Tote in Gaza: Was wir über das Drama am Hilfskonvoi wissen
Analyse
Tote bei Hilfslieferung in Gaza:Drama am Hilfskonvoi: Was bekannt ist
von Jan Schneider und Oliver Klein
|
Wie kam es zur Tragödie am Hilfskonvoi im Gazastreifen mit vielen Toten? ZDFheute hat Augenzeugenberichte und Bildmaterial ausgewertet.
Menschen stürmen auf einen Konvoi mit Hilfsgütern im Gazastreifen. Es fallen Schüsse, Dutzende sterben. Vorwürfe werden laut. Doch was genau passiert ist, bleibt unklar.01.03.2024
Die Empörung über das Chaos bei der Ankunft eines Hilfsgüterkonvois in Gaza mit vielen Toten ist groß, die israelische Armee massiv unter Druck: Zivilisten seien von "israelischen Soldaten ins Visier genommen" worden, beklagt der französische Präsident Emmanuel Macron. Der palästinensische UN-Botschafter Riad Mansur warf Israel die vorsätzliche Tötung von Palästinensern vor, die UN und auch die US-Regierung fordern Aufklärung.
Was ist in den frühen Morgenstunden am Donnerstag geschehen? Haben wirklich israelische Soldaten auf Zivilisten geschossen? ZDFheute hat Berichte von Augenzeugen, Fotos und Drohnenvideos ausgewertet und klärt die wichtigsten Fragen.
In der Nähe des Al-Nabulsi-Kreisverkehrs kam es zu dem Chaos um die Hilfskonvois:
karte Gaza - Hilfslieferungen
ZDFheute Infografik
Ein Klick für den Datenschutz
Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Frühmorgens gegen 4:40 Uhr Ortszeit sollen die ersten von insgesamt 30 Lastern mit Hilfsgütern für die hungernden Menschen an der nord-westlichen Grenze von Gaza-Stadt angekommen sein. Nach Darstellung des israelischen Militärs kam es zu einem chaotischen Gedränge. Zahlreiche Menschen seien auf die Lastwagen gestürmt, erklärte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari.
Einige fingen an, andere gewaltsam zu schubsen und zu Tode zu trampeln und plünderten die humanitären Hilfsgüter.
„
Daniel Hagari, israelische Armeesprecher
Die israelische Armee veröffentlichte ein Drohnenvideo, das Teile der Geschehnisse aus der Vogelperspektive zeigen soll. Zu sehen sind demnach die Laster des Hilfskonvois und hunderte Menschen, die sich darum scharen.
Drohnenaufnahme (hier ein Zusammenschnitt des ZDF) des israelischen Militärs vom Hilfskonvoi in Gaza-Stadt - zu sehen sein soll, wie sich die Menschen an mehreren Stellen um die Laster scharen.
Quelle: ZDF/Screenshots Drohnenvideo der IDF
Haben israelische Soldaten auf Zivilisten geschossen?
Schüsse fielen, so viel scheint sicher. Doch es gibt widersprüchliche Angaben. Mehrere Augenzeugen berichteten, dass die israelische Armee auf die Hilfesuchenden geschossen haben soll und dadurch die Panik ausgelöst worden sei. Peter Lerner, ebenfalls ein Sprecher des israelischen Militärs, sagte dem Fernsehsender CNN, dass Soldaten Warnschüsse in die Luft abgegeben hätten, da sie sich bedroht gefühlt hätten. Auch Panzer sollen "vorsichtig" versucht haben, die Menge mit Warnschüssen zu vertreiben, wie es hieß. In einem Video, das der TV-Sender Al Jazeera Arabic bei X veröffentlicht hat, sind zudem mehrere Gewehrschüsse zu hören.
Laut israelischen Medienberichten sollen die Soldaten auch auf die Beine der Menschen gezielt haben. Etliche Fotos zeigen Menschen mit Schusswunden an den Beinen. Hagari betonte hingegen: "Wir haben weder auf Hilfesuchende noch auf den humanitären Konvoi geschossen, weder am Boden noch aus der Luft."
Im Kamal-Edwan-Krankenhaus in Beit Lahia werden Palästinenser medizinisch versorgt (29.02.2024)
Quelle: AFP
Der palästinensische Botschafter der Vereinten Nationen, Riad Mansur, stellt die Ereignisse anders dar: Vor der Ankunft des Konvois von Hilfstransportern hätten sich Tausende im Norden Gazas versammelt. "Und dann begann die israelische Armee plötzlich, auf sie zu schießen, und den uns vorliegenden Informationen zufolge haben Dutzende von ihnen Kugeln im Kopf. Es wurde nicht in den Himmel geschossen, um Menschen zurückzuhalten, weil Chaos herrschte. Es wurde absichtlich gezielt und getötet", sagte Mansur am Donnerstag in New York.
Wie viele Menschen sind ums Leben gekommen?
Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium im Gazastreifen gibt an, dass 112 Menschen getötet und 760 weitere verletzt worden seien. Von der israelischen Armee gab es bislang keine Zahlen zu Toten. Sie spricht von "Dutzenden Getöteten und Verletzten" und dass die meisten Menschen beim Andrang auf den Konvoi gestorben sind, weil sie totgetrampelt oder von den Lastern überfahren wurden.
Auch die "BBC" zitiert einen Augenzeugen, der berichtet, dass die meisten Getöteten von den Lastern überfahren wurden. Im Drohnenvideo sind am Ort des Geschehens mindestens ein Dutzend leblose Körper am Boden zu sehen, als die Laster abfahren. Unklar ist, ob die Menschen verletzt oder tot sind.
Nahe der Lkw sind mehrere leblose Körper zu sehen (einige von ihnen mit Kreisen markiert). Die israelischen Militärfahrzeuge (Vierecke) wurden in den Aufnahmen von der Armee unkenntlich gemacht.
Quelle: ZDF/Screenshot Drohnenvideo der IDF
Welche Bedeutung haben die Hilfslieferungen?
Die Hilfskonvois mit Nahrungsmitteln sind für die Bevölkerung in Gaza die einzige Chance zu überleben: Jeder Vierte im Gazastreifen - mindestens 576.000 Menschen - sei "in einem katastrophalen Ausmaß von Entbehrungen und Hunger bedroht", warnte das Welternährungsprogramm WFP kürzlich im Weltsicherheitsrat. Schon vor dem Krieg mussten Nahrung, Wasser, Treibstoff und vieles andere aus Israel gebracht werden.
Mit Material von dpa
Im Morgengrauen des 7. Oktober dringen hunderte Kämpfer der islamistischen Terrororganisation Hamas und verbündeter islamistischer Gruppen vom Gazastreifen aus in den Süden Israels ein und verüben Gräueltaten überwiegend an Zivilisten, darunter an vielen Frauen und Kindern. Nach israelischen Angaben werden 1.210 Menschen getötet. Mehr als 251 Menschen werden als Geiseln genommen. Wie viele von ihnen heute noch leben, ist unklar.
Dies ist der Auslöser für den Gaza-Krieg, in dem nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher über 50.000 Palästinenser getötet worden sein sollen - darunter Kinder und Jugendliche. Die Zahl unterscheidet allerdings nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten und lässt sich unabhängig kaum überprüfen.
Überhaupt lassen sich die Angaben zu Toten und Verletzten beider Seiten nicht unabhängig überprüfen. (Quelle: dpa/AFP - Stand: 18. Mai 2025)
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.