Neues Gesetz in Großbritannien: Sunaks Ruanda-Rettungsring
Neues Gesetz in Großbritannien:Sunaks Ruanda-Rettungsring
von Wolf-Christian Ulrich
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Das britische Abschiebegesetz soll illegale Migranten abschrecken. Aber auch Premierminister Rishi Sunak eine Chance auf die Wiederwahl sichern.
Migranten, die ohne Papiere über den Ärmelkanal nach Großbritannien kommen, werden dort keinen Asylantrag mehr stellen können. Das Parlament verabschiedete heute das Gesetz. 23.04.2024 | 1:44 min
Das neue Abschiebegesetz soll dem Premierminister des Vereinigten Königreichs die Wahl retten. Doch kann das Gesetz wirklich nachhaltig illegale Migration auf die britischen Inseln stoppen? Experten zweifeln daran.
Nach langer Debatte ist in Großbritannien das Gesetz über die Abschiebung von Asylbewerbern nach Ruanda verabschiedet worden. "Ob das Gesetz zu mehr Abschiebung führt, ist umstritten", so ZDF-Korrespondent Wolf-Christian Ulrich. 23.04.2024 | 1:45 min
Rishi Sunak jedenfalls steht innenpolitisch enorm unter Druck. Inflation und mangelnde Gesundheitsversorgung sorgen im Wahljahr für desaströse Umfragewerte. Die Kommunalwahl am 2. Mai könnte eine neue Revolte in der ohnehin öffentlich gespaltenen konservativen Tory-Partei auslösen.
Kein Wenn und Aber: Die Flüge gehen nach Ruanda.
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Rishi Sunak, britischer Premierminister
Für Sunaks politische Karriere hängt deshalb vieles davon ab, ob er sein zentrales Versprechen an die Briten halten kann: Die Boote zu stoppen, mit denen Schleuser Flüchtlinge und Migranten über den Ärmelkanal an die Strände des Vereinigten Königreichs steuern. Dabei soll das Ruanda-Gesetz helfen.
Sunak: Fahrplan steht
Unter dieser Prämisse steht auch Sunaks Auftritt am Montag vor Beginn der entscheidenden Parlamentssitzung. Sunak sagt: In dem Moment, in dem der König das Gesetz unterzeichnet, gehe es los. 200 Regierungsmitarbeiter stünden in den Startlöchern. 150 Richter säßen bereit, 25 Gerichtssäle seien schon reserviert. Charterflüge seien angemeldet - und in zehn bis zwölf Wochen hebe der erste Flieger nach Ruanda ab.
Flüchtlinge und Migranten, die ohne Visum auf die britischen Inseln kommen und kamen, sollen in das 6.600 Kilometer entfernte ostafrikanische Ruanda abgeschoben werden, das Großbritannien als sicheres Drittland eingestuft. Nur dort können sie dann einen Asylantrag stellen - für Ruanda. Die britische Regierung versucht so, ein zentrales Brexit-Versprechen einzulösen: weniger Einwanderung.
Die Boote zu stoppen - das ist nicht nur meine Priorität. Es ist die Priorität des Volkes.
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Rishi Sunak im Jahr 2023
Pingpong um Gesetz
Doch bisher hatten Gerichte solche Abschiebungen verhindert. Noch im November 2023 erklärte der Britische Supreme Court die Regelung für unzulässig. Mit dem neuen Ruanda-Gesetz will Sunak dieses Urteil nun aushebeln. Es beendet ein monatelanges Pingpong zwischen dem Unterhaus und dem Oberhaus - das mehrheitlich Bedenken gegen das Gesetz geltend machte und immer wieder Änderungswünsche hatte - und das sich bis in die Nacht hinzog.
Sunak stellt nun klar, er wolle auch etwaige einstweilige Verfügungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ignorieren. Trotzdem sehe er sein Land nicht im Konflikt mit internationalem Recht.
Experten zweifeln an Abschreckungseffekt
Experten sind sich nicht sicher, wie groß der Abschreckungseffekt des neuen Ruanda-Gesetzes am Ende wirklich ist. Junge Migranten sagen noch auf französischer Seite ins Fernsehmikrofon, dass sie - einmal in Ruanda - wieder Richtung Europa aufbrechen würden.
Peter Walsh, Migrationsforscher an der Universität Oxford sagte dem ZDF:
Bisherige Erkenntnisse lassen vermuten, dass der Abschreckungseffekt davon abhängt, wie viele Menschen tatsächlich nach Ruanda abgeschoben werden.
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Peter Walsh, Migrationsforscher
Ein paar Hundert Abschiebungen reichten nicht - angesichts der rund 30.000 Migranten wie etwa im vergangenen Jahr.
Erst wenn wirklich ein Langstreckenflugzeug mit Asylbewerbern Richtung Afrika abhebt, glaubt Sunak, eine Chance zu haben, die kommende Wahl noch für sich zu entscheiden. Es müsste jedoch eine ganze Flotte im Dauereinsatz sein, damit das Gesetz auch die Wirkung erzielt, die sich die britische Regierung davon erhofft.
Wolf-Christian Ulrich ist Reporter im ZDF-Studio London
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