Nach dem gescheiterten Putschversuch in Bolivien müssen die drei mutmaßlichen Anführer in Untersuchungshaft.29.06.2024 | 0:20 min
Nach dem
gescheiterten Putschversuch in Bolivien hat ein Richter gegen drei ehemalige Generäle eine sechsmonatige Untersuchungshaft verhängt. Damit werde einem entsprechenden Antrag der Generalstaatsanwaltschaft stattgegeben, berichteten mehrere Medien am Freitag übereinstimmend.
Die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft lautet auf Terrorismus und bewaffneten Aufstand gegen die Sicherheit und Souveränität des Staates.
Den ehemaligen Befehlshabern der Armee, Juan José Zúñiga Macías, und der Marine, Juan Arnez Salvador sowie einem weiteren Ex-General, Edison Alejandro Irahola Caero, drohen Haftstrafen von 20 Jahren.
Präsident Arce gibt Vorgänger Morales Mitschuld an Staatskrise
Der bolivianische Präsident Luis Arce hat dem verhafteten Ex-General Zúñiga vorgeworfen, bei seinem gescheiterten Putsch nach dem Präsidentenamt gegriffen zu haben. Zúñiga habe selbst Staatschef werden und die Regierung übernehmen wollen, sagte Arce der Nachrichtenagentur AP.
Boliviens Präsident Arce konnte einen Militär-Putsch gegen sich vereiteln. Wegen Führungskämpfen in der Regierung steckt das Land in der Krise. 27.06.2024 | 1:39 min
Er lasse untersuchen, ob der Putschversuch von der Opposition organisiert worden sei. Zugleich widersprach Arce einmal mehr dem Vorwurf, der gescheiterte Staatsstreich sei ein Selbstputsch gewesen, mit dem er sich selbst politische Vorteile habe verschaffen wollen. "Ich bin nicht geflohen. Ich bin geblieben, um die Demokratie zu verteidigen", sagte Arce.
Zudem sei seine Regierung, so Arce, von seinem einstigen Verbündeten und Parteigenossen und jetzigen Rivalen, dem
ehemaligen Präsidenten Evo Morales, "politisch angegriffen" worden. Die internen Streitigkeiten behinderten die Parlamentsarbeit und die Regierung im Kampf gegen wirtschaftliche Probleme.
Ex-Präsident Morales: Putschversuch als Ablenkungsmanöver
Ex-Präsident Evo Morales hat nach dem Putschversuch eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle gefordert. Er wisse nicht, was für eine Art Putsch das sein solle, wenn ein Minister vergnügt über die Plaza Murillo spaziere und die Panzer besichtige, sagte Morales am Freitag bei einer Pressekonferenz. Ein Putsch ohne Verletzte, ohne Schüsse und Tote sei ungewöhnlich.
Bolivianischen Behörden haben acht Tonnen an Kokain im Wert von fast 500 Millionen Euro zu beschlagnahmt. Der Innenminister spricht von einem Rekordfund.06.01.2024 | 0:18 min
Inzwischen fordern auch Teile des bolivianischen Parlaments einen Untersuchungsausschuss, um die Vorfälle vom 26. Juni aufzuklären. In einem Interview des Senders BBC hatte auch der renommierte bolivianische Politikwissenschaftler Carlos Toranzo auf Ungereimtheiten hingewiesen. Es gebe keine Gewissheit, dass es sich wirklich um einen versuchten Staatsstreich handele. Ebenso wenig gebe es bisher Beweise für eine Inszenierung.
Evo Morales, der das Land von 2006 bis 2019 regierte, und das amtierende Staatsoberhaupt Luis Arce beanspruchen beide eine Führungsrolle innerhalb der sozialistischen Partei MAS. Die beiden Seiten stehen sich innerhalb des Regierungslagers unversöhnlich gegenüber. 2025 stehen erneut Präsidentschaftswahlen an. Wer das Regierungslager dann anführen wird, ist offen.
Putsch an Bevölkerung und neuen Militärchefs gescheitert
Am Mittwoch war am Regierungssitz in La Paz ein Staatsstreich gescheitert. Abtrünnige Militärs hatten mit gepanzerten Fahrzeugen den zentralen Platz besetzt und waren in den Regierungspalast vorgedrungen.
Es geht ein "gewisses Aufatmen" durch Bolivien, nachdem der Putsch gescheitert ist, so ZDF-Reporter Christioph Röckerath. Die Krisen im Land bleiben aber.
27.06.2024 | 2:37 min
Nach einem Aufruf von Präsident Arce stellten sich die
Bewohner von La Paz gegen die Putschisten. Arce tauschte zudem die gesamte Führungsriege der Streitkräfte aus. Die neuen Chefs der Teilstreitkräfte ordneten daraufhin den Rückzug der Truppen an.
Insgesamt wurden nach dem Putschversuch 21 Militärs festgenommen, wie Innenminister Eduardo del Castillo am Freitag auf einer Pressekonferenz sagte. Unter den festgenommenen "Schlüsselpersonen" sei auch der Fahrer des Panzers, mit dem die Tür des Regierungspalasts zerstört wurde, sagte del Castillo.
Quelle: dpa, AP