Marc Chagall: 40. Todestag des jüdischen Künstlers

    40. Todestag des Künstlers :Was Marc Chagall bis heute aktuell macht

    von Cornelia Petereit und Kerstin Edinger
    |

    Marc Chagall prägte das 20. Jahrhundert. In seiner Kunst verarbeitete er Wünsche und Träume, aber auch Alltag und Verfolgung. Der Maler starb vor 40 Jahren.

    Chagall, Marc - 1979
    Porträt des russisch-französischen Malers und Grafikers Marc Chagall: Archivfoto aus dem Jahr 1979.
    Quelle: dpa

    Marc Chagall ist 97 Jahre, als er am 28. März 1985 stirbt. Geboren im ehemaligen russischem Zarenreich, heute Belarus, flieht der Maler im Zweiten Weltkrieg vor Antisemitismus in die USA und lässt sich 1948 endgültig in Frankreich nieder.

    Chagall und seine russische Heimat

    1887 wächst Marc Chagall als ältestes von neun Kindern einer jüdischen Familie in einfachen Verhältnissen auf. Als Kind erlebt er Ausgrenzung und Pogrome im ehemaligen russischen Zarenreich. 1911 verlässt er seine Heimatstadt, sie findet sich aber sein Leben lang in seiner Kunst wieder, erklärt Kuratorin Susanne Meyer-Büser.

    Witebsk bleibt dieser Sehnsuchtsort, aber auch der Ort der schrecklichen Erfahrungen.

    Susanne Meyer-Büser, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen

    Raumdesign im Stil von Marc Chagall
    40. Todestag von Maler Marc Chagall: Ann-Kathrin Otto bringt leuchtende Farben und wilde Muster zurück.28.03.2025 | 13:22 min
    Als Jude habe Marc Chagall im russischen Kaiserreich keine Akademie besuchen können, so Meyer-Büser weiter. Früh beginnt Chagall zu zeichnen, besucht eine jüdische Malschule. Er fängt eine Handwerks-Ausbildung an, um die erforderliche Aufenthaltsgenehmigung für die Akademie in St. Petersburg zu erhalten.
    Dort lernt er Bella Rosenfeld kennen, sie heiraten 1915. Ein Jahr später wird Tochter Ida geboren.
    Eine schwarz-weiß Fotografie zeigt Marc Chagall, seine Frau Bella und seine Tochter Ida im Jahr 1917.
    Marc Chagall prägte das 20. Jahrhundert mit seinen Werken. Privat hatte er mit seiner Frau Bella die gemeinsame Tochter Ida.
    Quelle: ullstein bild

    Wahlheimat Frankreich

    1911 reist Chagall in die Metropole Paris. Der Maler lernt Impressionismus, Kubismus und Fauvismus kennen. Sein Werk ist von den überwältigenden Eindrücken genauso geprägt, wie von Erinnerungen an seine russische Heimat. Chagall zieht in die Künstlerkolonie "La Ruche", wo er anderen emigrierten Künstlern und auch dem avantgardistischen Dichter Guillaume Apollinaire begegnet, der ihn als Erfinder des "Surrealismus" bezeichnet.

    Chagall musste ausreisen, um in Paris endlich eine Ausbildung oder sozusagen eine ihm gerechte Ausbildung zu bekommen.

    Susanne Meyer-Büser, Kunstsammlung NRW

    1913 stellt Chagall erstmals drei Werke in Berlin aus, gefolgt von einer ersten Einzelausstellung. Von dort aus reist er 1914 zu einem Kurzbesuch in die Heimat. Wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs wird daraus ein achtjähriger Aufenthalt.
    Zurück in Paris beginnt in den 1920er Jahren eine Phase von Sicherheit und Wohlstand. Chagall steht bei einer Galerie unter Vertrag und wird mit Buchillustrationen beauftragt.
    Das Werk "Einsamkeit" von Marc Chagall
    In der Volle Kanne Sendung wird unter anderem über die Kunstausstellung von Marc Chagall gesprochen.18.03.2025 | 51:44 min

    Leben im Exil

    Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland breitet sich der Antisemitismus in den 1930er Jahre europaweit aus. Chagalls Werke werden als "entartete Kunst" diffamiert. 1941 emigriert er in die USA.

    Chagall hat mehrfach den Wohnsitz gewechselt, gezwungenermaßen. Es war ein bewegtes Leben, das ihn getrieben hat.

    Susanne Meyer-Büser, Kunstsammlung NRW

    Chagall ist in den USA bekannt, wird mit der Gestaltung von Bühnenbildern und Ballettkostümen beauftragt. Als Bella 1944 überraschend an einer Virusinfektion stirbt, ist Chagall monatelang nicht imstande zu arbeiten.
     Das Werk «Das brennende Haus (Die fliegende Kutsche)» (1913) des Künstlers Marc Chagall ist in der Ausstellung «Chagall» in der Kunstsammlung K20 zu sehen.
    Marc Chagalls farbenfrohe Werke begeistern seit Jahrzehnten. Eine neue Schau zeigt ab morgen in Düsseldorf auch die gesellschaftskritische Seite des Künstlers.14.03.2025 | 1:33 min
    Kurz darauf beginnt der Maler eine neue Beziehung, wird 1946 Vater. Kuratorin Meyer-Büser sieht in den entgegengesetzten Gefühlswelten Chagalls ein stetiges Element seiner Kunst.

    Er erlebt beides: einerseits die Freude des Neubeginns, aber auch den Schmerz um seine Frau.

    Susanne Meyer-Büser, Kunstsammlung NRW

    Die beiden Pole hätten ihn, so Meyer-Büser, ein Leben lang begleitet.
    Paris feiert 100 Jahre Surrealismus
    Der Surrealismus prägte die moderne Kunst nachhaltig. Anlässlich des runden Geburtstags feierte das Pariser Centre Pompidou die Avantgardekunst. 12.09.2024 | 2:06 min

    Rückkehr nach Europa

    1948 übersiedelt Chagall mit der ganzen Familie endgültig nach Frankreich. In den folgenden Jahren arbeitet er an Fenstern für Synagogen, Kathedralen, Opernhäusern und dem UNO-Hauptgebäude in New York. Die Gemälde seines monumentalen Bibel-Zyklus schenkt Chagall dem französischen Staat.
    Marc Chagall gilt als einer der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhundert. Er verarbeitet Alltag und politische Kritik, stellt schwebende Figuren und Fabelwesen dar. Seine bis heute rätselhaften Motive seien aber keine reine Poesie, betont Kuratorin Meyer-Büser.

    In der Luft zu schweben, heißt vielleicht einfach, dass man im Moment keine Bodenhaftung hat, dass man sich nicht gesettelt hat.

    Susanne Meyer-Büser, Kunstsammlung NRW

    Marc Chagall stirbt am 28. März 1984 mit 97 Jahren.

    chagall, marc - in seinem atelier
    Quelle: ZDF

    • 1887 wird Chagall in der Nähe der Kleinstadt Witebsk geboren
    • 1907-1910 Studium an verschiedenen Kunstschulen in St. Petersburg
    • 1911-1914 geht Chagall nach Paris, lebt in der Künstlerkolonie "La Ruche"
    • 1913-1914 erste Teilnahme am "Salon des Indépendants" in Paris, Einzelausstellung mit 40 Werken in Berlin
    • 1914-1922 Rückkehr nach Russland
    • 1915-1916 Hochzeit mit Bella Rosenfeld, Geburt Tochter Ida
    • 1917 Oktoberrevolution, die russischen Juden erhalten erstmals volle Bürgerrechte; Chagall kehrt nach Witebsk zurück und wird Kunstkommissar der Region
    • 1919 Gründung einer eigenen Kunstschule "Werkstatt für Freie Malerei", die er nach internem Richtungsstreit verlässt
    • 1920 Chagall zieht nach Moskau, die Familie lebt in Armut, da seine Kunst für die Revolution keinen Wert besitzt; Chagall arbeitet als Zeichenlehrer
    • 1922 Chagall verlässt die Sowjetunion, geht erst nach Berlin, dann wieder nach Paris; beginnt mit Buchillustrationen, u.a. der Bibel (1930)
    • 1931 reist er erstmals nach Israel
    • 1933 werden die Werke Chagalls vom NS-Regime als "entartete Kunst" diffamiert
    • 1937 erhält Chagall die französische Staatsbürgerschaft
    • 1941 Emigration in die USA
    • 1944 stirbt Bella an einer Virusinfektion
    • 1945-1951 Beziehung mit Virginia McNeil, 1946 wird der gemeinsame Sohn geboren
    • 1948 Rückkehr nach Frankreich, Chagall beginnt mit Keramikarbeiten, Wand- und Glasmalerei; in den folgenden Jahren fertigt er Fenster für Synagogen (z.B. Jerusalem), Kirchen (z.B. Metz, Mainz) und öffentliche Gebäude (z.B. UNO-Hauptquartier New York)
    • 1952 heiratet Chagall die in Russland geborene Valentina "Vava" Brodsky
    • 1973 erste Reise nach Moskau und Leningrad
    • 1985 stirbt Marc Chagall mit 97 Jahren in Saint-Paul-de-Vence

    Mehr zu bekannten Künstlern

    Mehr zur Verfolgung in der NS-Zeit