China: Verschwundener Verteidigungsminister abgesetzt

    Verteidigungsminister Li Shangfu:China: Verschwundener Minister abgesetzt

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    Der vor fast zwei Monaten ohne Erklärung aus der Öffentlichkeit verschwundene Verteidigungsminister Chinas ist abgesetzt worden. Es ist nicht der erste Fall dieser Art.

    Chinas Verteidigungsminister Li Shangfu
    Chinas Verteidigungsminister Li Shangfu: erst verschwunden, jetzt offiziell abgesetzt.
    Quelle: Reuters

    China hat seinen lange aus der Öffentlichkeit verschwundenen Verteidigungsminister Li Shangfu nun offiziell abgesetzt. Li sei sowohl seines Amtes als Verteidigungsminister als auch seines Postens im chinesischen Staatsrat enthoben worden, berichtete der Staatssender CCTV am Dienstag unter Berufung auf eine Entscheidung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses. Ein Nachfolger für Li wurde nicht ernannt, sodass der Posten des Verteidigungsministers zunächst vakant bleibt.

    Auch Außenminister abgesetzt

    Die Amtsenthebung ist bereits der zweite prominente Fall binnen weniger Monate, nachdem Außenminister Qin Gang im Juli seinen Posten räumen musste. Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses habe die Amtsenthebung der beiden Politiker genehmigt, berichtete CCTV. Gründe wurden nicht genannt.
    Miriam Steimer | ZDF-Korrespondentin in Peking
    Eine offizielle Erklärung zur Amtsenthebung gab es nicht, "Entscheidungen hinter verschlossenen Türen" seien "in China üblich", so Miriam Steimer, ZDF-Korrespondentin in Peking.26.07.2023 | 3:13 min
    Die personellen Turbulenzen werfen Fragen über die Stabilität des Führungsteams um Präsident Xi Jinping auf. Chinas Verteidigungsminister ist hauptsächlich in Sachen Diplomatie gefragt und befehligt keine Kampftruppen. Er hat ein weniger öffentliches Profil als der Außenminister, der häufig in staatlichen Medien auftritt.

    Li seit Monaten verschwunden

    Der 65-jährige Li Shangfu war seit dem 29. August nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten, als er eine Rede auf einem chinesisch-afrikanischen Friedensforum hielt. Mehrere westliche Medien hatten wenige Wochen danach über Gründe für sein Verschwinden spekuliert. Unter Berufung auf US-Regierungsquellen war von einer laufenden Ermittlung gegen Li Shangfu die Rede. Die Partei greift seit dem Sommer in der Armee verschärft durch und ersetzt hochrangige Militärs wegen Korruptionsverdachts.
    Was bisher über das Verschwinden des Ministers bekannt war, hat unsere Korrespondentin in Peking, Elisabeth Schmidt zusammengefasst.

    Ein Leben für das chinesische Militär

    Li Shangfu trat nach offiziellen Angaben 1982 in die Volksbefreiungsarmee (PLA) ein. Der studierte Ingenieur hält den Rang eines Generals. Mitte März dieses Jahres wurde er zum Verteidigungsminister befördert - eine international nicht ganz unumstrittene Entscheidung.
    Die USA hatten Li 2018 auf ihre Sanktionsliste gesetzt, weil er als Leiter der Beschaffungsbehörde für den Kauf russischer Kampfflugzeuge zuständig war. Der Austausch zwischen den Verteidigungsministern beider Seiten war seither kaum möglich.

    Nicht der erste verschwundene Minister in China

    Bereits Ende Juli hatte Peking Außenminister Qin Gang abgesetzt und wieder dessen Vorgänger Wang Yi eingesetzt. Auch Qin Gang war zuvor wochenlang nicht in der Öffentlichkeit zu sehen und wurde bei internationalen Terminen vertreten. Die Gründe für seine Absetzung sind nach wie vor unklar. In China verschwinden immer wieder auch hochrangige Beamte aus der Öffentlichkeit. Wenig später wird dann oft bekannt, dass zum Beispiel die Disziplinarkommission gegen sie ermittelt.
    Xi Jinping
    China soll Weltmacht werden, das ist der Plan von Xi Jinping. ZDF-Korrespondentin Miriam Steimer erzählt von geleakten Dokumenten, Überwachung und einer verfolgten Journalistin.04.10.2023 | 14:02 min
    Unterdessen wurde der 61-jährige Lan Foan zum neuen Finanzminister ernannt, wie die Staatsmedien mitteilten. Der Technokrat war erst vorigen Monat Chef der Kommunistischen Partei im Finanzministerium geworden.

    Pekings Schachzüge erwecken Misstrauen

    Die plötzlichen und unvorhersehbaren Personalwechsel in Peking schüren Experten zufolge das Misstrauen anderer Länder in die Führung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. In wenigen Tagen erwartet China zahlreiche ausländische Verteidigungspolitiker zum Beijing Xiangshan Forum, das vom 29. bis 31. Oktober stattfindet.
    Die Wachablösung vollzieht sich in konjunkturell schwierigen Zeiten in der Volksrepublik: Chinas Führung versucht derzeit mit einer Reihe von Konjunkturspritzen, die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise zu stärken. Die Volkswirtschaft im Reich der Mitte wuchs im dritten Quartal schneller als erwartet und verbesserte damit die Chancen, dass China das von der Führung ausgerufene Wachstumsziel von rund fünf Prozent dieses Jahr erreichen kann.
    Quelle: dpa, Reuters

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