Mit KI gegen Darmkrebs: Technik hilft bei Früherkennung

    Früherkennung von Darmkrebs:Polypen aufspüren mit Künstlicher Intelligenz

    von Gunnar Fischer
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    Für den Gastroenterologen ist es wie ein paar zusätzliche Augen: Künstliche Intelligenz unterstützt den Arzt bei Darmspiegelungen. Wie die Technik funktioniert.

    Ein Ärzteteam untersucht den Dickdarm eines Patienten.
    Die Darmspieglung ist in der Medizin eine Erfolgsgeschichte.
    Quelle: Imago

    In immer mehr Bereichen des Lebens hält Künstliche Intelligenz (KI) Einzug. Das gilt auch für die Medizin. So setzen immer mehr Kliniken bei einer Darmspiegelung auf Künstliche Intelligenz. Mit Erfolg.

    Ich glaube, es hilft vor allem bei Polypen, die man vielleicht nicht im unmittelbaren Blickfeld hat und bei sehr kleinen Polypen.

    Dr. Alexander Eckardt, Gastroenterologe an der DKD Helios Klinik in Wiesbaden

    Erste Studien zeigen: Durch den Einsatz des computergestützten Softwaresystems lassen sich bei einer Koloskopie (Darmspiegelung) bis zu 15 Prozent mehr Polypen im Darm aufspüren.
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    Darmspiegelung: Den Polypen auf der Spur

    Bei einer Darmspiegelung kommt es darauf an, Polypen, insbesondere Adenome, zu identifizieren. Dabei handelt es sich um zunächst gutartige Schleimhautvorwölbungen, die im Laufe der Jahre entarten können. Neben dem geschulten Blick des Gastroenterologen fahndet auch spezielle Computer-Software nach verdächtigen Strukturen an der Darmschleimhaut.

    Künstliche Intelligenz angewandt bei der Darmspiegelung arbeitet im Grunde genommen wie ein Bilderkennungsprogramm. Es scannt das Endoskopie-Livebild. Das System hat in der Entwicklungsphase gelernt, Polypen zu identifizieren. Dazu wurden großen Datenmengen eingespeist. Durch den Vergleich von Millionen Einzelbildern können die verwendeten Algorithmen verdächtige Strukturen im Darm eigenständig aufspüren.

    Das KI-System besteht aus einem Prozessor, der innerhalb von Millisekunden beim Erkennen eines Polypen Alarm schlägt. Künstliche Intelligenz soll die Diagnostik bei der Darmspiegelung noch zuverlässiger machen. Sie wird häufig im Rahmen von Studien eingesetzt. In einigen Universitätskliniken wird Künstliche Intelligenz mittlerweile routinemäßig angewandt.

    Erkennt die Künstliche Intelligenz auffällige Veränderungen der Darmschleimhaut, wird die Stelle sofort markiert und auf dem Monitor angezeigt. Zeitgleich ertönt ein Signalton. Mit Hilfe dieser visuellen und akustischen Hinweise wird der untersuchende Arzt auf das verdächtige Areal des KI-Systems aufmerksam gemacht.

    Die Künstliche Intelligenz ist vergleichbar mit einem zusätzlichen Paar Augen, das uns beim Aufspüren von Polypen unterstützt.

    Dr. Alexander Eckardt, Gastroenterologe

    Das KI-System besteht aus einem Prozessor, der eigenständig zwischen normalen und kranken Strukturen im Darm unterscheiden soll. Die Analyse erfolgt dabei unmittelbar während der Untersuchung. Die verdächtige Stelle kann bis zu 400-fach vergrößert dargestellt werden.
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    Sofortige Analyse während der Darmspiegelung

    Auch wenn das System mit jedem neu eingespeisten Befund dazulerne, sei das System in der Praxis noch nicht hundertprozentig zuverlässig, stellt der Gastroenterologe fest: "Gelegentlich spielt uns das System auch einen Streich. Auslöser für Fehlalarme können zum Beispiel kleine Stuhlreste, Luftblasen oder auch normale gesunde Strukturen sein." Aber da habe man dann neben der Künstlichen Intelligenz auch noch die menschliche Intelligenz in Gestalt der Beteiligten im Untersuchungsraum. Die könnten dann unterscheiden, ob es sich tatsächlich um einen Polypen handele, so der Experte weiter.
    Das KI-System ist somit ein Hilfsinstrument, das den untersuchenden Gastroenterologen unterstützt. Allerdings kann es ihn keineswegs ersetzen. Das gilt nicht nur für die Diagnose, sondern vor allem für die daraus resultierende Therapie.

    Die Darmspiegelung ist ja nicht nur Früherkennung von Polypen, sondern auch das Abtragen dieser. Und die wird durch die Künstliche Intelligenz zum derzeitigen Standpunkt nicht möglich sein. Das kann nur der Arzt oder die Ärztin leisten.

    Dr. Alexander Eckardt, Gastroenterologe

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    KI soll auch Krebsgefahr voraussagen können

    Denn: Wird bei der Darmspiegelung ein Polyp entdeckt, kann ihn der Arzt mit Hilfe einer scharfen Schlinge sofort entfernen. Damit ist die potenzielle Krebsgefahr gebannt. Anschließend wird das Gewebe des Polypen in einem Labor untersucht. Dabei wird überprüft, ob das entnommene Gewebe gut- oder gegebenenfalls schon bösartig ist.
    Die Darmspieglung ist in der Medizin eine Erfolgsgeschichte. Mit der Künstlichen Intelligenz und dem G-EYE-System wird die Koloskopie noch sicherer. Das zeigen erste Studien. In Zukunft soll die digitale Technologie sogar die potenzielle Krebsgefahr von Darmpolypen sofort voraussagen können.

    Ein zusätzliches Hilfsmittel zum Aufspüren von Polypen ist das G-EYE-System. Hierbei handelt es sich um einen Ballon, der am Endoskop befestigt wird. Im aufgeblasenen Zustand strafft der Ballon die Falten in der Darmwand. Er "bügelt" sie quasi glatt. Auf diese Weise werden Polypen, die sich hinter, zwischen oder unter den Darmfalten verbergen, sichtbar. In der Regel wird das G-EYE-System in Kombination mit der Künstlichen Intelligenz bei der Koloskopie im Rahmen einer Studie eingesetzt. Erste Ergebnisse der Studie belegen, dass sich das Aufspüren von Darmpolypen mit jedem technischen Hilfsmittel deutlich erhöht.

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