Analyse
Skandal in Großbritannien:James Bond machtlos gegen Chinas Spione?
von Wolf-Christian Ulrich, London
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Zwei Männer sollen in Großbritannien für China spioniert haben - nur die Spitze des Eisbergs, sagen Experten. Und warnen: Das Land sei gegen Chinas Spionage nicht genug gewappnet.
In Großbritannien sind zwei Männer wegen des Vorwurfs der Spionage für China angeklagt worden.25.04.2024 | 2:20 min
Zwei junge Männer im Regierungsviertel als Spione in Chinas Auftrag - so lautet die Anklage. Einer von ihnen - mutmaßlich - ein exzellent vernetzter China-Kenner im britischen Parlament, tätig auch für den Auswärtigen Ausschuss. Nach außen hin habe er als Falke gegen Chinas Einflussnahmen gegolten, berichten Bekannte nun geschockt. Chinas Spionage sei eine wachsende Bedrohung, so Premierminister Rishi Sunak: "Es ist eine epochale Herausforderung und die größte Bedrohung für die Sicherheit unserer Wirtschaft und dagegen wehren wir uns." Das Verfahren gegen die beiden Männer beginnt heute in London.
Zu naiv und nicht genügend gewappnet
Sicherheitspolitiker monieren, die britische Regierung tue zu wenig gegen chinesische Spionage. So stellt der Parlamentarische Ausschuss für die Nachrichtendienste und Sicherheit jüngst fest: "Unsere Behörden haben nicht einmal erkannt, dass sie Verantwortung für die Bekämpfung chinesischer Einmischungsaktivitäten im Vereinigten Königreich tragen (…) ein schwerwiegender Fehler, dessen Folgen das Vereinigte Königreich noch viele Jahre lang zu spüren bekommen wird."
Großbritannien wird seit Monaten von einer Reihe von mutmaßlich chinesischen Spionage-Skandalen erschüttert. Millionen Briten, tausende Unternehmen, Politiker, Manager, Universitäten seien mittlerweile Ziel chinesischer Aktivitäten, warnt Großbritanniens Geheimdienst MI5. Besonders High-Tech-Unternehmer sollten wachsam, denn, so MI5-Chef Ken McCallum, "wenn Du heute an neuester Technologie arbeitest - ist die Weltpolitik sehr an Dir interessiert."
Der Generalbundesanwalt hat einen engen Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah wegen des Verdachts der Spionage für China festnehmen lassen.23.04.2024 | 4:04 min
Auch die Unis im Visier
Längst drängt Chinas Spitzelei und Einschüchterung auch in britische Universitäten. So erlebt es auch Professorin Michelle Shipworth. Sie lehrte im Statistikkurs jahrelang kritische Analyse mit dieser Übungsaufgabe: "Warum gibt es so viel Sklavenarbeit in China?" An ihrer Uni, dem University College London, studieren viele junge Leute aus China. In diesem Jahr plötzlich beschwert sich erstmals einer jener chinesischen Studenten: Die Aufgabe sei China-kritisch. Die Uni verbietet ihr nun, den Kurs zu unterrichten.
Großbritanniens Universitäten finanzieren sich durch Studiengebühren. China ist also ein lukrativer Markt für Universitäten - und damit für China ein interessantes Einflussgebiet. Nicht jeder chinesische Student sei in Großbritannien um zu lernen - einige hätten eine andere Agenda, befürchtet auch Prof. Shipworth. Und sorgt sich besonders um diejenigen unter den chinesischen Austauschstudenten, die dadurch eingeschüchtert würden. "An einer britischen Universität sollen chinesische Studenten akademische Freiheit haben," sagt sie dem ZDF. "Doch sie fürchten, von anderen chinesischen Kommilitonen bespitzelt zu werden. Das muss erschreckend für sie sein."
China soll Weltmacht werden, das ist der Plan von Xi Jinping. ZDF-Korrespondentin Miriam Steimer erzählt von geleakten Dokumenten, Überwachung und einer verfolgten Journalistin.04.10.2023 | 14:02 min
Europaweit Aufmerksamkeit
Die britische Regierung hatte China jahrelang den Teppich ausgerollt: In der Hoffnung auf gute Geschäfte. Doch das ändere sich jetzt, meint Dan Lomas, Sicherheitsexperte an der Universität Nottingham. China werde weniger als Partner und mehr als Bedrohung wahrgenommen. Chinas Spionage-Aktivitäten seien nicht nur in Großbritannien, sondern europaweit angestiegen.
China bestreitet die Spionage in Großbritannien - doch Sicherheitsexperten sind sich sicher: Chinas Schatten reiche in Europa weiter, als viele ahnen.
Der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Sinan Selen, befürchtet eine Zunahme chinesischer Spionageversuche in Deutschland. "China ist im Grunde an allen Lagefeldern interessiert", so Selen.24.04.2024 | 5:13 min
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