BGH-Urteil zu Hecken: Kein allgemeines Höhenlimit

    Urteil des Bundesgerichtshofs:Kein allgemeines Höhenlimit für Hecken

    von Sibylla Elsing
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    Eine Frau ließ ihren Bambus auf sechs Meter wachsen - ihr Nachbar klagte daraufhin durch alle Instanzen. Nun entschied der BGH: Es gibt keine allgemeine Höhenbegrenzung für Hecken.

    Junger Mann schneidet eine Hecke in seinem Garten
    Eine Hecke darf mit dem nötigen Abstand zum Nachbargrundstück beliebig hoch sein, hat der BGH entschieden.
    Quelle: Photocase

    Es gibt viele Gründe, die zu Streit mit dem Nachbarn führen können. Ein Konflikt über eine Bambushecke gelangte nun sogar vor den Bundesgerichtshof, Deutschlands höchstem Zivilgericht. 2018 pflanzte eine Frau an der Grenze ihres Grundstücks in Hessen Bambus. Inzwischen ist dieser zu einer über sechs Meter hohen Hecke herangewachsen. Ihr Nachbar empfand dies als Beeinträchtigung und klagte. Er forderte einen Rückschnitt des Bambus auf drei Meter.
    Jetzt hat der BGH entschieden, den Fall ans Oberlandesgericht Frankfurt zurückzugeben und gleichzeitig festgestellt: Eine Hecke darf mit dem nötigen Abstand zum Nachbargrundstück beliebig hoch sein - Grenzen können nur das Nachbarschaftsrecht der Länder vorsehen.
    Ein Mosaik aus krummen und geraden Knicken zwischen Äckern und Grünland unten mit frisch geschnittenem Gras, Luftbild
    Hecken sind wahre Alleskönner. Sie bieten der Natur Lebensraum, schützen das Klima und stellen eine nutzbare Ressource dar. Gegen Klimawandel und Artensterben eine geeignete Hilfe.20.11.2023 | 6:42 min

    Was ist eine Hecke?

    Neben der Forderung des Rückschnitts ging es in Karlsruhe auch um die Frage, was als Hecke definiert werden kann, und ob ein Bambus die rechtlichen Erfordernisse überhaupt erfüllt. Die Anwälte der Parteien hatten hierzu unterschiedliche Auffassungen.
    Die Klägerseite argumentierte, dass eine Hecke gepflegt und regelmäßig geschnitten werden müsse. Überschreite sie eine bestimmte Höhe, könne sie nicht mehr als Hecke gelten. Die Gegenseite hingegen betonte, dass nicht die Höhe, sondern die ökologischen und gartenbaulichen Vorteile entscheidend seien und eine Hecke ein "lebendiges Element der Gartenbaukunst" darstelle.

    Bambus wächst schnell und wird daher oft als Hecke oder Sichtschutz genutzt. Obwohl er botanisch zu den Gräsern zählt, wird er rechtlich in vielen Landesnachbarrechtsgesetzen als Gehölz betrachtet, weil seine oberirdischen Sprossteile verholzen.

    Die Vorschriften zu Hecken variieren je nach Bundesland. In Baden-Württemberg beispielsweise dürfen Hecken maximal 1,80 Meter hoch werden. Zudem gelten Jahreszeiten abhängige Einschränkungen für den Schnitt. Der Rückschnittanspruch des Nachbarn verjährt dort nicht. In Bayern besteht kein Rückschnittanspruch, sondern nur das Recht, zu nah gewachsene Pflanzen zu entfernen.

    Ein Beschluss des BGH aus dem Jahr 2011 besagt, dass der Nachbar in vielen Fällen ein zweimaliges Zurückschneiden auf zwei Meter im Jahr verlangen kann, wobei es aber auch Ausnahmen, wie in Baden-Württemberg oder Sachsen, gibt. In den meisten Nachbarrechtsgesetzen verjährt der Rückschnittanspruch nach fünf Jahren unkontrollierten Wachstums.

    Konflikt durch alle Instanzen

    Im August 2023 hatte das Oberlandesgericht Frankfurt die Klage des Nachbarn abgewiesen, da die Beklagte den im hessischen Nachbarrecht vorgeschriebenen Abstand von 0,75 Metern für Hecken über zwei Metern Höhe eingehalten hatte. Auch hätten keine "ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigungen" vorgelegen, die die Ansprüche des Nachbarn hätten rechtfertigen können.
    Das Gericht entschied, dass der Bambus trotz seiner Höhe als Hecke gilt, da der Begriff "Hecke" nicht durch die Höhe, sondern durch die Art der Bepflanzung bestimmt würde. Ein Anspruch auf Rückschnitt der Pflanze konnte aus Sicht der Frankfurter Richterinnen und Richter nicht aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis abgeleitet werden.

    Es zählt der "geschlossene Eindruck"

    Das BGH hat das Berufungsurteil nun wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben, da Zweifel bestehen, ob der Bambus überhaupt den vorgeschriebenen Grenzabstand von 0,75 Metern einhält. Dann hätte der Kläger ohnehin Anspruch auf Rückschnitt.
    Dass es sich bei Bambus um eine Hecke handelt, wurde nicht in Frage gestellt, da es aus Sicht des BGH nicht auf die botanische Zuordnung ankommt, sondern nur darauf, ob die Anpflanzung einen einheitlich geschlossenen Eindruck und "eine Höhen- und Sichtbegrenzung" vermittelt.
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    Zudem wurde festgelegt, dass es keine von den konkreten Regelungen der jeweiligen Landesnachbargesetzen unabhängige Höhenbegrenzung für Hecken gibt. Da die Grundstücke der Parteien nicht auf gleicher Höhe liegen, ist auch geklärt worden, dass, sollte ein Rückschnitt erforderlich sein, die Stelle als Grundlage der Messung gilt, an der die Pflanzen aus dem Boden treten.
    Der BGH wies den Fall zurück an das OLG Frankfurt am Main, dass nun nochmal neu verhandeln wird.

    Streitfaktor Gartenbepflanzungen

    Überhaupt sind Streitigkeiten über Gartenbepflanzungen vor dem BGH keine Seltenheit. 2021 verhandelte man dort über eine 40 Jahre alte Schwarzkiefer in Berlin, deren Krone über Jahre in den Garten des Nachbarn ragte. Ein anderes Mal forderte ein Nachbar in Baden-Württemberg das Fällen oder Kürzen von Zypressen nahe seiner Grundstücksgrenze und bekam Recht.
    2015 entschied der BGH zugunsten der Stadt Bielefeld, als ein älteres Ehepaar versuchte, 25 Meter hohe Eschen zu fällen, da diese ihnen Licht und Sonne nehmen würden. Der Senat stellte klar, dass solche "negativen Emissionen" - wie der Verlust von Licht durch Bäume - toleriert werden müssen, solange sie nicht unzumutbar sind.

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