Anschlagspläne in Deutschland: Wie gefährlich ist der ISPK?
Interview
Anschlagspläne in Deutschland:Wie gefährlich ist der ISPK?
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Der "Islamischer Staat Provinz Khorasan" hatte mutmaßlich Anschlagspläne für Ziele in Deutschland. Welche Gefahr geht von ISPK aus? Die Einschätzung einer Islamismus-Expertin.
Vor Weihnachten wurde bekannt, dass eine islamistische Gruppe möglicherweise Anschläge auf den Kölner Dom und weitere europäische Ziele geplant haben soll. Die Verdächtigen sollen zu einem Ableger des "Islamischen Staates" gehören - zur Terrororganisation "Islamischer Staat Provinz Khorasan" (ISPK).
Wer steckt hinter der Gruppierung und welche Gefahr geht von ihr aus? Susanne Schröter, Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, beantwortet die wichtigsten Fragen im Interview mit ZDFheute live.
Sehen Sie das ganze Interview oben im Video oder lesen es hier in Auszügen. Das sagt Susanne Schröter ...
... zur Einordnung des ISPK
"Der Islam ist eine riesige Weltreligion", stellt Susanne Schröter am Anfang klar. Nur einige Mitglieder des Islam - sogenannte "Islamisten" - seien der Meinung, "dass die gesamte Gesellschaft nach islamischen Spielregeln zu funktionieren hat", erklärt die Ethnologin. "Dass es keine Trennung zwischen Politik und Gesellschaft geben kann".
Islamisten, die versuchen dieses Ziel mit Gewalt durchzusetzen, seien "Dschihadisten". Die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) sei eine Gruppe von Dschihadisten, erklärt Schröder weiter. Und die Gruppierung "Provinz Khorasan" (ISPK) eine "Untergruppe" des IS.
"Diese Organisation ist ganz stark international", sagt Schröder. Diese würde - wie die Hauptgruppe IS - ihre "Truppen" international rekrutieren, so die Ethnologin. "Mit dem Anspruch global tätig zu sein", schließt sie ihre Erklärung ab.
Quelle: picture alliance/Geisler-Fotopress
… ist Professorin für Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen an der Goethe-Universität und leitet dasFrankfurter Forschungszentrum Globaler Islam.
Dass der ISPK nun auch in Europa aktiv ist, sei deshalb "nicht so ganz neu", so Schröder. Auch früher schon habe es Anschlagspläne - auch für Deutschland - gegeben. Die neusten mutmaßlichen Anschlagspläne auf den Kölner Dom oder den Wiener Stephansdom hätten aber "eine neue Qualität", so die Einschätzung der Professorin.
Die geplanten Anschlagsorte seinen "hoch symbolträchtige Orte" und das "in einer Zeit, die für uns hier in Europa besonders symbolträchtig ist", nämlich Weihnachten und Silvester.
Wenn man es da schaffen würde, einen Anschlag durchzuführen - das ist die Hoffnung dieser Dschihadisten - dann hätte das eine enorme Signalwirkung.
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Susanne Schröter, Ethnologin
"Solche Anschläge zielen ja immer darauf, dass sie eine Wirkung entfalten", sagt die Expertin. "Es geht nicht um die Anschläge an sich, sondern es geht darum, dass man nach außen signalisieren möchte: 'Wir sind stark, wir können Unmögliches machen, schließt euch uns an'".
... zur Finanzierung von Terrorgruppen wie dem ISPK
Susanne Schröter sagt, jedes IS-Mitglied bekommt ein Gehalt. "Also einer dschihadistischen Gruppe anzugehören ist grundsätzlich lukrativ", meint sie. "Ob das jetzt für diejenigen gilt, die auch in Deutschland sind, das weiß ich nicht."
Es gäbe Sponsoren aus dem arabischen Raum. Zudem hätten die dschihadistischen Gruppierungen in den Ländern, in denen sie ganze Gebiete unter ihre Kontrolle gebracht haben, "erträglich gewirtschaftet". Schröter spricht hier von einer "ganzen Bandbreite an krimineller Wirtschaft": Schmuggel, Plünderung, Geiselnahmen.
Auch in Deutschland gäbe es "Radikalisierungspotenzial" durch Parallelstrukturen, "in denen Menschen relativ abgeschottet von der Mehrheitsgesellschaft leben", erklärt Susanne Schröter. Dort werde nach Normen gelebt, die dem Grundgesetz "ganz klar widersprechen".
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Diese Menschen und bestimmte Prediger seinen in Deutschland der Meinung, dass für sie nur "die Botschaft Allahs" gelte, sagt die Wissenschaftlerin. "Alles ist immer eine Sache der Interpretation: Wie interpretiert man heilige Texte, welche religiösen Botschaften kommen an?".
Wir haben nun leider auch in Deutschland immer noch Moscheen, in denen radikale Prediger hetzerische Botschaften verkünden und im Grunde grundsätzlich mit dem Ziel des Islamismus einverstanden sind.
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Susanne Schröter, Ethnologin
Die IS-Gruppen würden zudem die Sozialen Medien zur Radikalisierung, aber auch zur Kommunikation nutzen, sagt Schröter.
... dazu, wie Politik und Gesellschaft auf Terrorgruppen reagieren sollten
"Langfristig müssen wir uns natürlich Gedanken machen, wie wir Sicherheit doch nochmal anders herstellen", ist sich Susanne Schröter nach den bekannt gewordenen Anschlagsplänen unter anderem auf den Kölner Dom sicher.
Meiner Meinung nach kann es nicht sein, dass wir tatsächlich zulassen, dass es hier abgeschottete Milieus gibt, in denen Menschen nach völlig eigenen Spielregeln leben.
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Susanne Schröter, Ethnologin
In anderen Ländern wie Frankreich oder Schweden sei diese Abschottung noch viel weiter fortgeschritten, so Schröter. "Das sollte uns eine Mahnung sein". Es müssten dringend Maßnahmen zur Integration entwickelt werden, sagt sie. "Alle jungen Menschen gehen bei uns in die Schule", genau da müsse man ansetzen.
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... dazu, was sie sich von Muslimen in Deutschland erhofft
Susanne Schröter wünscht sich mehr Prävention von Muslimen in Deutschland. Muslime könnten sich hierzulande nicht aus der Verantwortung ziehen, indem sie sagen "das hat alles nichts mit dem Islam zu tun", so Schröter. "Das ist zu einfach."
Ich finde Menschen, die einer Religion angehören - und das ist in dem Fall der Islam - müssen sich eben auch mit denjenigen beschäftigen, die im Namen ihrer Religion großes Unheil anrichten.
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Susanne Schröter, Ethnologin
Einige Muslime würden bereits präventiv arbeiten und Verantwortung übernehmen. "Aber ich würde mir das doch noch mal sehr viel stärker wünschen", endet Schröter.
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