Steuer auf Verpackungen: Tübingens Alleingang zahlt sich aus
Steuer auf Einwegverpackungen:Tübingens Alleingang zahlt sich aus
von Matthias Nick
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Boris Palmer ist für Alleingänge bekannt - so auch mit der Steuer auf Einwegverpackungen. In Tübingen gibt es nun zehnmal mehr Mehrweg. Die Steuer könnte zum Exportschlager werden.
In Tübingen wird auf Getränke- und Eisbecher, Pommes- und Dönertüten, Pizzakartons und Strohhalme 50 Cent Steuer für die Stadt fällig. Die Betriebe legen es auf die Kundschaft um. In Tübingen gibt es nun zehnmal mehr Mehrweg. Ein Erfolgsmodell?07.08.2023 | 4:33 min
In ganz Deutschland gilt seit Anfang 2023 die Mehrwegpflicht: Wer Essen oder Trinken zum Mitnehmen anbietet, der muss seinen Kunden dafür eine Mehrwegalternative anbieten. Das gilt für Restaurants, Bistros, Cafés, Pommesbuden, Dönerläden und auch zum Beispiel für die To-Go-Theke in der Metzgerei.
Erste Erfahrungen: Nicht deutlich weniger Verpackungsmüll
Ausgenommen sind nur kleinere Geschäfte wie Imbisse oder Kioske, in denen höchstens fünf Mitarbeiter arbeiten und die eine Ladenfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern haben.
Erste Erfahrungen jedoch zeigen, dass diese Mehrwegpflicht den Verpackungsmüll nicht deutlich reduziert, entweder weil die Kunden das Angebot nicht annehmen oder die Anbieter auf Einwegverpackungen aus Karton als Alternative zum Plastik ausweichen. Pommestüten oder Einschlagpapiere für Döner sind von dieser Mehrwegpflicht nämlich ausgenommen - in ganz Deutschland. Auch in Tübingen, aber nur dort werden sie besteuert.
Wann die Verpackungssteuer in Tübingen gezahlt werden muss
Wir fassen mal zusammen, aber Achtung, es wird kompliziert: Esse ich Leberkäs' in der Metzgerei, egal ob kalt oder warm (ja, das wird noch wichtig!), gibt es einen Porzellanteller und dazu: keine Steuer. Bringe ich eine Mehrwegverpackung mit oder leihe mir eine (mit Pfand): keine Steuer, egal ob kalt oder warm.
Kaufe ich mir eine warme Leberkässemmel für unterwegs, dann gilt mit Serviette: keine Steuer. In der Papiertüte: 50 Cent Einwegsteuer. Ist die Leberkässemmel aber kalt, dann fällt keine Steuer an, egal ob mit Serviette oder Papiertüte. Alles klar?
McDonald's klagte gegen die Stadt Tübingen
Bereits seit Anfang 2022 besteuert Tübingen Einwegverpackungen: 50 Cent auf Kaffeebecher, Pommestüten oder ähnliches, 20 Cent auf Trinkhalme oder Eislöffel. Dagegen zog die Franchisenehmerin der Tübinger McDonald's-Filiale - wahrscheinlich mit Unterstützung des Konzerns - vor Gericht - und verlor vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Auf Anfrage des ZDF lässt McDonald's schriftlich mitteilen:
Die Frage, ob der Hamburger in Tübingen bald mehr kosten wird als im Rest unseres Landes oder ob man sich aus Tübingen zurückziehen werde, wollte McDonald's nicht beantworten.
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Palmer: Mehrwegangebot hat sich verzehnfacht
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer hat kein Mitleid mit McDonald's: "Ich glaube, so ein großer Konzern wird auch in der Lage sein, eine Spülmaschine zu kaufen und ein paar Teller zu bestellen, nein, ich habe da kein großes Mitleid."
Als Schwabe, so sagt er, freue er sich auch über zusätzliche Steuereinnahmen, die er für Klimaschutzprojekte verwenden will. "Wesentlich ist eigentlich, dass wir nachher sehen, der Mehrweganteil hat zugenommen und da haben wir mehr als eine Verzehnfachung des Angebots festgestellt", sagt Palmer.
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Tübinger Sondersteuer als Exportschlager?
Könnte es die Tübinger Verpackungssteuer bald überall in Deutschland geben? Möglich, sagt Boris Palmer. Über 50 Kommunen aus ganz Deutschland hätten sich schon bei ihm gemeldet. Sie überlegten ganz konkret, die Tübinger Verpackungssteuer zu übernehmen.
Matthias Nick ist Redakteur beim ZDF-Magazin WISO.