Hisbollah ernennt Naim Kassim zum neuen Anführer

Nach der Tötung ihres Chefs Hassan Nasrallah Ende September hat die Hisbollah-Miliz im Libanon dessen Stellvertreter Naim Kassim zum Nachfolger ernannt. Der Schura-Rat, das Führungsorgan der Hisbollah, "hat sich darauf geeinigt, Scheich Naim Kassim zum Generalsekretär der Hisbollah zu wählen", hieß es am Dienstag in einer Erklärung der Miliz. Kassim führe nun die Hisbollah und den Islamischen Widerstand in "edler Mission" an.

Nasrallah war am 27. September bei einem Angriff der israelischen Armee in der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet worden.

Eigentlich sollte Haschim Safi al-Din die Nachfolge Nasrallahs antreten. In der vergangenen Woche meldete Israels Armee allerdings auch dessen Tod bei einem Angriff Anfang Oktober in Beirut, die Hisbollah bestätigte das. Als Reaktion unter anderem auf die Tötung Nasrallahs hatte der Iran Israel am 1. Oktober mit rund 200 Raketen angegriffen.

Wo sich Kassim aktuell aufhält, ist unklar. Nach Nasrallahs Tod war Kassim in drei TV-Ansprachen zu sehen, zuletzt am 15. Oktober. In seiner ersten Rede nach Bekanntwerden von Nasrallahs Tötung wirkte er unter Druck und schwitzte. Damals verkündete Kassim, dass die Hisbollah ihren getöteten Anführer bald ersetzen werde. 

Er gilt als Verfechter einer Waffenruhe. In einer seiner jüngsten Ansprachen erklärte er, die einzige Lösung für die Rückkehr vertriebener Israelis in ihre Häuser im Norden des Landes sei eine "Waffenruhe". Andernfalls werde die Hisbollah "überall" in Israel zuschlagen, drohte er.

Kassim wurde in einem Dorf nahe Nabatija im südlichen Libanon geboren und ist um die 70 Jahre alt. Er gehört zu den Mitgliedern, die die Hisbollah Anfang der 1980er Jahre für den Kampf gegen die israelische Besatzung im Libanon gründeten.

Sein politisches Engagement nahm seinen Anfang in der libanesischen schiitischen Amal-Bewegung. Seit 1991 war er Vize-Chef und damit eine der einflussreichsten Figuren innerhalb der Hisbollah neben Nasrallah.

In dieser Zeit war der Geistliche, der den typischen weißen Turban und einen weißen Bart trägt, oft das öffentliche Gesicht der Gruppe, während Nasrallah aus Angst vor einem israelischen Angriff in den Untergrund ging und nur noch in Fernsehansprachen auftrat.

Kassim ist wie der getötete Nasrallah ein Kleriker des schiitischen Islams, studierte im Libanon aber auch Chemie und lernte Französisch. 2004 veröffentlichte er ein Buch über die Geschichte der Organisation, das auch autobiografische Teile enthält. Kassim ist verheiratet und hat Kinder.