Journalistin: "Terrorgefahr gehört seit Charlie Hebdo dazu"
Interview
Zehn Jahre nach Anschlag:"Terrorgefahr gehört seit Charlie Hebdo dazu"
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In den Jahren nach dem Anschlag auf "Charlie Hebdo" seien viele Freiheiten eingeschränkt worden, sagt Journalistin Romy Straßenburg: "Das macht etwas mit einer Gesellschaft".
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08.01.2025 | 4:25 min
Der kaltblütige Anschlag auf die Pariser Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" sorgte vor zehn Jahren weltweit für Entsetzen, aber auch für eine Welle der Solidarität. Wie der Vorfall Frankreich und die Menschen verändert hat und was von "Je suis Charlie" bleibt - darauf hat die Journalistin Romy Straßenburg Antworten.
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Im Interview mit dem ZDF heute journal update, betont Straßenburg, dass ...
... die Terrorgefahr seit dem Anschlag dazugehört
Die letzten zehn Jahre hätten das Land "extrem verändert", sagt die Journalistin. "Es gibt einfach ein Gefühl, das immer von so einem Unwohlsein begleitet ist", auch im Hinblick auf islamistische Bedrohung.
Außerdem seien viele Freiheiten eingeschränkt worden, "einfach, um die Sicherheit zu erhöhen".
"Das macht etwas mit einer Gesellschaft", betont Straßenburg. Es gebe viele Gräben - gesellschaftlicher und politischer Art. "Die Terrorgefahr gehört seitdem dazu."
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... die Karikaturen immer schon unter die Gürtellinie gingen
In Frankreich haben die Karikaturen von Charlie Hebdo eine lange Tradition. "Es gab schon in den 70er-, 80er-Jahren sehr harte Karikaturen von Charlie Hebdo", stellt Straßenburg fest und weiter:
Dass man dafür mit seinem Leben bezahle, sei natürlich etwas, das in unseren Demokratien so nicht existieren sollte. Aber man müsse auch sagen, dass Charlie eine gewisse Fokussierung auf den Islam vorgeworfen wird.
In Frankreich gebe es auch einen großen Bevölkerungsanteil von muslimischen Bürgerinnen und Bürgern. "Die fühlen sich durchaus von den Charlie-Zeichnungen immer wieder stigmatisiert und diskriminiert."
Durch die Sozialen Medien passiere es häufig, dass eine Karikatur, die sich meistens auf den Islam beziehe, viral ginge und dass die Zeitung Applaus von der falschen Seite ernte, weil die Rechten dann sagen, sie sind eigentlich "Je suis Charlie".
"Gerade an so einem Tag, an dem Jean-Marie Le Pen gestorben ist, muss man nochmal erinnern, dass gerade die extreme Rechte historisch gesehen der Hauptfeind Nummer 1 von Charlie Hebdo war."
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... die Erwartungen an Charlie Hebdo hoch sind
Was ist heute von "Je suis Charlie" übrig? "Ich glaube, wenn man mit 'Je suis Charlie' meint, dass man für die Meinungsfreiheit ist, steht natürlich der Großteil der Bevölkerung dahinter", sagt Straßenburg. Aber wenn es bei "Je suis Charlie" um die Zeitung konkret und um die Fokussierung auf das Thema Islam ginge, gebe es eine gewisse Art Enttäuschung.
"Ich glaube, Charlie Hebdo kann eigentlich gar nicht dem gerecht werden", so die Journalistin. "Je suis Charlie" sei zum Symbol der Meinungsfreiheit geworden, "aber in diesem Bunker, in dem sie leben müssen, um weitermachen zu können, ist es natürlich auch eine große Last und die Erwartungen sind so hoch. Die Fußstapfen der ja leider getöten Zeichner sind so groß, dass sie eigentlich kaum zu füllen sind".
Das Interview führte Nazan Gökdemir, zusammengefasst hat es Katharina Schuster.
Quelle: ZDF
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