Boliviens brutaler Machtkampf ums Lithium

    Riesiges Vorkommen:Boliviens brutaler Machtkampf ums Lithium

    von Tobias Käufer
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    Im südamerikanischen Bolivien tobt ein Streit um den wertvollen Rohstoff Lithium. Nicht zum ersten Mal steht das Leichtmetall im Mittelpunkt politischer Kontroversen.

    Arbeiter in Bolivien
    Das riesige Vorkommen an Lithium sorgt für einen Machtstreit in Bolivien.
    Quelle: epa

    Für seine Botschaft hatte sich Boliviens linker Präsident Luis Arce ein ganz besonders Datum ausgesucht: Am 197. Geburtstag der Marine rief er die militärischen Institutionen zur Wachsamkeit auf, "da das Vorhandensein von Lithium, Gold, seltenen Erden und strategischen Ressourcen (...) aufgrund der globalen Nachfrage (...) begehrt wird." Mit anderen Worten: Die Lithium-Vorkommen sind bedroht.

    Bolivien hat größtes Lithium-Vorkommen weltweit

    Bolivien hat nach Schätzungen von Experten das größte Lithium-Vorkommen weltweit. Jener Substanz, die für Akkus von E-Autos und Smartphones unverzichtbar ist. Das südamerikanische Land wird damit zu einem Schlüssel für das Gelingen der Energiewende, denn ohne Zugang zu Lithium wird auch der Umstieg von fossilen Brennstoffen zur E-Mobilität schwierig. Während sich China einen direkten Zugang bereits gesichert hat, steht der Westen in Bolivien derzeit auf verlorenem Posten.
    Nun gibt es einen handfesten innenpolitischen Streit zwischen Arce und Ex-Präsident Evo Morales. Beide stammen aus dem Lager der sozialistischen Bewegung MAS, arbeiteten einst als Präsident und Wirtschaftsminister eng zusammen. Nun aber wirft Morales Arce vor, dessen Familie habe bei Lithium-Verträgen gemauschelt. Das Tischtuch ist zerschnitten, die Regierungspartei in ein Morales und ein Arce-Lager gespalten.

    Lange politische Geschichte

    Das alles hat eine lange Vorgeschichte. Der bis dato durchaus erfolgreiche und populäre Morales ließ 2016 seine Landsleute bei einem Referendum befragen, ob sie einer Aufhebung der Amtszeitbegrenzung in der Verfassung zustimmen. Damit er weiter an der Macht bleiben kann.
    Doch nach bereits zehn Jahren im Amt fürchtete die Mehrheit den "ewigen Ego", der im Laufe der Jahre autokratischer und aggressiver wurde. Sie sagten Nein zur Verfassungsänderung. Damit wäre Morales Karriere eigentlich mit der Amtszeit 2019 zu Ende gewesen. So hatte es der Präsident auch vor dem Wahlgang versprochen zu akzeptieren.
    Dirk Steffens am Salar del Hombre Muerto, Argentinien, mit Flaschenbergen als Symbol für den Lithiumabbau (Montage)
    Lithium – grüner Hoffnungsträger oder gewaltiges Umweltproblem? Eine Einschätzung von Dirk Steffens.16.02.2020 | 9:54 min

    Morales floh zeitweise ins Exil

    Doch dann Morales brach sein Wort und setzte seine Kandidatur gegen den erklärten Wählerwillen auf juristischem Wege durch. Es war der Beginn einer tiefen innenpolitischen Krise, die bis heute anhält. Bei der Auszählung der Wahlen 2019, zu denen Morales erneut antrat, kam es laut internationalen Wahlbeobachtern zu Unregelmäßigkeiten. Hunderttausende gingen auf die Straße. Morales trat auf Druck der Gewerkschaften und Militärs zurück und floh ins Exil.
    Erst als sein ehemaliger Wirtschaftsminister und Parteifreund Arce die Neuwahlen ein Jahr später gewann, kehrte Morales zurück. Er erklärte, er sei das Opfer eines Putsches geworden und verwies auf entsprechende Studien. Dahinter stecke eine Verschwörung der westlichen Lithium-Industrie und vor allem der Engländer.
    Schon im Wahlkampf 2019 war die Lithium-Förderung eines der entscheidenden Themen gewesen. Ein Joint-Venture mit einem deutschen Unternehmen, das sich zuvor die Pole-Position gesichert hatte, scheiterte auch daran, dass Morales dem Druck von lokalen Protesten nicht standhielt. Demonstranten fürchteten einen Ausverkauf des Lithiums.

    Morales erhebt schwere Vorwürfe gegen Arces Sohn

    Jetzt steht das Lithium wieder im Mittelpunkt. Die Vorwürfe des Morales-Lagers wiegen schwer. Das bolivianische Volk solle wissen, dass der Sohn des Präsidenten "Lucho" Arce, Marcelo Arce Mosqueira, bereits während des Wahlkampfs und vor seiner Vereidigung über die Ausbeutung von Lithium verhandelt habe, die den Staatsstreich gerechtfertigt hätten. Nämlich mit Vertretern transnationaler Unternehmen wie Appian Capital Advisory und Führungskräften, die sogar mit Elon Musk in Verbindung stünden. Auch Tesla sollte also hinter den Vorkommnissen 2019 stehen.
    Damit setzt Morales das Arce-Lager weiter unter Druck und wirft ihm vor, gemeinsam mit dem Westen hinter seinem Machtverlust 2019 zu stecken. Für Europa und die USA wird die Ausgangslage damit noch schwieriger.
    Weder für den Putsch noch für die Behauptungen zu Lithium gibt es derzeit schlüssige Beweise - aber auch keine unabhängigen Untersuchungen, die die gegenteilige Sichtweise stützen. Dafür aber viel Misstrauen. Auch gegen Morales gibt es Vorwürfe, er habe über Strohmänner Kontakte zur chinesischen Lithium-Industrie. Die Zukunft der weltweit größten Lithium-Vorkommen ist damit vor allem eines: politisch total polarisiert.

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