Naturschutz in Tschechien: Biber bauen Baggern Damm weg

Naturschutzprojekt Tschechien:Biber bauen Damm - und sparen Millionen ein

von Benedikt Karl, Wien
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In Tschechien haben Biber geschafft, woran Behörden und Naturschützer über Jahre gescheitert waren - und sparten ihnen so Kosten in Millionenhöhe.

Ein Biber im Wasser (Symbolbild).
Eine Biberfamilie war schneller als die Behörden, die einen Damm in Tschechien bauen wollten.
Quelle: dpa

Es klingt wie ein Treppenwitz: Über Jahre hinweg planen Behörden und Naturschützer, einen ehemaligen Truppenübungsplatz 60 Kilometer südwestlich von Prag zu renaturieren. Bürokratische Hürden in Tschechien verzögerten die Umsetzung jedoch immer wieder. Nun ist das gewünschte Sumpfgebiet da - weil eine Biber-Familie Zahn angelegt hat. Mit ihren Staudämmen hat sie genau das geschaffen, woran Menschen seit Jahren gescheitert sind.

"Biber ist brillianter Ingenieur"

Der Biber sei ein "absolut brillanter Ingenieur", sagt David Fischer. Der Zoologe und Naturschutzbeauftragte arbeitet rund 20 Minuten entfernt von den Bibern in einem Museum in Příbram. Durch den Bau von Dämmen korrigiere das Nagetier das, "was wir in Hunderten von Jahren intensiv zu zerstören versuchen", meint der Experte, "nämlich den Wasserhaushalt der Landschaft."

Ursprüngliche Planungen übertroffen

Dass der ehemalige Truppenübungsplatz Brdy kein sumpfiges Feuchtgebiet, sondern ein trockenes Gelände war, lag an einem betonierten Abwasserkanal. Für den militärischen Zweck war das sinnvoll, für die Biodiversität jedoch ein Problem. Nach seiner Auflösung sollte das Gelände deshalb wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzt werden. Die genauen Planungen zogen sich in die Länge: Wie genau die Umsetzung aussehen sollte, erwies sich als ebenso kompliziert wie die Eigentumsverhältnisse.

Besser als ein Bagger

Zwar lag mittlerweile eine Baugenehmigung vor, doch die Biber waren schneller als die Bagger. "Der Biber hat eine unglaubliche Fähigkeit", sagt der Experte Fischer: Er suche sich immer jene Stelle aus, wo er "mit einem Minimum an Aufwand das absolut maximale Ergebnis erzielen kann". Das fleißige Nagetier habe "nicht nur etwas getan, was geplant war, um den Ort zu verbessern, sondern er hat es sogar vielfach übertroffen", so der Zoologe.

Wichtig gegen Überschwemmungen

Die Dämme und die dadurch entstandene Sumpflandschaft sei auch deshalb wichtig, weil sie die Folgen von Starkregenfällen und Überschwemmungen abschwächen könnten. "Es wird diese Wellen auf jeden Fall abschwächen", zeigt sich Fischer überzeugt.
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Das Werk der Biber hat darüber hinaus einen positiven Nebeneffekt: Für das ursprüngliche Bauvorhaben waren rund 1,2 Millionen Euro Kosten veranschlagt. Nun stehen die Dämme - völlig kostenlos.

Hype geht um die ganze Welt

Auf Social Media haben die Biber einen Hype ausgelöst, der um die ganze Welt gegangen ist. "Ich habe es auf Instagram gesehen und fand es nur furchtbar lustig, dass wir es für so viel Geld bauen sollten und der Biber es kostenlos gemacht hat. Und das in so kurzer Zeit!", sagt Rebekka, eine junge Frau aus dem zwanzig Kilometer entfernten Příbram.
Für manchen scheinen die Biber mehr bewegt zu haben als nur Holz: "Vielleicht sollten wir nicht so in die Natur eingreifen und sie machen lassen, was sie vielleicht besser kann als wir", meint Lenka aus Příbram.
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Biber arbeiten schon andernorts weiter

Der Zoologe David Fischer sieht das ähnlich. Für ihn ist der Biber ein "sehr wichtiger Baustein für das Funktionieren dieser Feuchtgebiets-Ökosysteme". Die Biber von Brdy - für den Experten weitaus mehr als ein Social-Media-Hype. Sie sind Projekt-Partner: "Mit Bibern hat die Landschaft hier seit Jahrtausenden funktioniert", so Fischer: "Jetzt muss der Mensch lernen, mit dem Biber zu arbeiten."
So lange wartet, wer hätt’s gedacht, die Biber-Familie von Brdy freilich nicht, und arbeitet fleißig weiter - in einem benachbarten Gebiet. Da haben die Planungen zur Renaturierung noch nicht einmal begonnen. Dem Menschen sind die Tiere hier also wieder einmal voraus.

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Quelle: dpa

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