Sieben Wochen vor der Europawahl hat die AfD-Bundesspitze ihren Spitzenkandidaten Krah am zum Krisengespräch zitiert. Es geht um Spionagevorwürfe gegen einen Mitarbeiter. 24.04.2024 | 0:22 min
Der wegen Spionageverdachts für
China festgenommene Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah ist in Untersuchungshaft. Ein Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof habe den Haftbefehl in der Nacht zum Mittwoch in Vollzug gesetzt, bestätigte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe gegenüber ZDFheute. Der Vorwurf lautet auf Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall - bei Verurteilung droht eine Haftstrafe von mindestens einem Jahr.
Der festgenommene Jian G. soll laut Generalbundesanwalt (GBA) Informationen aus dem EU-Parlament weitergegeben haben. Krah ist Mitglied in den Ausschüssen für internationalen Handel, aber auch in den Unterausschüssen für Menschenrechte sowie Sicherheit und Verteidigung, außerdem ist er Teil der Delegation für Beziehungen zu den USA. Die
AfD zieht mit ihm als Spitzenkandidat in den
Europawahlkampf.
Ein Mitarbeiter des Europaabgeordneten Maximilian Krah (AfD) ist in Dresden wegen des Verdachts der Spionage für China festgenommen worden. "Der Mitarbeiter soll unter anderem das EU-Parlament ausspioniert haben", so ZDF-Reporterin Anja Charlet. 23.04.2024 | 2:24 min
Wie lernte der Verdächtige Krah kennen?
Der 43-jährige G. soll laut "
Tagesschau" 2002 als Student nach Dresden gekommen sein. Laut eigenen biografischen Angaben hat G. bis 2009 an der TU Dresden Geschichte und Germanistik studiert. Maximilian Krah soll er im Rahmen einer Unternehmensgründung kennengelernt haben. G. soll damals ein Mandant des Rechtsanwalts Krah gewesen sein. Inzwischen besitzt G. die deutsche Staatsbürgerschaft.
Ob G. von Anfang an gezielt Kontakte zu politisch aktiven Deutschen suchte, müssen nun die Ermittlungen klären. Zeitweise soll er laut ARD auch SPD-Mitglied gewesen sein.
Seit 2019 beschäftigt ihn Krah als Assistenten im Europaparlament. Sein Büro liegt Tür an Tür mit dem des AfD-Spitzenkandidaten. Unter den insgesamt 18 Gehaltsstufen für feste Abgeordnetenmitarbeiter im EU-Parlament soll G. jedoch lediglich nach den untersten Graden 1-2 bezahlt werden, erfuhr ZDF frontal. Er brauche das Gehalt offenbar nicht, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, mutmaßen AfD-Abgeordnete in Brüssel.
Der Generalbundesanwalt hat einen engen Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah wegen des Verdachts der Spionage für China festnehmen lassen.23.04.2024 | 4:04 min
Krah-Mitarbeiter knüpfte Verbindungen zum chinesischen Staat
Von 2018 bis 2019 war G. als Geschäftsführer einer Dresdner Firma aktiv. Auffällig sind auch mehrere Vereine in seinem Umfeld, die sich für engere Beziehungen mit China einsetzten. Öffentlich bekannt wurde etwa der Fall des damaligen AfD-Stadtrats Tim Lochner, der Kontakte zu chinesischen Offiziellen suchte, um einen Industriepark im sächsischen Pirna Chinas Prestigeprojekt "Neue Seidenstraße" anzuschließen. Seit März 2024 ist Lochner der erste AfD-Oberbürgermeister in Deutschland.
Bei einer Delegationsreise von Lochner nach China 2019 waren auch Maximilian Krah und dessen Mitarbeiter G. dabei. G. soll geholfen haben, den Kontakt zwischen Pirna und den Offiziellen in China herzustellen, berichteten das Portal
T-Online und die "
Süddeutsche Zeitung" vergangenen Herbst. Die heiklen Verbindungen von G. sind also bereits länger bekannt.
Eine Chinesin, die an der gleichen Dresdner Adresse wie Jian G. gemeldet ist, war in leitender Funktion bei weiteren Unternehmen mit China-Bezug aktiv. Gegenwärtig ist sie als Vorstand einer Organisation registriert, die sich der interkulturellen Kommunikation zwischen Deutschland und China widmet. Bei den Unternehmen und Vereinen aus dem Umfeld von G. könnte es sich um Tarnorganisationen des chinesischen Staates handeln, auch um Einfluss auf Politiker in Deutschland zu nehmen.
Die AfD gebe sich als Partei der Saubermänner, lasse sich aber auf Regime wie China und Russland ein, sagt Politikwissenschaftler von Lucke. Das mache die Partei angreifbar.23.04.2024 | 12:07 min
Welche Spionageaktivitäten werden G. vorgeworfen?
Die Bundesanwaltschaft wirft G. vor, Mitarbeiter eines nicht näher genannten chinesischen Geheimdienstes zu sein. Im Januar 2024 soll er wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europaparlament weitergegeben haben. Zudem habe er für den Nachrichtendienst chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht, so der Vorwurf.
Auf der Internetseite einer in Deutschland aktiven chinesischen Oppositionsbewegung lassen sich in Sitzungsprotokollen etwa Hinweise auf G. finden. Dort wird er als chinesisch-europäischer Handelsberater vorgestellt. "Seit 2006 beteiligt er sich an der demokratischen Bewegung", heißt es auf der Webseite. Ob G. so versuchte, Oppositionsgruppen zu unterwandern, wird nun Teil der Ermittlungen sein.
Der Generalbundesanwalt stützt seine Erkenntnisse laut eigenen Angaben auf Informationen des Bundesamts für Verfassungsschutz. Das EU-Parlament kündigte noch am Dienstag an, G. offiziell zu suspendieren. Am Mittwoch gab Krah in Berlin bekannt, seinem Mitarbeiter G. kündigen zu wollen. Er selbst werde weiterhin Spitzenkandidat bleiben und habe sich "kein persönliches Fehlverhalten vorzuwerfen", so Krah.
Der AfD-Politiker Krah bleibt - trotz mutmaßlicher China-Spionage eines Mitarbeiters - Spitzenkandidat seiner Partei für die Europawahl. Den Verdächtigen werde er feuern.
Quelle: ZDF, dpa