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EU sucht Märkte in Südamerika:Handelsabkommen Mercosur: Darum geht es
von Lara Wiedeking, Brüssel
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Seit fast 25 Jahren will die EU ein Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten zum Abschluss bringen. Vor allem Frankreichs Bauern wehren sich. Darum geht es.
Frankreichs Bauern protestieren gegen Abkommen der EU mit den Mercosur-Staaten.
Quelle: epa
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist nach Uruguay gereist, und will das Freihandels-Abkommen mit den Mercosur-Staaten endlich durchbringen. "Wir haben die Chance, einen Markt für über 700 Millionen Menschen zu schaffen", erklärt von der Leyen auf X.
Worum es bei dem Abkommen geht und was die Kritik ist:
Was sind die "Mercosur-Staaten"?
1991 formte sich das lateinamerikanische Bündnis aus Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Sie wollen einen gemeinsamen Markt schaffen und ihre Wirtschaftspolitik koordinieren, allerdings ohne eine gemeinsame Währung.
Die vier Staaten exportieren vor allem Agrarprodukte, so waren es 2023 "Nahrungsmittel und lebende Tiere". Aber auch seltene Erden und Mineralien oder Ethanol werden in die EU ausgeführt. Insgesamt importierte die EU aus diesen Staaten Waren im Wert von insgesamt gut 53 Milliarden Euro - ein vergleichsweise kleines Handelsvolumen. Aus China etwa führte die EU im selben Jahr Güter im Wert von über 500 Milliarden Euro ein.
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Worum geht es bei dem Abkommen?
Die EU würde zusammen mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay eine der größten Handelszonen der Welt bilden: mit mehr als 720 Millionen Menschen. Ziel ist es vor allem, Handelsschranken abzubauen. Für fast alle Waren, die zwischen der EU und den Mercosur-Staaten gehandelt werden, sollen Zölle abgeschafft werden.
Dazu gehören zum Beispiel europäische Autos oder südamerikanische Agrarprodukte. Dabei geht es insbesondere darum, von den USA unabhängiger zu werden. Der designierte US-Präsident Donald Trump droht mit Zöllen auf Güter aus der Europäischen Union. Außerdem droht die EU, abgehängt zu werden. Bisher ist China der größte Handelspartner des südamerikanischen Bündnisses, die EU kommt erst auf Platz zwei.
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Derzeit exportiert die EU vor allem Maschinen nach Südamerika und Medikamente. Insgesamt wurden 2023 Produkte im Wert von 55 Milliarden Euro in die Mercosur-Staaten verkauft.
Zum Vergleich: Der Gesamt-Export der EU beläuft sich auf fast 2.500 Milliarden Euro. Vor allem die schwächelnde Industrie setzt große Hoffnung auf einen Ausbau des südamerikanischen Marktes.
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Was sind die Bedenken gegen das Handelsabkommen?
Vor allem die Regierungen in den Niederlanden, Österreich, Belgien und Frankreich sträuben sich gegen das Abkommen. In Belgien gab es an diesem Donnerstag Proteste der Landwirte gegen das Abkommen. Auch französische Landwirte sind besorgt, wie etwa Pol Devillers. Er ist Vizepräsident der Gewerkschaft "Jungen Landwirte".
Dort würden EU-Standards nicht unbedingt eingehalten, sagt Devillers. "Wir haben starke Befürchtungen, dass es Fleisch gibt, das reich an Hormonen sein könnte, oder andere verwendete Produkte, die wir in Europa schon lange nicht mehr verwenden dürfen."
Das deutsche Wirtschaftsministerium betont auf seiner Webseite, dass importierte Produkte weiterhin EU-Standards entsprechen müssen: "Alle Produkte aus dem Mercosur müssen auch unter Freihandelsbedingungen die hohen europäischen Standards zum Verbraucherschutz einhalten."
Doch der französische Landwirt Devillers ist davon nicht überzeugt: "Wir werden Schwierigkeiten haben, die Art und Weise zu kontrollieren, wie Fleisch produziert wird." 2019 wurde das Abkommen auch wegen Umweltbedenken auf Eis gelegt.
Unter dem damaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro wurde Regenwald hektarweise gerodet. Präsident Lula da Silva, seit Januar 2023 im Amt, hatte zwar versprochen, die Rodung des Amazonas bis 2030 auf null zu senken. Doch steige die Nachfrage aus der EU durch das Mercosur-Abkommen, so die Befürchtung von Umweltschützern, werde es noch mehr Rodungen des Regenwaldes geben.
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