Interview
Aussagen über Hitlergruß:Druck auf Aiwanger wächst: Neue Vorwürfe
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Nach Flugblättern in Aiwangers Schultasche berichtet ein ehemaliger Mitschüler nun von Hitlergrüßen. Aiwanger weist das zurück. Der Druck auf ihn wächst aber.
Der Druck auf Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger wächst. Es gibt neue Vorwürfe gegen ihn: Aiwanger soll in den 1980er Jahren beim Betreten des schon besetzten Klassenzimmers ab und zu "einen Hitlergruß gezeigt" haben, wie ein ehemaliger Mitschüler Aiwangers dem ARD-Magazin "Report München" sagte. Er sei demnach ein Mitschüler von der 7. bis 9. Klasse gewesen.
Zudem habe Aiwanger "sehr oft diese Hitler-Ansprachen nachgemacht in diesem Hitler-Slang". Auch judenfeindliche Witze seien "definitiv gefallen". Welche "starke Gesinnung" dahinter gesteckt habe, dazu sagte er: "Keine Ahnung."
ZDF-Korrespondent Stefan Leifert in München über Aiwanger und die Freien Wähler:
Aiwanger weist die Vorwürfe zurück. "Es ist auf alle Fälle so, dass vielleicht in der Jugendzeit das eine oder andere so oder so interpretiert werden kann, was als 15-Jähriger hier mir vorgeworfen wird", sagte der Freie-Wähler-Chef am Mittwoch dem Sender Welt TV.
Er könne "für die letzten Jahrzehnte alle Hände ins Feuer legen". Was aus Jugendzeiten nun diskutiert werde, wundere ihn etwas. Der "Bild" sagte Aiwanger zum Thema Hitlergruß: "Mir ist nicht im Entferntesten erinnerlich, dass ich so etwas gemacht haben soll."
Aiwangers Statement im Video.30.08.2023 | 0:40 min
Söder erhöht Druck auf Aiwanger
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte den Freie-Wähler-Chef am Mittwoch auf, die ihm gestellten 25 Fragen rasch, umfassend und zweifelsfrei zu beantworten.
Auf Aiwangers Profil auf X (ehemals Twitter) gab es indes erstmals seit Tagen einen neuen Eintrag: "#Schmutzkampagnen gehen am Ende nach hinten los. #Aiwanger", stand dort am Mittwoch. In aller Regel verfasst der Freie-Wähler-Chef sämtliche Posts selbst.
Post von Hubert Aiwanger auf X
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Söder wartet nun auf Aiwangers schriftliche Antworten auf die 25 Fragen. Anschließend will er eine abschließende Bewertung vornehmen.
Heißt: Dann wird er voraussichtlich ganz konkret entscheiden müssen, ob er Aiwanger entlässt oder nicht, und das keine sechs Wochen vor der Landtagswahl. Dabei steckt er in einem fast ausweglosen Dilemma: Im Falle einer Entlassung Aiwangers könnten die Freien Wähler bei der Landtagswahl massiv profitieren - so jedenfalls die große Sorge der CSU. Andererseits könnten Söder und die CSU am Ende in Mithaftung genommen werden, wenn er trotz allem weiter an Aiwanger festhält.
Aiwanger weist Flugblatt-Vorwürfe zurück
Der 52-jährige Aiwanger hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien "ein oder wenige Exemplare" in seiner Schultasche gefunden worden.
Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben. Seither sind nun auch die Vorwürfe des Mitschülers dazugekommen.
Aiwanger habe nun die Gelegenheit, sich vernünftig, fair und umfassend zu äußern. "Dazu sollen wir eine zeitnahe und maximal transparente Antwort auch erhalten, so dass wir dann auch eine glaubwürdige Diskussion darüber führen können, wie wir das bewerten."
Am Dienstag hatte Söder gesagt: "Bis zur abschließenden Klärung, solange kein neuer Beweis vorliegt oder bisher Gesagtes komplett widerlegt werden kann, wäre eine Entlassung aus dem Amt eines Staatsministers ein Übermaß". Er fügte aber hinzu: "Das heißt, es darf jetzt auch nichts mehr dazukommen."
Scholz fordert Aufklärung und mögliche Konsequenzen
Bundeskanzler Scholz sagte bei der Kabinettsklausur in Meseberg bei Berlin: "Alles das, was bisher bekannt geworden ist, ist sehr bedrückend. Und deshalb ist für mich sehr klar, dass alles aufgeklärt werden muss." Wenn das geschehen sei und nichts "vertuscht" werde, müssten notwendige Konsequenzen daraus gezogen werden.
Vizekanzler Robert Habeck sagte in Meseberg, er finde Aiwangers Umgang mit den Berichten unaufrichtig. Er habe jüngst in verschiedenen Reden "offensichtlich" eine Sprache des "rechten Populismus" benutzt. Auch FDP-Chef Christian Lindner sagte: "Der Umgang und die Aufklärungsbereitschaft sind in meinen Augen bislang nicht glaubwürdig." Es müsse dringend Klarheit geschaffen werden mit den dann gegebenenfalls nötigen Konsequenzen.
Die Freien Wähler in Bayern stehen geschlossen hinter Aiwanger. Das betonten mehrere Mitglieder des Partei- und Fraktionsvorstands am Mittwoch nach gemeinsamen Beratungen im Landtag in München.
Quelle: dpa
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von Stefan Leifert, München