Ligue 1 in Not: Wie sich Frankreichs erste Liga retten kann
Ligue 1 in der Krise:Wie sich Frankreichs erste Liga retten kann
von Ralf Lorenzen
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Die Équipe Tricolore ist Weltspitze, aber die Ligue 1 steckt in der Krise. Stars wandern ab, die TV-Einnahmen sinken und mit Olympique Lyon steht wieder ein Top-Klub am Abgrund.
Die Top-Stars sind weg, internationale Titel fehlen seit Jahren und das Geld wird immer weniger. Dazu droht Olympique Lyon der Zwangsabstieg: Wie Red Bull der Ligue 1 helfen kann.28.11.2024 | 17:21 min
Beim 1:0-Sieg von Bayern München gegen Paris Saint-Germain am vergangenen Dienstag in der Champions League bildeten Ousmane Dembélé und Bradley Barcola den Zweimannsturm der Pariser. Das sind ohne Zweifel hervorragende Spieler, deren Namen aber hinter denen verblassen, die PSG bei ihrem letzten Champions League-Gastspiel in München vor zwanzig Monaten im Angriff aufbot: Lionel Messi und Kylian Mbappé. Genau wie Neymar, der damals verletzt fehlte, haben sie die Ligue 1 mittlerweile verlassen.
Immer weniger Starspieler in der Ligue 1
"Das ist ein erheblicher Imageverlust", sagt "kicker"-Redakteur Henning Eberhardt in der Sendung Bolzplatz:
Mit Adrien Rabiot und Randal Kolo Muani spielen nur noch zwei Spieler der letzten Startaufstellung der französischen Nationalmannschaft in Frankreich. Dass der Meister seit 2013 nur zwei Mal nicht Paris Saint-Germain hieß und der letzte internationale Titelgewinn einer französischen Vereinsmannschaft schon 28 Jahre zurückliegt, schmälert die Attraktivität der Liga zusätzlich.
Weniger Geld aus TV-Vertrag
Schon ab dieser Saison erhält die Ligue 1 mit 500 Millionen Euro pro Saison weniger Geld aus den TV-Rechten als vorher. Zusätzlich drückt ein Deal mit dem luxemburgischen Unternehmen CVC - jener Investor, der in die Bundesliga einsteigen wollte - auf die Kasse.
Dieser Deal hatte der Liga 2022 zwar einmalig 1,5 Milliarden Euro eingebracht. Dafür muss sie aber 13 Prozent aller Vermarkungserlöse an CVC abführen - und zwar unbefristet.
Wieder gewonnen, wieder zu Null: Mit einem 1:0 gegen Paris starten die Bayern in ihre Topspiel-Woche. Matchwinner für die Münchner ist Kim nach einem schweren Torwart-Patzer.27.11.2024 | 3:01 min
Olympique Lyon: Gnadenfrist bis Jahresende
Umso besorgter geht der Blick im Moment zu einem der populärsten Klubs des Landes, dem Ex-Serienmeister Olympique Lyon. Die Finanzaufsicht der Liga will wissen, wie der Klub die angehäuften Schulden in Höhe von einer halben Milliarde Euro abbauen will und fordert einen erheblichen Teilabbau schon bis zum Jahresende. Ansonsten drohen der Zwangsabstieg.
"Heute sieht es so aus, dass Lyon es bis Ende des Jahres 2024 schaffen muss, noch mindestens 75 bis 100 Millionen Euro reinzubringen", sagt TV-Experte und Ex-Profi Patrick Guillot im Bolzplatz:
Der Weihnachtsmann könnte nur John Textor sein, der Haupteigentümer der Eagle Football Holding, der neben Olympique Lyon auch der Großteil des brasilianischen Klubs Botafogo und des belgischen Klubs Molenbeek sowie über 40 Prozent von Crystal Palace in der Premier League gehören.
Superreiche, Öl-Multis und Investoren kaufen sich Fußballklubs - am liebsten gleich mehrere. Das nennt sich "Multi Club Ownership". Viele Fans befürchten den Tod des Fußballs.03.11.2024 | 43:15 min
Investor Textor gibt sich entspannt
Wegen dieses Gesamtportfolios zeigt sich Textor beim Thema Zwangsabstieg entspannt. "Das wird nicht passieren", sagt er im Bolzplatz. "Was passiert ist, ist eine Warnung: Wenn wir nicht verschiedene Dinge tun und nicht nachhaltig sind, dann steigen wir ab."
Frisches Geld könnte ein Verkauf der Anteile an Crystal Palace, über den spekuliert wird, bringen. Die Frage ist, ob die Liga-Kontrolleure diese Art der Finanzierung als nachhaltig akzeptieren.
"Es ist vielleicht kurzfristig eine Möglichkeit, um den Worst Case abzuwenden", sagt Eberhardt: "Allerdings ist das dann ein aufgeschobenes Problem."
Drohender Verkauf der besten Spieler
Bliebe als Lösung nur der Verkauf von teuren Spielern wie die Jungstars Rayan Sherki und Malick Fofana. Das könnte Olympique Lyon - derzeit Tabellensechster - dann aber auch sportlich in Abstiegsgefahr bringen.
Selbst wenn Lyon das Schicksal von Ex-Meister Girondins Bordeaux, der mittlerweile in der 4. Liga gelandet ist, abwenden kann, wird die Liga als Ganzes wohl nicht um eine Neuorientierung herumkommen.
"Frankreich ist nach wie vor eine Talenteschmiede", sagt Eberhardt: "Vielleicht ist es sogar so weit zu sagen, dass die Liga mal schauen muss: Wer will sie eigentlich sein? Vielleicht ist es gar nicht verkehrt, eine Ausbildungsliga für die anderen europäischen Ligen zu sein."
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