Frankreichs Regierungskrise: "Mehr als ein Scheitern Macrons"
Interview
Experte zu Frankreichs Krise:"Mehr als ein Scheitern Macrons"
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Frankreich steuert auf ein Misstrauensvotum und damit eine Regierungskrise zu. Die hätte auch große Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit der EU, so Frankreich-Kenner Jacob Ross.
Sehen Sie hier das Interview mit Jacob Ross in voller Länge.02.12.2024 | 4:39 min
Frankreichs Mitte-Rechts-Regierung steht vor dem Aus. Premierminister Michel Barnier hatte den Sozialhaushalt ohne Abstimmung durchs Parlament gebracht. Nun will die Opposition ihn mit einem Misstrauensvotum zu Fall bringen.
Hat Barnier das Risiko unterschätzt? Was bedeutet die sich anbahnende Krise in Frankreich für die EU? Und was ändert sich mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump? Darauf hat Jacob Ross von der Deutschen Gesellschaft für Politik Antworten.
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Ross betont im Interview mit dem ZDF heute journal update, dass ...
... Barnier auf mehr Zeit gehofft hat
Barnier stehe seit Anfang Oktober, seit seiner Regierungserklärung, vor einer eigentlich unlösbaren Aufgabe. In der französischen Nationalversammlung müsse der Premier von Gesetz zu Gesetz neu Mehrheiten organisieren. Auch der aktuelle Haushaltsvorschlag für 2025, der die Sozialgesetzgebung betreffe, sei schon sehr verbessert.
Viele Kompromisse seien darin enthalten, um einem Misstrauensvotum zu entgehen.
Frankreichs Premierminister Barnier hat den Sozialhaushalt ohne Abstimmung durchs Parlament gebracht. Nun will die Opposition ihn mit einem Misstrauensvotum zu Fall bringen.02.12.2024 | 2:32 min
... Le Pen Barnier vor sich hergetrieben hat
Die Rechtsnationale Marine Le Pen habe in dem Gesetzesentwurf immer weitere Forderungen gestellt, auch öffentlich inszeniert und mehrmals darauf hingewiesen, dass Barnier sie mehrmals angerufen habe. "Noch heute hieß es, dass Barnier am Telefon weitere Zugeständnisse gemacht hat", stellt Ross fest.
Dass Le Pen Barnier nun trotzdem zappeln lasse und angekündigte, einem Misstrauensantrag der linken Oppositionsparteien zuzustimmen, zeige wie viel Macht Le Pen und wie viel Macht die französischen Rechtspopulisten in der französischen Nationalversammlung und Politik mittlerweile hätten.
In Frankreich droht Ministerpräsident Michel Barnier der Sturz durch ein Misstrauensvotum im Parlament. "Wenn sich die extreme Linke und die Rechte zusammentun, können diese die Regierung stürzen", so ZDF-Korrespondent Thomas Walde.02.12.2024 | 2:14 min
... Macron für einen Sturz der Regierung verantwortlich gemacht wird
Ein Sturz des Premiers Barnier würde für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bedeuten, dass dessen Kalkül aus dem Sommer mit der Auflösung der Nationalversammlung gescheitert ist, sagt Ross. Und: Dass Barnier keine Regierungsmehrheiten für Macron organisieren konnte. Letztendlich wäre es aber "mehr als ein Scheitern Macrons". Es sei "ein Scheitern des aktuellen französischen, politischen Systems, das in einer Sackgasse steckt".
Der Forschungsschwerpunkt von Jacob Ross im Auftrag der Deutschen Gesellschat für Auswärtige Politik liegt auf Frankreich und den deutsch-französischen Beziehungen. Mit den deutsch-französischen Beziehungen beschäftigt sich Ross schon lange: Im Rahmen seiner Arbeit beim französischen Außenministerium sowie als parlamentarischer Assistent der Vorsitzenden des Europa-Ausschusses der französischen Nationalversammlung, Sabine Thillaye. Ross verbrachte auch einen großen Teil seines Studiums in Frankreich. Sein Masterstudium führte Ross auch an die Johns Hopkins University in Bologna.
Große Hoffnungen habe es auch mit Blick auf die unklare Lage im Parlament gegeben, dass Frankreich in der Nationalversammlung zu einer Kompromisskultur findet, sich ein Stück weit an Deutschland orientiere und dass man ein Stück weit miteinander verhandeln und ins Gespräch kommen könnte. "Das ist nun krachend gescheitert."
Unabhängig davon, ob Barniers Regierung stürzt oder nicht, wird am Ende Macron als erster dafür verantwortlich gemacht werden. Es bleibe abzuwarten, was Macron auch persönlich für Konsequenzen aus diesem möglichen Ende der Barnier-Regierung ziehe, bilanziert der Experte.
Die USA sind der wichtigste Handelspartnern der EU - mit einem Volumen von 850 Milliarden Euro. Mit der neuen Trump-Amtszeit stehen die Handlungsbeziehungen vor schwierigen Zeiten.22.11.2024 | 2:34 min
... ein schwächelndes Frankreich kein gutes Zeichen für EU ist
Deutschland und Frankreich gelten als Motoren der EU. Jetzt schwächeln beide Länder sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Das seien keine guten Vorzeichen für Europa, macht Ross klar. "Dass sowohl Frankreich als auch Deutschland so tief in innenpolitischen Krisen stecken, beide Länder sich in Kürze ohne Regierungsmehrheiten wiederfinden könnten, das ist überhaupt kein gutes Zeichen", betont Ross.
Weder für Frankreich noch für Deutschland sei das ein gutes Zeichen, und auch nicht für die EU, die immer noch auf dieses Führungsduo angewiesen bleibe. Polen versuche aktuell mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine neue Koalitionen - ohne Deutschland - auf die Beine zu stellen.
Das Interview führte Laura Barnick, zusammengefasst hat es Katharina Schuster.
Der französische Premierminister Barnier und seine Regierung stehen vor dem Aus. Ein Misstrauensvotum droht. Wie geht es nun in Frankreich weiter? Alle Fragen und Antworten.
FAQ
Quelle: ZDF
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