Vorfall mit Sittenpolizei?: Verletzte Iranerin wohl hirntot

    Vorfall mit Sittenpolizei?:Verletzte Iranerin wohl hirntot

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    Der Fall einer 16-jährigen Iranerin sorgt für Aufsehen: Sie war nach einem mutmaßlichen Konflikt mit der Sittenpolizei in der U-Bahn ins Koma gefallen. Nun soll sie hirntot sein.

    Nach einer mutmaßlichen Konfrontation mit den Sittenwächtern ist eine 16-jährige Iranerin Medienberichten zufolge anscheinend hirntot. Wie die iranische Nachrichtenagentur Tasnim am Sonntag berichtete, gehen die Ärzte trotz größter Anstrengungen nun vom Hirntod der jungen Iranerin Armita Garawand aus.

    Gewalt wegen Kopftuch-Verstoß? Moralpolizei dementiert

    Der Fall der 16 Jahre alten Schülerin hatte Anfang Oktober große Empörung ausgelöst. Sie soll Berichten von Menschenrechtlern zufolge in einer U-Bahn in Teheran gewaltsam mit den Sittenwächtern zusammengestoßen sein, weil sie kein Kopftuch trug. Seit Wochen liegt sie bereits im Koma.
    Staatsmedien dementierten Gewalt seitens der Moralpolizei im Iran. Garawand sei wegen niedrigen Blutdrucks gestürzt und mit dem Kopf aufgeschlagen, lautete die offizielle Erklärung.

    ZDF-Korrespondent: Nachrichtensperre verhängt

    "Das Regime hatte eine Nachrichtensperre verhängt, hatte das Krankenhaus abgeriegelt, nicht einmal Armitas Mutter wurde vorgelassen", berichtet ZDF-Korrespondent Jörg Brase. "Eine ähnlich unsouveräne wie effektive Unterdrückung der Fakten wie schon im Falle vom Mahsa Amini."
    Journalisten, die über den Fall berichten wollten, seien vorübergehend festgenommen worden, Angehörige unter Druck gesetzt. Es sei nur Material von Überwachungskameras außerhalb des U-Bahn-Waggons veröffentlicht worden, in dem Granawand kurz nach dem Einsteigen zusammengebrochen sei. Kameras aber befänden sich auch in den Waggons. Diese Bilder seien aber bislang nirgendwo zu finden.

    Wer sich so verhält, hat etwas zu verbergen.

    Jörg Brase, ZDF-Korrespondent

    Proteste wie im Fall von Mahsa Amini seien in Granawands Fall ausgeblieben, berichtet Brase.
    Passend zu der Meldung über den Hirntod von Armite Granawand sei am Sonntag auch die Verurteilung der beiden Journalistinnen Niloufar Hamedi und Elahe Mohammadi zu zwölf und elf Jahren Haft bekannt geworden. Die beiden hätten als erste über den Tod Mahsa Aminis im September vergangenen Jahres berichtet. Die Anwälte der beiden Frauen kritisierten, nicht über die Urteile informiert worden zu sein.

    Beide Fälle sind weitere Beispiele für die iranische Willkürjustiz, die durch derartige Urteile die Arbeit der kritischen Presse im Land nahezu unmöglich macht.

    Jörg Brase, ZDF-Korrespondent

    Das Staatsoberhaupt der islamischen Republik Iran, Ali Hosseini Khamenei, spricht in einem braunen Gewand. Neben ihm ist ein großes Fragezeichen zu sehen.
    Ali Hosseini Khamenei – Irans allmächtiger Staatschef und Revolutionär. Ein Mann mit einem klaren Plan für sein Land, gewillt, ihn mit brutaler Härte durchzusetzen.02.06.2023 | 15:39 min

    Erinnerungen an Tod Mahsa Aminis

    Die iranische Kurdin Jina Mahsa Amini war im Herbst 2022 von den Sittenwächtern wegen eines angeblich schlecht sitzenden Kopftuchs festgenommen worden. Amini fiel ins Koma und starb.
    Ihr Tod löste die schwersten Proteste seit Jahrzehnten aus. Seitdem ignorieren viele Frauen demonstrativ die Kopftuchpflicht.

    Massendemos und Frauenproteste
    :Iran: Was ein Jahr nach Aminis Tod bleibt

    Monatelang gingen die Menschen in Iran gegen ihre Regierung auf die Straße. Das Regime reagierte mit brutaler Gewalt. Mittlerweile ist wieder Ruhe eingekehrt. Doch die Wut bleibt.
    Jörg Brase, Teheran
    Iranische Frau in Teheran
    Quelle: dpa, AFP, Reuters
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