Anschlag vor zehn Jahren:Charlie Hebdo: Angriff auf die Meinungsfreiheit
von von Lukas Nickel, Paris
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Vor zehn Jahren drangen islamistische Terroristen in die Redaktion der Satirezeitung Charlie Hebdo ein. Sie töteten zwölf Menschen. Am Dienstag gedachte Frankreich der Opfer.
Paris: Zehn Jahre nach dem Attentat auf die Redaktion "Charlie Hebdo" wird der Opfer gedacht. Die Tat habe das öffentliche Bewusstsein für Meinungsfreiheit geschärft, so Fachleute.07.01.2025 | 2:39 min
Sie sind unscheinbar, die ehemaligen Büros von Charlie Hebdo. Doch immer wieder kommen Menschen in die Seitenstraße eines großen Boulevards im Pariser Osten. Sie schauen sich die langsam verblassenden Gesichter der Toten an, die kunstvoll auf die Wand gemalt sind.
Was Charlie Hebdo heute für sie bedeute? "Das sind Menschen, die uns die Kraft geben, aufrecht stehen zu bleiben und nicht zu schweigen", sagt ein Passant zum ZDF. Eine Frau bekommt feuchte Augen, als sie auf Charlie Hebdo angesprochen wird: "Lieber aufrecht sterben, als auf Knien leben. Das Motto sollte uns allen Vorbild sein. Niemals wegsehen, sich niemals beugen."
Welle an Trauer und Solidaritätsbekundungen
Am 7. Januar 2015, also vor genau zehn Jahren, drangen zwei islamistisch motivierte Attentäter in die Büros von Charlie Hebdo in Paris ein und töteten in der Redaktion und bei der anschließenden Flucht insgesamt zwölf Menschen. Zwei weitere Attentate kosteten in den folgenden Tagen fünf weiteren Menschen das Leben. Auslöser waren Mohammed-Karikaturen, die die Satirezeitung zuvor veröffentlicht hatte.
In den Tagen nach den Bluttaten kam es international zu Solidaritätsbekundungen. Allein in Frankreich seien vier Millionen Menschen auf die Straße gegangen - so viele seien noch nie, rechnete die französische Tageszeitung Le Monde damals vor.
Mit dabei waren Staats- und Regierungschefs. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel schritt Arm in Arm mit dem ehemaligen französischen Präsidenten François Hollande am Kopf des Trauerzugs.
Am 07. Januar 2015 griffen Islamisten die französische Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo an. Im Dezember 2020 wurden Helfer der Attentäter verurteilt.17.12.2020 | 2:26 min
Karikaturistin Rey: Die Terroristen nicht gewinnen lassen
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gedachte am Dienstag der Opfer mit einer stummen Kranzniederlegung. Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich auf X: "Der Angriff galt unseren gemeinsamen Werten von Freiheit und Demokratie - das akzeptieren wir niemals."
X-Posting von Bundeskanzler Scholz
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Der Anschlag auf Charlie Hebdo gilt auch als Angriff auf die Meinungsfreiheit. Die Karikaturistin Corinne Rey war damals selbst vor Ort. "Dieses Attentat hat viel zerstört. Es bleibt in unseren Köpfen und ist etwas, das wir nie vergessen werden", sagte sie im Dezember dem französischen Radiosender RTL. Doch dass Charlie Hebdo fortbestehe, sei trotzdem für sie wichtig gewesen. Sonst hätten die Terroristen ja gewonnen.
Vor allem die erste Ausgabe von Charlie Hebdo nach den Anschlägen ist berühmt geworden. Auf der Titelseite hält ein Mann mit Turban ein Schild hoch. "Alles ist vergeben", steht darauf in französischer Sprache. Jetzt zum zehnten Jahrestag ist eine Sonderedition erschienen, groß auf dem Cover geschrieben steht "Increvable" - nicht totzukriegen.
Weitere Anschläge in Frankreich folgten
Letztlich, erklärt Kommunikationsforscherin Marie Chagnoux von der Université de Paris VIII, hätten die Terroristen ihr Ziel verfehlt. Denn durch sie sei das Thema der freien Meinungsäußerung in die Öffentlichkeit gebracht worden.
Das habe ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass die Identität des Landes gestärkt und beschützt werden müsse. "Viele Menschen haben in diesem Moment gesagt: Wir sind nicht Charlie, auch wenn das in den Slogans oft so geäußert wurde. Aber wir unterstützen Charlie", so Chagnoux.
Nach der Attacke auf Charlie Hebdo erlebte Frankreich weitere islamistische Anschläge, bei denen hunderte Menschen ihr Leben verloren. Dazu zählen etwa die Attacken am 13. November desselben Jahres in Paris, die Lkw-Fahrt in Nizza und die Tötung des Lehrers Samuel Paty - dieser hatte vorher im Unterricht die Mohammed-Karikaturen von Charlie Hebdo gezeigt.
Charlie Hebdo publiziert trotzdem weiter. Leiter Riss beschreibt es in der Sonderausgabe so: Was auch immer passiere, ob dramatisch oder fröhlich, die Lust zu lachen verschwinde niemals.
Lukas Nickel ist Redakteur im ZDF-Auslandsstudio Paris.
Quelle: dpa
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