Militärexperte: Russischer Krankenhaus-Angriff war Absicht
Lücke in Luftabwehr der Ukraine?:Experte: Krankenhaus-Angriff war Absicht
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Russlands Angriff auf ein Kinderkrankenhaus war "intentional", meint Militärexperte Gustav Gressel. Warum die Raketen nicht abgewehrt wurden, dafür könnte es mehrere Gründe geben.
Nach Einschätzung von Militärexperte Gressel war der Angriff auf ein Krankenhaus vorsätzlich.08.07.2024 | 22:04 min
Der russische Raketenangriff auf ein Kinderkrankenhaus in Kiew ist dem Militärexperten Gustav Gressel zufolge "intentional" und kein Versehen gewesen. Umso wichtiger seien weitere Waffenlieferungen an die Ukraine. Diktaturen könne man "nur mit Waffengewalt abschrecken", sagt er bei ZDFheute live.
Sehen Sie das Interview mit Gustav Gressel oben als Video in voller Länge oder lesen Sie es hier in Auszügen:
War der Angriff auf das Kinderkrankenhaus Absicht?
"Man muss davon ausgehen, dass der Angriff auf dieses Krankenhaus vorsätzlich war", ist sich der Militärexperte Gustav Gressel sicher. Die verwendete Ch-101-Rakete sei recht treffsicher und könne deshalb nicht aus Versehen "einfach so danebenschießen".
Laut Gressel war der Angriff auf das Kinderkrankenhaus "intentional". Man könne nicht davon ausgehen, dass die Rakete vom Ziel abgekommen sei, lautet sein Fazit.
Quelle: ZDF
... ist Politikwissenschaftler und Militärexperte. Zu seinen Themenschwerpunkten gehören Russland, Osteuropa und Verteidigungspolitik.
Wie steht es um die Flugabwehr von Kiew?
Warum die Ukraine einige Raketen auf die Stadt Kiew nicht abfangen konnte, darüber kann Gustav Gressel "nur mutmaßen". Zwei Sachverhalte könne man festhalten:
Es habe mehrere Angriffswellen gegeben.
Die Zeit zwischen Warnung und Einschlag sei sehr kurz gewesen.
Mehrere Angriffswellen in kurzen Zeitabständen stellen die Ukraine laut Gressel vor eine Herausforderung. "Zwischen den einzelnen Wellen muss die ukrainische Fliegerabwehr ihre Stellung wechseln", erklärt der Experte. Denn die elektromagnetische Strahlung der Radargeräte sei auch von russischer Seite festzustellen.
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"Und damit steht nach jedem erfolgreichen Abschuss eine ukrainische Fliegerabwehr-Batterie im Risiko, von der nächsten Welle getroffen zu werden", so Gressel. Bis an eine neue Stellung gewechselt wurde, entstünden aber natürlich Lücken in der Abwehr.
Gressel sagt über die kurze Zeit zwischen Warnung und Einschlag: "Das ist der Fall bei sehr schnell anfliegenden Geschossen". Solche Modelle, wie die Kinschal oder die Iskander, greifen laut Gressel von der "oberen Winkelgruppe" aus an und können nur von einem Patriot-System bekämpft werden.
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Beim jüngsten Angriff auf Kiew seien aber auch Marschflugkörper "in der unteren Winkelgruppe", also nah am Boden, zum Einsatz gekommen. Für den Militärexperten "wäre es interessant zu erfahren", in welcher Reihenfolge die Raketen auf Kiew trafen und wie die Luftabwehr-Systeme aufgestellt waren. Er fragt sich, ob die "oberen und unteren Winkelgruppen" gleichzeitig angegriffen und somit "bewusst ausgespielt" wurden.
Aber auch einen technischen Defekt am Flugabwehrsystem schließt Gressel nicht aus. Der Einsatz sei von vornherein "sehr auf Kante genäht" und deshalb bei Defekten anfällig. "Das verschafft dann natürlich auch Russland die Chance, mit so einem Angriff mal durchzukommen", sagt der Militärexperte.
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Diskussion um Waffenlieferungen: Mehr Waffen, mehr Zerstörung?
"Eine Fliegerabwehrrakete schützt Krankenhäuser wie diese, schützt zivile Infrastruktur", appelliert Gressel und antwortet damit auf Kritik an Waffenlieferungen an die Ukraine.
"Dieselben Leute" hätten wahrscheinlich "den Amerikanern oder den Sowjets im Zweiten Weltkrieg auch vorgehalten", man solle sich "mit Hitler einigen".
Auf andere Mittel würden diese Machtapparate leider nicht hören und nicht reagieren, so Gressel. Deshalb brauche es die Waffenlieferung an befreundete Staaten, "so wie im Zweiten Weltkrieg auch", um dann "letztendlich zu siegen", so das Fazit Gressels.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.