Russland: Verschleppte Kinder online zur Adoption angeboten

    Aus der Ukraine verschleppt:Kinder auf Webseite zur Adoption angeboten

    von Christian Rohde
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    Die USA werfen Russland "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vor. Der Grund: Aus der Ukraine entführte Kinder werden zur Adoption angeboten. ZDF frontal hat bereits berichtet.

    Tausende von Teddybären und Spielzeugen, die für die Tausenden von Kindern stehen, die nach dem Krieg in der Ukraine entführt wurden, am Rond-point Schuman in Brüssel am 23.02.2024.
    Tausende von Teddybären und Spielzeugen stehen sinnbildlich für die Kinder, die entführt wurden. (23.02.2024)
    Quelle: picture alliance/dpa/Belga

    Seit Russland die Ukraine überfallen hat, wurden Hunderttausende ukrainische Zivilisten nach Russland verschleppt. Darunter sind auch zigtausende Kinder, die gewaltsam von ihren Familien getrennt wurden. Die US-Regierung teilte nun mit, ihr lägen "neue glaubwürdige Berichte" vor, dass aus der Ukraine entführte Kinder in Russland auf Webseiten zur Adoption angeboten werden.
    Der Sicherheitsberater der Biden-Administration, Jake Sullivan, sprach von "verabscheuungswürdigen und entsetzlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Der Fall zeige, dass Russland nicht einen Krieg nur gegen das ukrainische Militär, sondern auch gegen das ukrainische Volk führe.

    Diese ukrainischen Kinder gehörten zu ihren Familien in der Ukraine.

    Jake Sullivan, Sicherheitsberater von Joe Biden

    Ukrainische Kinder
    Seit Beginn des Angriffs auf die Ukraine hat Russland viele tausende ukrainische Kinder verschleppt. ZDF-Korrespondentin Anne Brühl hat einen Jungen getroffen, dem die Flucht gelungen ist.22.01.2024 | 2:02 min

    Russische Adoptionswebseite: Identität von Kindern verschwiegen

    Hintergrund sind offenbar auch neue Recherchen der "Financial Times". Reporter der britischen Tageszeitung haben vier ukrainische Kinder identifiziert, die auf einer von der russischen Regierung betriebenen Adoptionswebseite angeboten werden.
    Laut dem Bericht wurden die Minderjährigen aus staatlichen Heimen in der Ukraine entführt. Ihre Herkunft und Identität wird demnach verschwiegen. Wie viele andere ein ähnliches Schicksal erleiden, ist unbekannt.
    Wladimir Putin bei einem Treffen mit Gemeindevorstehern. Putin blickt in die Kamera. Er hält einen Kugelschreiber in der Hand. Hintergrund ist blau.
    Anfang des Jahres fand in Genf eine Anhörung statt, bei der sich Russland zu den Vorwürfen äußern sollte.22.01.2024 | 1:30 min
    Die ukrainische Regierung sprach zuletzt von 20.000 verschleppten Minderjährigen. Ob die Zahlen stimmen, ist - wie so oft im Krieg - schwer zu beurteilen. Das Humanitarian Research Lab der US-Universität Yale spricht von mindestens 6.000 Kindern und Jugendlichen, die auf die Krim oder ins russische Kernland systematisch verschleppt worden seien.

    frontal-Recherchen decken 2022 Zwangsdeportationen auf

    ZDF frontal hatte bereits wenige Monate nach Kriegsbeginn aufgedeckt, wie Kinder und Jugendliche aus Cherson deportiert und zwangsadoptiert wurden. Als die Russen die Hafenstadt im März 2022 besetzten, boten sie ukrainischen Kindern und Jugendlichen Erholungsferien auf der Krim an.
    Junge in Uniform salutiert
    Systematisch sind ukrainische Kinder und Jugendliche nach Russland deportiert und dort von Pflegefamilien zwangsadoptiert worden. frontal ging auf die Suche nach den Kindern.21.02.2023 | 36:58 min
    Staatliche Heime werden von speziellen Trupps der Sicherheitsbehörden durchsucht. Kinder und Erzieher werden gezwungen, in russische Gebiete umzusiedeln. Als die Ukrainer Cherson zurückerobern, wird klar, dass die Deportierten in Russland bleiben müssen.

    Lwowa-Belowa Verantwortliche für Deportationen

    Dass aus der Ukraine verschleppte Kinder in Russland zur Adoption über staatliche Stellen an russischstämmige Eltern vermittelt werden, ist seit Beginn des Überfalls auf die Ukraine Teil der vom Kreml gesteuerten Umsiedlungspolitik. Verantwortlich dafür ist Putins "Ombudsfrau für Kinderrechte" Maria Lwowa-Belowa.
    Eine Mutter umarmt ihre Tochter, die zuvor nach Russland verschleppt worden war.
    frontal berichtete 2022, dass seit Kriegsbeginn russische Behörden systematisch Kinder und Jugendliche aus der Ukraine entführten. Vergangenes Jahr gelang es einer Rettungsorganisation dann, 31 Kinder zurückzuholen.11.04.2023 | 1:16 min
    Bereits im März 2022 sprach sie im russischen Fernsehen davon, dass ukrainische Heimkinder nach Russland transportiert worden seien. Die Minderjährigen sollten über das ganz Land in Heimen und später in russische Familien "integriert" werden. Lwowa-Belowa selbst habe ein 15-jähriges Kind aus Mariupol adoptiert, sagte sie lächelnd im Staatsfernsehen und Putin nickte anerkennend.

    Verschleppungen von Kindern Teil russischer Kriegsführung

    Verschleppungen gehören zum festen Bestandteil russischer Kriegsführung. So will die Armee Unsicherheit und Ängste in der ukrainischen Bevölkerung säen und den Willen zur Verteidigung brechen.
    Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) hat im vergangenen Jahr Haftbefehle gegen den russischen Präsidenten und seine Ombudsfrau Lwowa-Belowa erlassen. Beide werden vom Gericht persönlich für das Kriegsverbrechen der unrechtmäßigen Deportation von Kindern verantwortlich gemacht.
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

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    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
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