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Mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin:Klette wegen Raubüberfällen vor Gericht
von Sibylla Elsing
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Die mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette steht wegen versuchten Mordes, unerlaubten Waffenbesitzes und schweren Raubs vor Gericht. Nun beginnt der Prozess.
Das Leben, das Daniela Klette über 30 Jahre in Berlin führte, scheint fernab von dem, was ihr nun vorgeworfen wird. Gemeinsam mit ihren mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkard Garweg soll sie Teil der dritten Generation der linksextremen RAF gewesen sein und über viele Jahre hinweg Überfälle begangen haben, um sich das Leben im Untergrund zu finanzieren. Nun beginnt der Prozess vor dem Landgericht Verden.
Daniela Klette: Eine Frau mit vielen Gesichtern
Damalige Freunde und Nachbarn von Klette kannten diese laut eigenen Angaben nur unter ihrer falschen Identität als "Claudia Ivone". Sie sei eine gute Freundin, verlässlich und kinderlieb gewesen. Auch in der brasilianischen Community habe sie sich engagiert, tanzte Samba und machte Kampfsport - führte mitten in Berlin scheinbar jahrelang ein ganz normales Leben.
Die mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette im Gerichtssaal.
Quelle: AFP
Auch soll Klette unter dem Decknamen "Sarah Lopez" mehrfach eine Wohnung in Bremen gemietet haben. Ihrem Umfeld erzählte Klette häufig von ihrem arbeitsintensiven Job in der Pflege, weswegen sie oft beruflich nach Süddeutschland reisen müsse. Sie verschwand dann für mehrere Wochen. Ermittlungen ergaben eine Verbindung zwischen ihrer Abwesenheit und den ihr zur Last gelegten Raubdelikten.
Der Weg in den Untergrund
Bereits früh in ihrem Leben soll die heute 66-jährige Klette politisch aktiv gewesen sein und sich in verschiedenen linksextremistischen Gruppen engagiert haben. Ende der 70er-Jahre trat sie der linken Organisation Rote Hilfe Wiesbaden bei, die sich nach eigenen Angaben der Unterstützung politisch Verfolgter widmete.
Dort lernte sie Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld kennen, zentrale Figuren der RAF in den 1980er-Jahren. Auch Klette soll sich in dieser Zeit der RAF angeschlossen haben. Am Tatort gefundene DNA-Spuren lassen auf eine Beteiligung Klettes an einer Anschlagserie der RAF schließen - Anschlag auf die US-Botschaft 1991 und die JVA Weiterstadt 1993. Um die geht es aber in dem Auftaktverfahren am 25. März nicht. Mit Auflösung der RAF tauchte Klette ab - 35 Jahre lang.
...war eine linksradikale Terrorgruppe, die von 1970 bis in die 1990er Jahre aktiv war. Gegründet wurden sie von Vertretern der ersten Generation der RAF, dazu zählten Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof. Die Gruppe verübte Attentate auf hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, wobei zahlreiche Menschen getötet und viele weitere verletzt wurden. Man geht von drei Generationen der Terrorgruppe aus. Insgesamt werden der Gruppe mehr als 30 Morde und rund 200 oftmals Schwerverletzte zugerechnet. Zu ihren Taten zählen die Entführung und Ermordung von Arbeitgeber-Präsident Hanns Martin Schleyer, die Ermordung von Genmeralbundesanwalt Siegfried Buback, die Entführung des Lufthansa-Jets "Landshut" nach Mogadischu und die Morde an Deutsche-Bank-Vorstandssprecher Alfred Herrhausen und dem Vorsitzenden der Treuhand, Karsten Rohwedder. Die Zeit von September und Oktober 1977, die geprägt war von RAF-Anschlägen, wird als "deutscher Herbst" bezeichnet. 1998 erklärte die Gruppe schließlich ihre Auflösung.
Bis sie Ende Februar 2024 in ihrer Wohnung im fünften Stock eines Mehrfamilienhauses im Berliner Stadtteil Kreuzberg festgenommen wurde. Dort wurden laut Polizei neben scharfer Munition und Waffen auch Perücken, Sturmhauben, gefälschte Ausweisdokumente, Gold und Bargeld in Höhe von 240.000 Euro sichergestellt.
Raubüberfall, Erpressung, Waffenbesitz
Schon lange ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden gegen Klette und ihre mutmaßlichen Komplizen. Die Vorwürfe wiegen schwer. Gemeinsam sollen sie zwischen 1999 und 2016 über ein Dutzend Raubüberfälle auf Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachen, NRW und Schleswig-Holstein begangen haben. Auch erpresserischer Menschenraub, räuberische Erpressung und illegaler Waffenbesitz werden Klette vorgeworfen.
Sie soll bei den Taten unter anderem mit einer Panzerfaustattrappe gedroht und das Fluchtfahrzeug gefahren haben. Der Schaden wird auf mehr als 2,7 Millionen Euro geschätzt. Da 2015 bei einem Überfall auf einen Geldtransporter bei Stuhr (Landkreis Diepholz) Schüsse fielen, hat die Staatsanwaltschaft zudem Anklage wegen versuchten Mordes erhoben. Diesen Vorwurf weist Klette zurück. Sie spricht von einer staatlichen "Denunziation" und "Medienhetze".
Der Fall Klette: Prozessauftakt
Die zu verhandelnden Taten am LG Verden haben keinen terroristischen Hintergrund, sie dienten "nur" dazu, Klettes Leben zu finanzieren. Gegen Klette, Staub und Garweg bestehen aber weiterhin Haftbefehle wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen. Das Verfahren hierzu wird von der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe geführt und ist vom aktuellen Prozess vor dem LG Verden getrennt. Eine weitere Anklage in diesem Zusammenhang wird erwartet.
Quelle: dpa
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