Schutz oder Zensur im Netz?:Woher kommt der Wirbel um "Trusted Flagger"?
von Jan Schneider
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Sogenannte "Trusted Flagger" sollen helfen, illegale Inhalte im Netz schneller zu finden. Eine ungenaue Pressemitteilung der Bundesnetzagentur hat Sorgen vor Zensur angefacht.
"Trusted Flaggers" sollen großen Platformen helfen, illegale Inhalte zu finden.
Quelle: imago images
Die Aufregung in einigen Medien und Köpfen war riesig: Stephan Brandner von der AfD spricht von "Netzdenunzianten", FDP-Politiker Wolfgang Kubicki in der "Bild" von einer "grünen Zensuranstalt". Anfang Oktober hat die Bundesnetzagentur erstmalig sogenannte "Trusted Flagger" zugelassen. Sie sollen helfen, illegale Inhalte im Netz schneller zu finden und zu entfernen. Doch das Konzept stößt auf Kritik. Was ist da los?
In der digitalen Welt stehen wir vor der Herausforderung, die Freiheit des Internets mit dem Schutz vor illegalen und schädlichen Inhalten in Einklang zu bringen. Als ein Instrument, das zu erreichen, hat der Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union die sogenannten "Trusted Flagger" oder vertrauenswürdigen Hinweisgeber erdacht.
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Was sind "Trusted Flaggers"?
"Trusted Flagger" sind unabhängige Organisationen, die von den nationalen Koordinierungsstellen der EU-Mitgliedsstaaten zugelassen werden, um potenziell rechtswidrige Inhalte auf großen Online-Plattformen wie Facebook, Instagram oder YouTube zu identifizieren und zu melden. Die Plattformen sind dann verpflichtet, diese Meldungen vorrangig zu behandeln und zeitnah zu prüfen.
Wichtig ist dabei zu betonen: Die endgültige Entscheidung über die Entfernung eines Inhalts liegt weiterhin bei den Plattformen selbst. "Trusted Flagger" haben keine Befugnis, Löschungen direkt anzuordnen.
Wie funktioniert das System?
Zuständig für die Zulassung von "Trusted Flaggern" ist in Deutschland die Bundesnetzagentur. Als bisher erste und einzige Organisation ist die Meldestelle gegen Hetze im Netz "REspect!" als Hinweisgeber zugelassen.
Wenn Nutzer "REspect" verdächtige Inhalte melden prüft die Meldestelle diese und gibt potenziell strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt (BKA) weiter. Das BKA und eine spezialisierte Staatsanwaltschaft prüfen dann ob ein Anfangsverdacht erfüllt wird. Nur wenn ein Verdacht besteht, meldet "REspect" den Inhalt an die entsprechende Plattform, die dann über das weitere Vorgehen entscheidet. Dieses mehrstufige Verfahren soll sicherstellen, dass nur tatsächlich problematische Inhalte gemeldet werden.
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Woher kommt die Aufregung um die "Trusted Flagger"?
Ausschlaggebend für die Zensur-Vorwürfe war eine ungenaue Pressemitteilung der Bundesnetzagentur, die inzwischen überarbeitet wurde. Darin hieß es: "Plattformen sind verpflichtet, auf Meldungen von "Trusted Flaggern" sofort zu reagieren. Illegale Inhalte, Hass und Fake News können sehr schnell und ohne bürokratische Hürde entfernt werden."
Hass und die Verbreitung von Fake News sind aber nicht automatisch Straftaten. Kritiker des Konzepts befürchteten also eine Zensurinfrastruktur ohne rechtliche Grundlage. Mittlerweile schreibt die Bundesnetzagentur von "illegalen Inhalten, illegalem Hass und illegalen Fake News" und ergänzt:
Was illegal ist, entscheiden weder " Trusted Flagger" noch die Bundesnetzagentur.
„
Mitteilung der Bundesnetzagentur
Ein weiterer Punkt, der kritisch gesehen wird, betrifft die Unabhängigkeit der Koordinierungsstelle für Digitale Dienste, die für die "Trusted Flagger" zuständig ist. Obwohl sie explizit keine Weisungen aus der Politik oder aus der Bundesregierung entgegennehmen soll, wird die Aufgabe aktuell noch kommissarisch vom Präsidenten der Bundesnetzagentur übernommen, bis die Stelle endgültig besetzt ist.
"Trusted Flaggers" sind ein etabliertes Instrument
Interessanterweise ist das Konzept der "Trusted Flagger" nicht völlig neu. Große Plattformen arbeiten bereits seit vielen Jahren mit unabhängigen Organisationen zusammen, die bestimmte Arten von potenziell illegalen Inhalten melden. Dabei geht es zum Beispiel um Darstellungen von Kindesmissbrauch oder Verstöße gegen das Urheberrecht.
Dass die EU das Konzept nun übernimmt ist ein Versuch, verschiedene Interessen zu balancieren: den Schutz vor illegalen Inhalten einerseits und die Wahrung der Meinungsfreiheit andererseits. Entscheidend wird sein, wie das System in der Praxis umgesetzt wird. Eine kontinuierliche Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung sind unerlässlich, um Missbrauch zu verhindern und die Grundrechte aller Internetnutzer zu schützen.
Quelle: dpa
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