Haushalt: Bundeswehr droht massive Unterfinanzierung

    Analyse

    Milliardenloch im neuen Haushalt:Bundeswehr wird Putin "keine Probleme machen"

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    von Nils Metzger
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    Fünf Milliarden Euro weniger als erhofft - das ist das Ergebnis der Haushaltsverhandlungen für die Bundeswehr. Doch im Wehretat schlummern noch deutlich größere Finanzrisiken.

    Boris Pistorius
    Verteidigungsminister Pistorius ist verärgert über die Haushaltseinigung der Ampel. Anstelle des angemeldeten Mehrbedarfs von 6 Milliarden Euro bekommt er nur 1,25 Milliarden.08.07.2024 | 0:20 min
    Der Wunschzettel von Boris Pistorius (SPD) war lang. 6,7 Milliarden Euro zusätzlich hatte der Verteidigungsminister für den Bundeshaushalt 2025 angemeldet. Tatsächlich bekommen hat er vorläufig nur ein Plus von 1,2 Milliarden Euro.
    Damit gehört sein Ressort zwar zu den wenigen, die keine Kürzungen hinnehmen müssen, gemessen an den Anforderungen, die Bundeswehr kriegstüchtig zu machen, ist das Ergebnis ein Rückschlag mit Wirkung, womöglich lange über den Haushalt 2025 hinaus. Entsprechend frustriert zeigte sich Pistorius am Montag:

    Ja, ich habe deutlich weniger bekommen, als ich angemeldet habe. Das ist ärgerlich für mich, weil ich bestimmte Dinge dann nicht in der Geschwindigkeit anstoßen kann, wie es Zeitenwende und Bedrohungslage erforderlich machen.

    Verteidigungsminister Boris Pistorius, SPD

    53 Milliarden Euro soll die Bundeswehr laut diesem vorläufigen Haushaltsentwurf bekommen. In den kommenden Wochen kann es daran noch Änderungen geben. Hinzu kommt das verbleibende Sondervermögen.
    Pistorius in Alaska
    Vor dem Nato-Gipfel in Washington ist Verteidigungsminister Pistorius zu Besuch bei deutschen Soldaten in Alaska. Europa übernehme Verantwortung im Nato-Bündnis, betonte Pistorius.08.07.2024 | 0:22 min

    Nato-Anforderungen erhöhen Finanz-Druck auf Bundeswehr

    Jüngst hat die Bundesregierung stolz verkündet, erstmals das Nato-Ziel erfüllt zu haben, zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Sicherheit und Verteidigung auszugeben. Auch dank des Sondervermögens. Doch beim Nato-Gipfel in Washington ab Dienstag dürfte Kanzler Olaf Scholz damit konfrontiert werden, dass man ihm im Bündnis dafür nicht sonderlich lange auf die Schulter klopfen wird.
    "Die Nato hat bereits eine neue Planung erstellt und daraus wird abgeleitet, was jeder einzelne Staat bereitstellen sollte", sagt Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. "Wenn man die Kosten dafür umrechnet, würde das bedeuten, dass Deutschland über die kommenden Jahre dauerhaft 2,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zur Verfügung stellen muss." Das sei die Konsequenz aus den Verpflichtungen, die die Bundesregierung selbst an die Nato gegeben habe.

    Für den deutschen Wehretat bedeutet das, dass die Diskussion um die zwei Prozent, die wir zurzeit führen, im Grunde eine Diskussion von gestern ist.

    Christian Mölling, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

    Nato-Luftwaffen-Manöver "Tiger Meet"
    In Schleswig-Holstein findet ein Luftwaffen-Manöver statt. In Jagel trainieren Dutzende Kampfpiloten aus elf Nato-Staaten, der Schweiz und aus Österreich. 03.06.2024 | 1:00 min
    Eine BIP-Lücke von 0,5 Prozent entspräche gegenwärtig rund 20 Milliarden Euro zusätzlich. "Es geht hier um Investitionen auf Dauer. Dass Deutschland sich jetzt rühmt, dass es erstmalig die zwei Prozent schafft, ist schön, aber die letzten 20 Jahre haben sie es eben nicht geschafft." Die nicht getätigten Investitionen der letzten Jahrzehnte müssten vielfach erst ausgeglichen werden. "Das ist kein Haushalt, der sicherheitspolitisch nachhaltig ist. Schon jetzt ist klar, dass wieder eine Lücke drin ist", so Möllings Fazit.

    Das ist weder ein Zeichen an unsere Verbündeten, noch hilft uns der Etat mit Blick auf Moskau weiter. Dort wird man die Gewissheit haben, dass Deutschland in den nächsten Jahren kein Problem darstellen wird. Wir werden Russland keine Probleme machen.

    Christian Mölling, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

    Norbert Röttgen bei "maybrit illner"
    CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen signalisiert bei "maybrit illner" Gesprächsbereitschaft der Union über Bundeshaushalt und Schuldenbremse. 13.06.2024 | 1:13 min

    Was kann die Bundeswehr nun nicht umsetzen?

    Welche Folgen die nun fehlenden fünf Milliarden Euro für konkrete Beschaffungsvorhaben haben, kann noch nicht abgeschätzt werden. "Wir können noch nicht sagen, was davon alles betroffen ist. Der Verteidigungsminister hat nachgerechnet, was die Industrie ihm liefern kann und kam so auf den angemeldeten Bedarf. Wir können also davon ausgehen, dass der Bundeswehr nun Dinge fehlen werden", sagt Mölling.
    Der angemeldete Mehrbedarf soll laut Experten auch dazu dienen, Preissteigerungen durch Inflation bei geplanten Beschaffungsprojekten auszugleichen. Ordervolumen bei der Industrie könnten nun kleiner ausfallen.
    Soldaten im Einsatz
    Bundesverteidigungsminister Pistorius will neue Wehrpflichtige für die Bundeswehr rekrutieren und setzt dabei auf Freiwilligkeit. Demnach müssen junge Männer einen Fragebogen ausfüllen, Frauen können das tun.12.06.2024 | 2:57 min

    Welche Risiken schlummern noch im Wehretat?

    Seit Verabschiedung des Sondervermögens 2022 bestellt die Bundeswehr im Eiltempo neues Gerät. Das ist einerseits nötig, um die Truppe auf einen aktuellen Stand der Technik zu bringen, dadurch steigen aber auch die laufenden Betriebskosten. Soldaten müssen ihre Gehälter bekommen, Panzer betankt und mit Munition versorgt werden. An solchen Ausgaben führt kein Weg vorbei.
    Ist das Sondervermögen 2027 aufgebraucht, tut sich automatisch eine Lücke auf, die der reguläre Haushalt füllen muss. Es droht eine strukturelle Unterfinanzierung - insbesondere, wenn sich die Bundeswehr auch weiterhin modernisieren möchte. Investitionen auf der einen Seite müssen notfalls durch Mangelverwaltung anderswo kompensiert werden.
    Kerry Hoppe und Patrick Sensburg zu Wehrdienst
    Der Chef des Reservistenverbandes Sensburg diskutiert mit Reserveoffiziersanwärterin Kerry Hoppe: Warum er für eine Rückkehr zur echten Wehrpflicht ist und sie dagegen.12.06.2024 | 18:26 min

    Kann ein Haushaltstrick die Rettung sein?

    Was in diesen Tagen teils als eine Lösung für akute Haushaltslücken erwähnt wird, sind sogenannte Verpflichtungsermächtigungen. Damit sagt der Bund Geld aus zukünftigen und noch nicht beschlossenen Haushalten für konkrete Vorhaben zu. "Verpflichtungsermächtigungen sind keine kreative Sonderlösung. Das ist ein völlig normales Instrument der Haushaltsgestaltung und nicht die neu entdeckte Wunderwaffe, als die sie einige Ökonomen jetzt beschreiben", betont Mölling.
    Solche Regelungen sind bei Rüstungsvorhaben üblich, da die oft länger als ein Jahr und damit länger als ein Bundeshaushalt dauern - anders könnte es kaum Planungssicherheit geben. Jedoch wächst durch solche Ermächtigungen nicht automatisch der nächste Haushalt, es wird mehr des dann vorhandenen Geldes schon jetzt verplant. Dafür gibt es auch Obergrenzen, um den Spielraum des Parlaments im kommenden Jahr nicht zu sehr einzuschränken. Solche Lösungen schaffen mehr Flexibilität bei der Beschaffung, in Summe wird die Bundeswehr so aber kaum einen Schuss Munition zusätzlich erhalten.

    Warnung und Solidaritätssignal
    :Was hinter Manöver "Arctic Defender" steckt

    Erstmals führt Deutschland eine Luftwaffen-Übung auf US-amerikanischem Boden an. Eine Warnung an Russland. Aber kurz vor Beginn des Nato-Gipfels auch ein Zeichen der Solidarität.
    von Ines Trams
    Boris Pistorius, Bundesminister der Verteidigung, wird von Ingo Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe, empfangen.
    mit Video

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