitig werden betroffene Werke immer beliebter.
Minderjährige als billige Arbeitskräfte
Der Grund, warum die Gesetze gelockert werden: es fehlen Arbeitskräfte im Niedriglohnsektor. In Iowa war der Gastronomie-Verband eine treibende Kraft für die Reform. Auch landesweit vermuten US-Medien Lobbying und stellen einen konservativen Thinktank aus Florida unter Verdacht.
Reid Maki von der "No Child Labor Coalition" verurteilt das. Die Gesetzesänderung zwinge zwar kein Kind, länger oder in kritischeren Jobs zu arbeiten, aber sie erleichtert es Unternehmen Minderjährige auszubeuten, so Reid. Besonders Jugendliche, die ohne Familie in die USA einwandern, seien betroffen.
Über 20 Stunden pro Woche arbeiten, zusätzlich zur Schule - das wirkt sich einer Studie zufolge negativ auf die Noten aus. Reid Maki befürchtet auch, dass so langfristig die Berufschancen der Jugendlichen beeinträchtigt werden.
Zunehmend Verstöße gegen Kinderarbeitsgesetze
Die Anzahl der Fälle, in denen die Kinderarbeitsrechte verletzt wurden, ist in den USA zurzeit so hoch, wie zuletzt vor zwei Jahrzehnten. Allein im vergangenen Jahr sind einige drastische Verstöße bekannt geworden:
Im Frühjahr wurde ein Fall aufgedeckt, in dem hundert Minderjährige, die zum Teil erst 13 waren, ein Schlachthaus gereinigt haben, darunter auch Geräte wie Knochensägen und Schädelspalter.
In einem Sägewerk in Wisconsin haben sich Minderjährige bei ihrer Arbeit schwer verletzt.
In Kentucky wurden 300 Minderjährige rechtswidrig in McDonalds-Filialen beschäftigt, darunter auch zwei Zehnjährige.
Forderung nach höheren Strafen und mehr Kontrollen
Demokratinnen wie Hillary Scholten reagierten empört auf diese Vorfälle:
Sie hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der das maximale Strafmaß von bislang 15.000 auf 130.000 Dollar anheben soll. Reid Maki befürwortet das sehr und fordert die Behörden auf ihre Verantwortung den Kindern gegenüber wahrzunehmen und mehr Kontrollen durchführen.