Ehemaliger GSG-9-Beamter erklärt, wie man Geiseln befreit
Interview
Ehemaliger GSG-9-Beamter:Wie befreit man Geiseln?
|
Die Hamas hat laut Israel 212 Geiseln verschleppt, darunter auch Deutsche. In seiner Zeit bei der Spezialeinheit GSG 9 hat Dieter Fox selbst Geiseln befreit. Worauf kommt es an?
Übung der Polizeispezialkräfte GSG9 (Archivfoto).
Quelle: ap
Seit ihrem Großangriff auf Israel hat die Terrororganisation Hamas mindestens 212 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt, darunter sind auch Deutsche. Die Zahl hat das israelische Militär am Sonntag kommuniziert, sie liegt höher als frühere Angaben. Die meisten seien vermutlich noch am Leben. Am Freitag waren zwei US-Amerikanerinnen freigekommen - es sind die ersten, bekannt gewordenen Freilassungen in dem jüngsten Konflikt.
Dieter Fox war viele Jahre bei der Sondereinheit der Bundespolizei GSG 9, die auf Geiselnahmen spezialisiert ist. Bekannt wurde die Truppe durch die spektakuläre Geiselbefreiung des entführten Flugzeugs Landshut 1977 in Mogadischu, bei der alle Geiseln freikamen. Drei der vier Entführer wurden erschossen.
ZDFheute: Eine Geiselnahme ist für alle Beteiligten eine hochemotionale Situation. Wie haben Sie Ihre Einsätze erlebt?
Dieter Fox:
Eine Geiselnahme ist für die Menschen, denen die Freiheit genommen wird, immer ein heftiger seelischer Einschnitt. Egal, wie lange sie dauert, ob es sich um Stunden oder eine längere Zeit handelt.
„
Dieter Fox, ehemaliges Mitglied GSG 9
Auch die Spezialkräfte, die die Geiseln befreien sollen, arbeiten unter enormem Druck.
Quelle: privat
...war von 1972 bis 1986 bei der GSG 9, der auf Terrorismuslagen und Geiselnahmen spezialisierten Einheit der Bundespolizei. Er war dort als operativer SET-Führer (Spezialeinsatztruppführer) tätig und auch bei der Geiselbefreiung des Flugzeugs Landshut 1977 in Mogadischu im Einsatz.
ZDFheute: Kräfte der GSG 9 sind nun auf Zypern stationiert. Unter welchen Umständen würden sie bei einer Befreiung deutscher Geiseln tätig werden?
Fox: Ich denke nicht, dass die GSG 9 dort aktiv Geiseln befreien wird. Sie könnte freigelassene Geiseln übernehmen und nach Hause bringen. Denn die Israelis kennen das Gelände dort selbst am besten, hinzu kommt für deutsche Kräfte eine sprachliche Barriere. Ein solcher Einsatz müsste auch offiziell von der israelischen Seite genehmigt und von deutscher Seite befürwortet werden. Deutsche Bundespolizisten können nicht einfach in einem fremden Staat operieren. Damals in Mogadischu hat die Regierung unseren GSG-9-Einsatz auch davor genehmigt.
Fox: Das Tunnelsystem bedeutet enorme Schwierigkeiten für die israelische Armee, denn nur die Hamas kennt sich dort wirklich aus. Solche Tunnelsysteme gab es schon im Vietnam-Krieg und wenn die Amerikaner da reingegangen sind, dann war das schon ein Himmelfahrtskommando. Das könnte auch ein Grund sein, warum die israelische Bodenoffensive noch nicht gestartet ist.
Die von der Hamas entführten Geiseln sind natürlich einerseits in einer sehr üblen Lage. Auf der anderen Seite - das ist meine Erkenntnis aus vielen Lagen während meiner Zeit bei der GSG 9 - braucht die Hamas auch ein Faustpfand.
„
Dieter Fox, ehemaliges Mitglied GSG 9
Das heißt, sie würden auf keinen Fall sofort alle töten. Sie möchte mit den Geiseln etwas erreichen, zum Beispiel einen Gefangenen-Austausch oder andere politische Forderungen.
ZDFheute: Nicht immer sind Geiselnahmen politisch motiviert - manchmal geht es auch um Geld. Wie verhandelt man mit Entführern?
Fox: Das ist sehr unterschiedlich. Wenn Verhandlungsführer merken, dass der Geiselnehmer zugänglich ist, man ein vernünftiges Gespräch geführt hat, dann kann man mit sanftem Druck arbeiten. Man muss aber sehr aufpassen. Wenn auch nur ansatzweise erkennbar ist, dass man sie austricksen will, kann sich die Lage schnell drehen und es geht schief. Es ist eigentlich immer eine Einzelsituation. Im aktuellen Nahost-Konflikt sind die Verhandlungen nochmal komplizierter, denn da spielt sich fast alles auf einer politischen Ebene ab.
ZDFheute: Mit einigen der befreiten Geiseln von der Flugzeugentführung in Mogadischu haben Sie noch immer Kontakt. Warum?
Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)
ZDFheute Infografik
Ein Klick für den Datenschutz
Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Fox: Ich und auch andere Kameraden haben noch Kontakt zu damaligen Geiseln, beispielsweise zu Diana Müll, die ich damals aus dem Flugzeug gebracht habe. Das ist natürlich nicht die Regel, aber diese Extremsituation hat einen zusammengebracht, auch durch spätere gemeinsame Interviews.
Wenn wir uns hin und wieder treffen, reden wir auch nicht nur über das Thema, sondern man freut sich, dass man gesund ist und sich wiedersieht.
Mit dem Hamas-Angriff auf Israel eskalierte der Nahost-Konflikt. Anfang des Jahres konnte eine Waffenruhe vereinbart werden. Nun fliegt Israel wieder Angriffe in Gaza.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.