Von Sri Lanka in die Schweiz: Baby-Adoption ohne Papiere

    Von Sri Lanka in die Schweiz:Illegal Adoptierte suchen ihre Wurzeln

    von Jasmin Astaki-Bardeh
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    Von etwa 1970 bis in die Neunziger Jahre wurden Babys aus Sri Lanka in der Schweiz adoptiert. Illegal, wie man heute weiß: Papiere, Namen und Geburtsort wurden oft gefälscht.

    Neugeborenes Baby
    Wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, ist die Adoption eines Neugeborenen für manche eine Lösung.
    Quelle: dpa

    Wie es bei Krimis oft geschieht, beginnt diese Geschichte ganz harmlos: Celin Fässler wächst in St. Gallen in der Schweiz auf. Ihre Adoptiveltern haben nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie Celin adoptiert haben. Sie wächst mit der festen Überzeugung auf, jederzeit Kontakt zu ihren leiblichen Eltern in Sri Lanka aufnehmen zu können. Lange verspürt sie kein Bedürfnis. Erst als ihre eigenen Kinder zur Familiengeschichte fragen, entscheidet sie sich für den Schritt. Doch der führt schnurstracks ins Dunkel und zeigt nur eines: Irgendetwas lief damals ganz krumm. "Im Spital haben sie meine Dokumente oder meinen Eintrag gefunden und ich dachte schon, yes, ich habe den Jackpot," erzählt sie. Aber es kam anders:

    Dann, drei Jahre später, kam eigentlich alles heraus. Dass es nicht stimmt oder dass es diese Adresse und diesen Namen auch nicht gibt.

    Celin Fässler, Betroffene

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    Gefälschte Geburtsurkunden - und die wirklichen Eltern nicht auffindbar

    Nicht nur die Geburts-Papiere waren Fälschungen, sondern auch die vermeintlichen Mütter der adoptierten Babys von damals. Die Behörden in Sri Lanka scheinen völlig ratlos. Von Celins leiblichen Eltern ist keine Spur zu finden.
    Celin weiß, dass sie kein Einzelfall ist: 2018 ist der Adoptionsskandal in der Schweiz von einer anderen Betroffenen aufgedeckt worden: Sarah Ineichen aus Bern in der Schweiz. Durch sie wird das Ganze zum Politikum, auch, weil sie den Verein "Back to the Roots" gegründet hat.
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    Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort unterstützen Betroffene - vor allem helfen sie ihnen konkret, Näheres über ihre Adoptionsgeschichte zu erfahren. Zwischen den 1970iger und 1990iger Jahren wurden in der Schweiz tausende Babys illegal adoptiert - aus Ländern des Globalen Südens wie Indien, Nepal oder Sri Lanka. Illegal, das heißt: unter betrügerischen Bedingungen und mit gefälschten Papieren.

    Systematische illegale Adoptionen von Babys aus Sri Lanka

    Die Fälle, die Vereinsgründerin Sarah Ineichen aufarbeitet, zeigen, wie systematisch die illegalen Adoptionen abliefen: "Manchmal, wenn ich meine Geschichte erzähle, denke ich, die muss man erfunden haben."
    Allein aus Sri Lanka sind etwa 15.000 Babys in der Schweiz adoptiert worden. Etwa 95 Prozent davon illegal. Bei "Back to the Roots" werden die vorhandenen Dokumente analysiert. Was zunächst sehr administrativ klingt, ist für viele Betroffenen eine Belastung, berichtet Sara Ineichen: "Weil da auch Informationen herauskommen, die schwer zu verarbeiten sind. Wie zum Beispiel in Extremfällen Quittungen, Zahlungsbelege, wie viel das Baby gekostet hat. Bestellscheine, wie das Kind aussehen sollte."
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    In den zwei Jahrzehnten verdienten die Vermittler hohe Summen mit dem Säuglings-Handel: Die Agenturen kassierten 3.000-5.000 Euro pro Baby, für die ganze Abwicklung der Adoption zusätzlich bis zu 20.000 Euro. Die Behörden ließen sie gewähren - obwohl es Hinweise gab, dass dort etwas falsch läuft. Grund dafür war laut Forschenden der Universität Bern auch ein anderer Zeitgeist, der die Wahrnehmung der Geschehnisse geprägt habe, sagt Surangika Jayarathne, die am Fachbereich Migrationsgeschichte der Universität Bern forscht:

    Das wirtschaftliche Gefälle zwischen Sri Lanka und der Schweiz spielte eine große Rolle: Die Adoptiveltern gingen oft davon aus, die Kinder aus den verarmten Ländern zu retten.

    Surangika Jayarathne, Universität Bern

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    Entschuldigung vom Schweizer Staat

    Mittlerweile hat der Schweizer Bundesrat sein Bedauern ausgesprochen. Der Verein "Back to the Roots" erhält Gelder zur Verfügung gestellt, um illegal Adoptierte bei ihrer Herkunftssuche zu unterstützen. Für die meisten bleibt sie dennoch erfolglos. Nur in fünf Prozent der Fälle ist die biologische Familie bisher gefunden worden. Celin Fässler gehört zu der Riesengruppe, wo das nicht geschehen ist. Trotzdem war die Spurensuche heilsam für sie - die Auseinandersetzung helfe ihr, auch wenn sie nicht wisse, woher sie komme.

    Ich kann diese Fragen stellen und ich glaube, das ist das Wichtigste, dass wir nicht an verschlossene Türen geraten.

    Celin Fässler, Betroffene

    Der Verein "Back to the Roots" fordert, Betroffene sollten die Möglichkeit haben, auch psychologisch betreut zu werden. Die Schweiz solle sich ihrer Verantwortung stellen - die jahrzehntelangen Versäumnisse wiedergutmachen.
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