Neuer Schlaf-Trend: Was ein Pflaster über dem Mund bewirkt

    Neuer Schlaf-Trend im Netz:Was Mouth Taping bewirkt

    von Corinna Klee
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    Mit zugeklebtem Mund besser schlafen und fitter in den Tag starten, das verspricht Mouth Taping. Denn durch die Nase atmen ist gesünder. Wie ein Pflaster dabei helfen soll.

    Symbolfoto: Frau mit Pflaster auf dem Mund
    Ein Pflaster auf dem Mund, damit man durch die Nase atmet und somit gut schläft - so soll Mouth Taping funktionieren. (Symbolfoto)
    Quelle: imago

    Viele Influencer, Prominente und TikTok-User bewerben in den sozialen Medien das sogenannte Mouth Taping und teilen ihre Erfahrungen mit den Schlaf-Tapes. Das nächtliche Pflaster auf dem Mund solle sich positiv auf den Schlaf und auf das Immunsystem auswirken. Man würde sich fitter und ausgeruhter fühlen, so das Versprechen. Wissenschaftler sehen das allerdings kritisch, den Nutzen fraglich und als nicht erwiesen.

    Es gibt keine seriöse Studie, die das untersucht hat und zu einem solchen Ergebnis gekommen ist.

    Prof. Martin Konermann, Schlafmediziner vom Marienhospital Kassel

    Hinzu kommt: Wer sowieso durch die Nase atme, müsse sich den Mund doch gar nicht erst zukleben, so Martin Konermann, Schlafmediziner vom Marienhospital Kassel.
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    Warum Nasenatmung besser ist

    Eine Nasenatmung ist generell positiv. Die Luft wird beim Einatmen durch die Nase erwärmt und befeuchtet. Gleichzeitig wird sie durch die feinen Härchen in der Nase gereinigt. In der Nasenschleimhaut sitzen zudem viele Immunzellen, die als Reaktion auf Staub und Pollen Antikörper bilden. Das ist gut für die körpereigene Abwehr.
    Die Mundatmung dagegen hat den Nachteil, dass die Atemluft ungewärmt und ungefiltert eindringt. Der Rachen kann austrocknen. Kühle Luft gelangt in die Bronchien und kann hier Irritationen auszulösen, zum Beispiel Asthmaanfälle. Weil die Atemluft nicht gefiltert wird, können Krankheitserreger leichter eindringen. Das kann Erkältungen begünstigen.
    Schlafen mit offenem Mund kann außerdem den Zähnen schaden. Forschern zufolge wird Karies begünstigt, weil der Mund austrocknet und fehlender Speichel zu Veränderungen des pH-Werts führt. Es ist also definitiv gesünder, durch die Nase zu atmen. Doch nicht jeder kann es.
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    Warum es Mundatmer gibt

    Wenn man gesund ist und nicht gerade erkältet, atmet man in der Regel nachts durch die Nase, manchmal auch etwas durch den Mund. Das ist völlig normal. Doch viele Menschen haben Widerstände in der Nase, zum Beispiel eine ausgeprägte Nasen-Scheidewand-Verkrümmung oder Polypen. Atmet man nachts durch den Mund, bekommt man durch die Nase vermutlich nicht genügend Luft.
    "Hinzu kommt, dass in der Nacht die Nasenschleimhaut anschwillt. Hat man dann eine starke Krümmung der Nasenscheidewand, kann es eng werden mit der Luft", erklärt Schlafmediziner Konermann.

    Kann das Pflaster auf dem Mund schaden?

    Viele fragen sich, ob man nachts ersticken kann, wenn man sich den Mund zuklebt. Schlafmediziner Konermann gibt Entwarnung:

    Unser Körper hat einen Selbsterhaltungsmechanismus eingebaut. […] Dann klingelt im Kopf ein kleiner Wecker, der dafür sorgt, dass der Schläfer wach wird und dann macht er auch den Mund auf.

    Prof. Martin Konermann, Schlafmediziner

    So stark sei das Pflaster nicht, dass man das nicht überwinden könne, so der Experte. Wer Schlafprobleme habe oder stark durch den Mund atme, sollte mit einem Schlafmediziner oder Hals-Nasen-Ohrenarzt auf Ursachensuche gehen, bevor er den Mund mit einem Mouth Tape verschließt, rät Konermann aber.
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    Woran man erkennt, wie man nachts atmet

    Anzeichen für eine Mundatmung sind ein trockener Mund und ein trockener Rachen. Viele kennen das von einer Erkältung, wenn die Nase so verstopft ist, dass man nur noch durch den Mund atmen kann. Auch Schnarcher atmen fast immer durch den Mund. Dafür gibt es meist eine Ursache, der man auf den Grund gehen sollte.
    Übrigens: Auch tagsüber wechselt man mitunter von der Nasen- zur Mundatmung. Treibt man beispielsweise Sport, atmet man zwangsläufig irgendwann durch den Mund, um schnell genug Luft zu bekommen.
    Das Fazit des Schlafmediziners zum nächtlichen Mouth Taping:

    Das Pflaster zu nutzen, ist zwar nicht schädlich. Aber aus wissenschaftlicher, schlafmedizinischer Sicht ist es eine Modeerscheinung, die keinerlei erwiesenen Nutzen hat.

    Prof. Martin Konermann, Schlafmediziner

    Schon ein paar einfache Maßnahmen können Schlaf und Schlafqualität verbessern:
    • Das Schlafzimmer sollte gut belüftet und 16 bis 18 Grad kühl sein.
    • Handy oder Tablet gehören nichts ins Bett. Das blaue Licht hemmt die Melatonin-Produktion im Gehirn und stört damit den Schlaf.
    • Abends sollte man keine üppigen und schweren Mahlzeiten zu sich nehmen. Dadurch verbrennt der Körper Kalorien, Stoffwechsel und Verdauung werden angekurbelt. Man kann nicht mehr einschlafen. Das gleiche gilt für abendlichen Sport. Darauf sollte man in den letzten zwei Stunden vor der geplanten Schlafenszeit verzichten.
    • Schlafmediziner Martin Konermann rät: "Abends empfiehlt sich ein Schlafritual, um sich Zeit für sich selbst zu nehmen, vom Tag abzuschalten und in die Ruhe hineinzufinden, zum Beispiel mit einer Entspannungsübung."

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