Gesundheitssystem in der Krise: Englands Kliniken am Limit
Gesundheitssystem in der Krise:Englands Kliniken am Limit
von Marlene Jacobsen, London
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In England bringt eine Grippewelle den bereits überlasteten NHS an seine Grenzen. Patienten warten stundenlang auf Krankenhausfluren. Liegt eine mögliche Lösung auf dem Parkplatz?
In Großbritannien bringen die Grippewelle und viele Notfälle das ohnehin belastete staatliche Gesundheitssystem an seine Grenzen – auch weil wenige Menschen geimpft sind.13.01.2025 | 2:08 min
Eine Grippewelle hat England erfasst. Etwa 5.400 Grippepatienten werden momentan in Krankenhäusern behandelt - mehr als dreimal so viele wie vor einem Jahr. Hinzu kommen Patienten mit dem Corona- und Norovirus.
"Das ist einer der härtesten Winter", findet Sarah Robertshaw, Ärztin im Mid Yorkshire Krankenhaus.
Durch die Grippewelle gerät das britische Gesundheitssystem, das seit Langem in einer tiefen Krise steckt, noch weiter unter Druck.
Es fehlt vor allem an Personal - mit verheerenden Folgen für die Patienten. Fast ein Drittel der Patienten muss in der Notaufnahme mehr als vier Stunden warten.
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Über Nacht auf dem Krankenhausflur
Selbst für diejenigen, die schon behandelt wurden, nimmt das Warten manchmal kein Ende. Patienten, die zum Beispiel in die Reha oder ins Pflegeheim müssten, können nicht entlassen werden, solange es dort keinen Platz für sie gibt.
Die unnötig belegten Krankenhausbetten sind einer der Gründe, weshalb Patienten oft stundenlang auf ein Bett warten - erst im Krankenwagen, dann im Krankenhausflur. Dadurch verlängern sich auch die Wartezeiten für jene, die einen Krankenwagen rufen.
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Patienten auf Flur gestorben
Das bekam auch Jackie Speight zu spüren. Sie ist auf Glatteis ausgerutscht und hatte einen Knochenbruch. Erst wartete die 79-Jährige zwei Stunden auf einen Krankenwagen, dann verbrachte sie die Nacht auf dem Flur der Notaufnahme.
Manche Patienten starben sogar auf dem Flur.
Auch für geplante Behandlungen sind die Wartelisten des Gesundheitsdienstes NHS oftmals sehr lang. Insgesamt 7,5 Millionen Menschen warten momentan darauf, behandelt zu werden; über drei Millionen von ihnen schon seit mehr als vier Monaten.
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Diagnostik auf dem Parkplatz
Diese Wartezeiten zu verkürzen, ist eines der Hauptversprechen von Premierminister Keir Starmer. Im Wahlkampf für die Unterhauswahlen im Juli 2024 hatte er angekündigt, zusätzliche zwei Millionen Termine pro Jahr im NHS schaffen zu wollen. Ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt wächst der Druck auf den Labour-Politiker, diese Pläne umzusetzen.
Ein Ansatz der Regierung ist, mehr Behandlungen außerhalb von Krankenhäusern zu ermöglichen - etwa in Gesundheitszentren, die zwölf Stunden am Tag, sieben Tage die Woche geöffnet haben.
Das soll dabei helfen, dass überlastete Krankenhäuser weniger geplante Operationen absagen. Starmer hat angekündigt, bis Juni vierzehn weitere solcher OP-Zentren einrichten zu wollen.
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Außerdem werden Scans und Tests für Diagnosen teilweise inzwischen in mobilen Einrichtungen angeboten, etwa in Einkaufszentren und auf Parkplätzen.
Unterdessen rufen mehrere Krankenhäuser in den sozialen Medien dazu auf, nur in äußersten Notfällen in die Notaufnahmen zu kommen: denn Englands Kliniken sind am Limit.