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Guterres' Handschlag mit Putin:Der Weltendiplomat im Fadenkreuz
von Susanne Lingemann, New York
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In der europäischen Presse wurde der Handschlag des UN-Generalsekretärs mit dem "Kriegsverbrecher Putin" auf dem BRICS-Treffen kritisiert. UN-Experten sehen es differenzierter.
Ein Handschlag, der provozierte: Guterres und Putin am Rande des Brics-Gipfel.24.10.2024 | 2:04 min
Der Handschlag zwischen UN-Generalsekretär António Guterres und Russlands Präsident Wladimir Putin beim Brics-Gipfel in Kasan hat weltweit für Aufsehen gesorgt. In einer Zeit intensiver geopolitischer Spannungen, insbesondere durch den Ukraine-Krieg, wird Guterres' diplomatische Mission unterschiedlich interpretiert.
Der Balanceakt von António Guterres
Guterres’ Aufgabe ist es, "Frieden zu schaffen und zu erhalten", erklärt Mary Ellen O’Donnell, Professorin für Friedensforschung an der University of Notre Dame.
Dieser Handschlag war Teil seiner Mission, den Dialog über alle geopolitischen Fronten hinweg aufrechtzuerhalten.
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Richard Gowan, Direktor der NGO International Crisis Group hält den Handschlag an sich nicht für problematisch, zeigt sich aber erstaunt, dass der erfahrene Diplomat seine Körpersprache nicht unter Kontrolle hatte. Mit einer mit leichten - fast schon unterwürfigen - Verbeugung reichte Guterres Putin die Hand.
Auch aus Diplomatenkreisen ist zu hören, dass ein neutraler Gesichtsausdruck bei solch formellen Gesten mit kontroversen Persönlichkeiten angebracht sei. Gegen Wladimir Putin besteht ein Haftbefehl des Internationalen Gerichtshofs wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit - im Zusammenhang mit der Deportation ukrainischer Kinder.
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Reise nach Russland, aber nicht in die Schweiz
Kritisiert wird der UN-Generalsekretär auch deshalb, weil er an dem Treffen der Brics-Staaten - darunter auch Indien, China, Brasilien, Südafrika, Iran - teilgenommen zu haben, während er einer Einladung zum Gipfel des Friedens im Juni in die neutrale Schweiz nicht folgte.
Guterres hatte seine Zusage damals davon abhängig gemacht, dass auch China an dem Gipfel teilnimmt. "Ohne China hat nur eine Seite mit sich selbst gesprochen. Daher war es die richtige Entscheidung, das Treffen in Birkenstock zu vermeiden," argumentiert O'Connell.
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UN-Krise - Zielscheibe Guterres
Unbestritten stecken die Vereinten Nationen in einer tiefen Krise, scheinen in den Kriegen in der Ukraine, dem Sudan und Mittleren Osten handlungsunfähig. Der Generalsekretär sei da die einfachste Zielscheibe, meint Gowan. UN-Chefs hätten schon immer auch mit Schurken reden müssen, um Kompromisse zu finden. "Es ist leicht, ihn dafür zu verurteilen und zu kritisieren, aber das gehört zu seinem Job."
Auch wenn das Brics-Treffen in Russland stattfand und Putin, der wegen seines Haftbefehls nicht reisen kann - sein Prestige daheim aufwerten konnte, gab es - so Gowan - einen guten Grund für den Generalsekretär nach Kasan zu reisen: Die Hälfte der Weltbevölkerung wird durch die Brics-Staaten vertreten - und Guterres nimmt regelmäßig an G7- und G20-Gipfeln teil:
UN-Generalsekretär Guterres hat auf dem Gipfel von Pazifikstaaten vor den Folgen des steigenden Meeresspiegels im Westpazifik gewarnt. Das Wasser steige schneller als vorhergesagt.27.08.2024 | 0:20 min
Experte: Jede Kommunikation bringt Dinge voran
Für den Weltdiplomaten war es auch eine Gelegenheit, in persönlichen Gesprächen mit dem indischen Premierminister Modi und dem chinesischen Präsidenten Xi Friedensinitiativen auszuloten. "Jede Kommunikation an und für sich trägt dazu bei, die Dinge voranzubringen. Und das ist es, was wir zu tun versuchen," erklärt ein Sprecher von Guterres.
In seiner Rede in Kasan hatte Guterres Frieden in der von Russland angegriffenen Ukraine gefordert, "einen gerechten Frieden, in Übereinstimmung mit der UN-Charta, dem Völkerrecht und der Resolution der UN-Generalversammlung". Eine Einladung Putins nach Moskau zu reisen, hatte Guterres abgelehnt.
Quelle: ZDF
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Armin Coerper, Kasan