Ex-Nato-Strategin Babst: "Schwarzer Tag" für die Ukraine

    Interview

    Nato-Kennerin Babst zu US-Plänen:Expertin: "Schwarzer Tag" für die Ukraine

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    Die USA kündigen Verhandlungen mit Russland an und skizzieren zugleich ihre Pläne für die Ukraine. Für Ex-Nato-Strategin Stefanie Babst markiert das einen "schwarzen Tag".

    Ehemalige NATO-Strategin Dr. Stefanie Babst
    Mögliche Ukraine-Verhandlungen mit den USA seien ein strategischer Punktsieg für Putin, so Nato-Expertin Stefanie Babst. Von einem Friedensschluss sei nicht zu sprechen.12.02.2025 | 17:09 min
    US-Präsident Donald Trump hat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert und über eine Beendigung des Krieges in der Ukraine gesprochen. Es solle sofort Verhandlungen geben. Der ukrainische Präsident Selenskyj sei "informiert" worden. Dies geschah nur wenige Stunden nachdem der neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth beim Treffen in Brüssel die Pläne seiner Regierung für die Ukraine präsentiert hatte - darunter der Ausschluss einer Nato-Mitgliedschaft und das Zurückfahren von US-Hilfen.
    Was heißt das für die Ukraine, die sich seit fast drei Jahren gegen den Aggressionsangriff Russlands - tatsächlich aber schon viel länger - wehrt? Bei ZDFheute live analysiert die frühere Nato-Strategin Stefanie Babst, die heute im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sitzt, die möglichen Folgen.
    Donald Trump steht an einem Mikrofon im Weißen Haus.
    US-Präsident Trump will Russlands Staatschef Putin in Saudi-Arabien treffen, um über ein Ende des Ukraine-Kriegs zu sprechen. Das erklärt Trump nach einem Telefonat mit Putin.13.02.2025 | 0:23 min
    Sehen Sie das komplette Interview mit der früheren Nato-Strategin oben oder lesen Sie es hier in Auszügen.
    Das sagt Stefanie Babst zur Frage...

    Wird die Ukraine jetzt Russland ausgeliefert?

    Mit Blick auf die von der US-Regierung aufgezeigten Leitplanken zur Ukraine-Politik und das Telefonat zwischen Trump und Putin spricht Babst von einem "sehr schwarzen Tag" für die Ukraine. Aber auch für die Europäer seien diese Entwicklungen nicht gut, auch wenn sie absehbar gewesen seien.
    Die US-Pläne und das, was Trump aushandeln lasse, seien für den russischen Präsidenten Putin ein "absoluter, strategischer Punktsieg", sagt Babst. Es zeige, dass ein Aggressor Kriegsverbrechen begehen kann und anschließend mit einem "bilateralen Treffen" mit dem neuen US-Präsidenten "belohnt" wird.

    Das heißt, dass wir hier überhaupt nicht von einem irgendwie gearteten Friedenschluss reden können, sondern letztendlich von den Kapitulationsbedingungen der Ukraine.

    Stefanie Babst, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

    US-Verteidigungsminister Pete Hegseth (l) spricht mit NATO-Generalsekretär Mark Rutte während einer Sitzung der Ukraine-Verteidigungskontaktgruppe im NATO-Hauptquartier.
    Die Verteidigungsminister der Nato-Staaten beraten in Brüssel über den Ukraine-Krieg. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth drängt auf neue Zielvorgaben für die Militärausgaben.13.02.2025 | 0:26 min

    Wie hilflos ist Europa ohne die USA?

    Aber die europäische Seite sei auch kein "zahnloser Tiger", so Babst. Europa plus Kanada hätten rund 1,9 Millionen Personen in ihren Streitkräften und auch zwei nuklear-bewaffnete Verbündete gehörten dazu.

    Wir sind nicht ganz hilflos, aber wir müssen mehr tun, als nur das abzunicken, was die Amerikaner hier vorgeben.

    Stefanie Babst, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

    Europa sei auch ohne die USA nicht völlig wehrlos. Man sei militärisch "gut bestückt", doch es gebe keinen "ausgeprägten politischen Willen", Verteidigung und Sicherheit zu einem primären Thema zu machen - inklusive Agenda und strategischem Kontext.
    Sie hoffe, dass die europäischen Regierungschefs, "die klaren Verstandes sind", jetzt einschreiten und das Feld der Verhandlungen nicht nur Trump überlassen werden. Das betreffe vor allem Polen, die baltischen Republiken und die skandinavischen Staaten, so Babst. Die Ukraine müsse stärker ausgerüstet werden, damit sie "zumindest in eine stärker Verhandlungsposition" komme.
    ZDF-Korrespondenten Coerper und Brühl berichten.
    US-Präsident Trump hat sich mit Russlands Präsident Putin auf einen "unverzüglichen" Beginn von Ukraine-Gesprächen geeinigt. ZDF-Korrespondenten Coerper und Brühl berichten.12.02.2025 | 3:35 min

    Wie schnell muss eine europäische Unterstützung geschehen?

    Die Frage der zügigen Hilfe für die angegriffene Ukraine ist - laut Stefanie Babst - entscheidend. Die Europäer hätten wertvolle Zeit "verplempert". Drei Jahre lang habe man dazu Zeit gehabt.

    Sie haben sich nicht auf die Ankunft von Trump vorbereitet. Sie haben kein Gegenpaket geschnürt. Sie haben keinen konzeptionellen Gegenvorschlag gemacht. Sie haben nicht eine robuste Eindämmungsstrategie auf den Weg gebracht.

    Stefanie Babst, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

    Babst hofft, dass die Europäer nicht das tun, was Putin laut eigener Aussage von ihnen erwarte: Treue Gefolgsleute des "amerikanischen Masters" zu sein. Das hätten einige - aber längst nicht alle - Staaten schon erkannt.
    Donald Trump und Wladimir Putin vor einer Landkarte der Ukraine
    US-Präsident Trump hat in einem Telefonat mit Russlands Präsident Putin vereinbart, „unverzüglich“ über die Zukunft der Ukraine zu verhandeln. Die Analyse bei ZDFheute live.12.02.2025 | 29:59 min

    Ist das das Ende der bekannten Nato?

    Die frühere Nato-Strategin warnt davor, Donald Trump zu unterschätzen. Der US-Präsident sei angetreten, um "die wertebasierte Ordnung zu zerstören". Trump habe keinerlei Interesse an europäischer Sicherheit. Sie traue ihm sogar zu, im Bündnisfall der Artikel-5-Verpflichtung des militärischen Beistandes für ein angegriffenes Nato-Mitglied nicht nachzukommen. Er beschädige immer wieder die Glaubwürdigkeit der Nato, so Babst.
    Unter dem vorherigen US-Präsidenten Joe Biden sei allerdings eine Vorkehrung getroffen, die es der Trump-Administration erschwere, aus der Nato auszutreten, erklärt Babst. Die USA hätten zudem durch das Bündnis auch strategische Vorteile, so zum Beispiel die US-amerikanischen Basen auf dem europäischen Kontinent.

    Die Amerikaner haben 70, 75 Jahre lang in vielfältiger Form von ihrer Mitgliedschaft in der Nato profitiert.

    Stefanie Babst, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

    Das Interview mit Stefanie Babst führte ZDF-Moderatorin Alica Jung. Zusammengefasst hat es ZDFheute-Redakteur Kai Remen.
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