AfD-Europa-Programm: Etwas Zuckerguss über radikalen Kern

    Europa-Programm:AfD legt etwas Zuckerguss über radikalen Kern

    Thomas Reichart
    von Thomas Reichart, Magdeburg
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    Die AfD will die EU nun doch nicht auflösen, schreibt sie in ihrem Europa-Programm. Warum das kein Grund zur Entwarnung ist, hat ihr Parteitag in Magdeburg gezeigt.

    Am Ende ging es auf dem AfD-Parteitag dann noch um Insekten. Ob sie in Lebensmitteln innerhalb der EU enthalten sein dürfen oder nicht. Und wenn ja, wie das ausgewiesen wird. Da flammte bei einigen Delegierten nach Tagen der Reden und zum Teil grotesken Geschäftsordnungs-Streitereien und Pannen mitten in die breite Erschöpfung doch noch einmal der Furor auf.
    Es ist also nicht so, dass die AfD sich nicht auch inhaltliche Gedanken zur EU gemacht hätte. Aber es blieb doch ein eigenartiges Missverhältnis: Vier Tage nahm sich die Partei Zeit, um oft bis in die späten Abendstunden hinein die Listenplätze für das EU-Parlament zu wählen. Für den Inhalt aber blieben am Sonntag nur ein paar Stunden.

    EU-Ablehnung bleibt

    Und in der zentralen Forderung ist die AfD zurückgerudert. Auf dem Parteitag in Magdeburg will das so keiner einräumen. Von einem angeblich redaktionellen Fehler reden sie im Bundesvorstand. Tatsache ist: Statt der Auflösung der EU will die AfD nun die Transformation der EU in einen "Bund europäischer Nationen".
    Das ist vor allem eine sprachliche Abschwächung, weniger eine inhaltliche. Wie wenig sich etwa der rechtsextreme Teil darum schert, machte Björn Höcke auf dem Parteitag deutlich: "Diese EU muss sterben", sagte er, "damit das wahre Europa leben kann."
    Wie die AfD sich zur EU positioniert:

    AfD-Redner übertreffen sich mit Anti-EU-Sprachbildern

    In den insgesamt vier Tagen, in denen sich dieser Parteitag zäh und mitunter chaotisch auf eine Liste zur Europawahl einigen wollte, glaubten die Kandidaten, ihre Chancen vor allem dadurch zu erhöhen, dass sie mit besonders extremen Bildern über die EU herzogen. Bei einem galt die EU als "Monster", dem man die "Tentakeln abschlagen" müsse. Eine andere sah die EU befallen von einem "bösartigen Tumor".
    Wer über Stunden verfolgte, wie ein AfDler den anderen mit immer noch hysterischeren Sprachbildern zu übertreffen suchte, mochte sich fragen, warum Parteimitglieder mit solcher Vehemenz um den Einzug in ein Parlament rangen und feilschten, das sie doch eigentlich verachten und abschaffen wollen.
    Was will die AfD in Sachen Europapolitik? 

    Nationalistische Kräfte dominieren AfD

    Die Europaliste der AfD, wie sie sich am Ende herausschälte, zeigt vom Spitzenkandidaten bis zum hinteren Listenplatz, wie sehr inzwischen der nationalistische, rechtsextreme Teil der Partei den Kurs dominiert.
    Im Programm, das die Delegierten am Sonntagabend verabschiedeten, klingt die EU-Kritik dann etwas milder. Die AfD legt also ein bisschen Zuckerguss über einen unverändert radikalen Kern. Tatsächlich will die Partei in Europa die Uhr zurückdrehen. Will unter anderem ein Ende des Euro. Ein Ende der europäischen Energie- und Klimapolitik. Und ein Ende des EU-Parlaments. Zusammenarbeiten soll Europa aus AfD-Sicht gerade noch bei der Abwehr von Flüchtlingen.

    Anti-westlicher Kurs der Partei

    Auffallend ist auch: Die AfD wendet sich - wenn überhaupt - nur sehr, sehr leise gegen Putins Angriffskrieg. Viel lauter ist da die Kritik an den USA. Das Programm ist also nicht nur Anti-EU, sondern auch stramm anti-westlich.
    Die AfD glaubt offenbar, dass Deutschland in einer unübersichtlichen Welt am besten zurechtkommt, wenn es sich von Verbündeten verabschiedet und auf sich selbst zurückzieht.

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