Fälle in Italien: Wie das Dengue-Fieber nach Europa kommt
FAQ
Mehrere Infizierte in Italien:Wie das Dengue-Fieber nach Europa kommt
von Maria Leidinger
|
Wegen Dengue-Fieber-Fällen in Italien hat das Auswärtige Amt seine Reisehinweise angepasst. Warum es die Tropenkrankheit nun auch in Europa gibt und was das für uns bedeutet.
Die Gelbfiebermücke kann Krankheiten wie das Dengue-Fieber übertragen. (Archivbild)
Quelle: Reuters
Erst vor Kurzem hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) davor gewarnt, dass sich neue Infektionskrankheiten durch den Klimawandel in Europa ausbreiten könnten. In Italien gibt es nun einige Fälle des tropischen Dengue-Fiebers. Seit August sollen sich sechs Personen infiziert haben - obwohl sie zuvor nicht verreist waren. Breitet sich die Tropenkrankheit in Europa aus oder bleibt es bei Einzelfällen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Dengue-Fieber: Das weiß man über die Fälle in Italien
Laut der europäischen Seuchenbehörde ECDC haben sich seit Anfang August fünf Menschen in der italienischen Region Lombardei und eine Person in der Region Latium mit dem Dengue-Virus infiziert. Die Behörde spricht deshalb in ihrem Bericht über ein "Lombardei-Cluster".
Keiner der Infizierten soll zuvor verreist sein, die Krankheit sei "lokal erworben" worden. Das bedeutet, die Infektionen fanden in Italien statt. Auch ein Zusammenhang zwischen den Fällen in den unterschiedlichen Regionen bestünde nicht, heißt es.
Der Erreger des Dengue-Fiebers wird durch bestimmte Stechmücken übertragen:
Das Dengue-Fieber ist eine Virusinfektion, die von tagaktiven Stechmücken der Gattung Aedes übertragen wird. Dazu zählen die Gelbfiebermücke oder auch die Asiatische Tigermücke. Diese Mücken leben vorwiegend in Städten. Besonders in der Regenzeit kann es dort zu Ausbrüchen des Dengue-Fiebers kommen.
Vom Mückenstich bis zum Erkrankungsbeginn dauert es meist drei bis zehn Tage. In der Regel heilt das Dengue-Fieber folgenlos aus. Gegen den verursachten Dengue-Virus-Subtyp ist man danach lebenslang immun. Nicht jedoch gegen die anderen drei Subtypen. Eine neue Infektion ist daher möglich.
Quelle: RKI, Auswärtiges Amt
Die meisten mit Dengue-Fieber infizierten Menschen haben keine Symptome oder entwickeln nur eine milde fieberhafte Erkrankung. Die Genesung kann sich jedoch über Tage und Wochen hinziehen, begleitet von Schwäche und Müdigkeit. Typische Symptome:
hohes Fieber (40°C)
starke Kopfschmerzen
Schmerzen hinter den Augen
Muskel- und Gelenkschmerzen
Brechreiz und Erbrechen
geschwollene Drüsen
Hautausschlag
Bei einem kleinen Teil der Infizierten kann es zu einer schweren Verlaufsform kommen, auch wenn die Krankheit zunächst klassisch verläuft. Bei ihnen tritt nach etwa fünf Tagen eine dramatische Verschlechterung ein. Die Symptome reichen dann von starken Bauchschmerzen zu anhaltendem teils blutigem Erbrechen bis hin zu einer schnelleren Atmung oder blutenden Schleimhäuten. Im Extremfall kann es zu einem lebensbedrohlichen Schock kommen.
Zumeist reagieren erkranke einheimische Kinder auf das Dengue-Fieber mit gefährlichen Verläufen, aber auch Reisende können betroffen sein.
Quelle: RKI, Auswärtiges Amt, WHO
Welche Maßnahmen werden in Italien ergriffen?
Wie das ECDC berichtet, wird in den betroffenen italienischen Regionen nun verstärkt auf neue Infektionen geachtet, da diese nicht auszuschließen seien. Die italienischen Behörden hätten zudem weitere Maßnahmen ergriffen, wie beispielsweise eine "Vektorkontrolle" betroffener Bereiche oder die Überprüfung von Blut- und Organspenden. Wie italienische Medien berichten, werden in bestimmten Bereichen zudem Insektizide versprüht, da der Erreger durch Stechmücken übertragen wird.
Die asiatische Tigermücke stammt ursprünglich aus Südostasien und ist auch schon in Deutschland angekommen.03.07.2023 | 3:46 min
Gibt es Fälle von Dengue-Fieber auch in anderen Regionen Europas?
Tatsächlich gab es laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits lokale Ansteckungen mit dem tropischen Dengue-Virus in rund zwei Dutzend europäischen Ländern, darunter Spanien, Kroatien und Frankreich. Und auch auf der portugiesischen Insel Madeira wurden Menschen mit Dengue-Fieber infiziert.
Quelle: ZDF
Die Infektion mit dem Dengue-Virus kam bisher vorrangig in den Tropen und Subtropen aller Kontinente vor. Insgesamt sind rund drei Milliarden Menschen betroffen, die in sogenannten Dengue-Risikogebieten leben. Die Grafik zeigt alle gemeldeten Dengue-Fälle zwischen Mai bis Juli 2023, also noch vor Infektionsfällen in Italien im August.
Schätzungen zufolge infizieren sich weltweit jährlich circa 400 Millionen mit dem Virus. Davon haben ungefähr 25 Prozent klinische Symptome.
Die Grafik visualisiert Daten der europäischen Seuchenbehörde ECC. Wie die Behörde mitteilt, wurden bis zum 23. August über 3,7 Millionen Infektionsfälle und über 2.000 Dengue-bedingte Todesfälle aus 70 Ländern bzw. Gebieten weltweit gemeldet.
Quelle: RKI, Auswärtiges Amt, ECDC
Fälle des Dengue-Virus in Deutschland
Auch in Deutschland gab es schon Dengue-Fälle - allerdings bei Reiserückkehrern. Laut Robert-Koch-Institut sind noch keine autochthonen Übertragungen bekannt - also Infektionen, die vor Ort übertragen wurden und nicht durch eine Reise aufgetreten sind.
Die Infos auf Instagram zusammengefasst
Ein Klick für den Datenschutz
Erst wenn Sie hier klicken, werden Bilder und andere Daten von Instagram nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Instagram übertragen. Über den Datenschutz dieses Social Media-Anbieters können Sie sich auf der Seite von Instagram informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Das bestätigt auch der Arzt und Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin: "Die meisten Dengue-Fälle gibt es immer noch durch Reiserückkehrer".
In der Regel werden bei einer Dengue-Infektion lediglich Symptome behandelt, eine spezifische Therapie existiert nicht. Die WHO empfiehlt zur Behandlung der Schmerzen Paracetamol. Ibuprofen oder Aspririn sollten vermieden werden, da diese das Blutungsrisiko erhöhen.
Quelle: RKI, Auswärtiges Amt, dpa, WHO
Der beste Schutz sind Maßnahmen gegen Mückenstiche und Mückenvorkommen:
Mückengitter an den Fenstern und Moskitonetze über den Betten
Lange Kleidung und Mückenschutzmittel für den Körper und die Kleidung
Versprühen von Insektiziden
Stehende Wasserstellen beseitigen, um Mücken die Brutplätze zu nehmen
Dengvaxia: Für Menschen zwischen 9 und 45 Jahren, die bereits einmal mit Dengue-Fieber infiziert waren oder in einem Risikogebiet leben.
Qdenga: Für alle Menschen ab dem vierten Lebensjahr.
Quelle: RKI, Auswärtiges Amt
Gibt es Dengue-übertragende Mücken also in Europa?
"Die Tigermücke verbreitet sich durch den Reise- und Warenverkehr, durch die Globalisierung", erklärt Schmidt-Chanasit. "Die Stechmücke kann zum Beispiel im Innenraum eines Flugzeugs nach Europa gelangen." Seit einiger Zeit breitet sie sich auch in Deutschland aus.
Und auch am Oberrhein wurden Populationen entdeckt, wie die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) in Speyer im letzten November vermeldete.
In Italien mehren sich Fälle des Dengue-Fiebers, was durch Tigermücken übertragen wird. Wie hoch ist das Risiko einer Ansteckung und wann sollte man zum Arzt gehen? Arzt und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht im Gespräch.13.09.2023 | 6:43 min
Welche Rolle spielt der Klimawandel?
Die EU-Seuchenkontrollbehörde ECDC warnt angesichts des Klimawandels vor einer zunehmenden Gefahr von durch Mücken übertragenen Krankheiten wie dem Dengue-Fieber. Durch Hitzewellen und Überschwemmungen sowie längere Sommer fänden invasive Stechmückenarten wie die Asiatische Tigermücke und die Gelbfiebermücke gute Lebensbedingungen vor, heißt es.
Zudem drohen die Tiere in mehreren Regionen Südeuropas ganzjährig zu brüten - was das Potenzial der Ausbreitung von Krankheiten noch vergrößern würde. In Mittelitalien soll die Tigermücke, so berichtet es ein Forscherteam in der Fachzeitschrift "Royal Society Open Science", noch im Winter Eier abgelegt haben.
Da die Tigermücke auch in diesem Jahr wieder in einer Berliner Kleingartenanlage nachgewiesen wurde, kommt auch die Senatsverwaltung für Gesundheit zu dem Schluss: "Eine erfolgreiche Überwinterung ist damit belegt und eine dauerhafte Ansiedlung zu befürchten."
Wird sich das Dengue-Virus weiter in Europa ausbreiten?
Bereits im Juni berichtete das ECDC: Vor zehn Jahren seien nur 114 Regionen in Europa von der Tigermücke betroffen gewesen, in diesem Jahr seien es schon 337 Regionen. Nach den Dengue-Fieber-Fällen in Italien heißt es nun im aktuellen Bericht:
Für eine Verbreitung des Dengue-Fiebers müssten sich allerdings erst mal weitere Asiatische Tigermücken mit dem Virus infizieren, erklärt Christina Frank, Epidemiologin des Robert-Koch-Instituts. Sie sagt aber auch: "Durch den Boom bei Fernreisen kommt das gar nicht so selten vor."
"Dann kann diese Mücke bei der nächsten Blutmahlzeit einen Menschen in Deutschland infizieren - das wäre dann eine autochthone Übertragung."
Fazit: Europa muss mit wenigen Dengue-Fieber-Fällen rechnen
Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit ist durch die Fälle des Dengue-Fiebers am Gardasee trotzdem nicht beunruhigt: "Das ist nichts Neues, das ist nichts Überraschendes."
Die Zahl der Infizierten werde in Deutschland trotz Ausbreitung der Tigermücke erst mal gering bleiben, sodass man sich keine Sorgen machen müsste, sagt er.
"Die Tigermücke kann potenziell Viren übertragen", so Virologe Jonas Schmidt-Chanasit. Grund zur Panik gebe es aber nicht.19.05.2023 | 4:31 min
Zwar sei damit zu rechnen, dass es in Europa auch in Zukunft durch Reiserückkehrer oder durch infizierte Mücken zu wenigen Fällen des Dengue-Fiebers kommen werde. "Damit sich das Virus in der Stechmücke gut vermehren und dann übertragen werden kann, muss es über eine längere Zeit höhere Temperaturen geben - und die gibt es bei uns bisher nur im Sommer", erklärt Schmidt-Chanasit.
Die Asiatische Tigermücke breitet sich zunehmend in Deutschland aus. Die schwarz-weißen Stechmücken sind am Tag aktiv - und können ernstzunehmende Viren übertragen.