1 (-) Ein Wort hat derzeit Konjunktur: Hegemonie. Seit der griechischen Antike bezeichnet es Beziehungen zwischen Staaten oder Klassen, die von einer Mischung aus Freiwilligkeit und Zwang geprägt sind. Indem der Historiker Perry Anderson die Geschichte des Konzepts in verschiedenen Kulturen nachzeichnet, offenbart er zugleich, dass der Begriff ein politisches Barometer für sich wandelnde Machtverhältnisse ist. 73 Punkte
2 (5) Als die US-Großbank Lehman Brothers 2008 zusammenbrach, war dies der Tiefpunkt der Finanzkrise. Und obwohl der totale Kollaps verhindert wurde, ist die Krise noch lange nicht Geschichte. Der britische Historiker Adam Tooze zeigt: Nicht nur die Stabilität Europas ist ins Wanken geraten, erschüttert wurde auch das Vertrauen in die Kraft der Globalisierung – so trug die Krise zum Aufstieg der Populisten bei. 63 Punkte
3 (4) Geschichtstourismus liegt im Trend. Aber warum eigentlich? Was suchen wir im "Retroland"? Historische Altstädte, Kolonialidyllen und urtümliche Alpendörfer: Wir reisen an Orte, an denen die Zeit vermeintlich stehengeblieben ist. Der Historiker Valentin Groebner erzählt von den Hotspots des Geschichtstourismus und der falschen Hoffnung, dort das Paradies zu finden. 56 Punkte
4 (7) Im Zuge des technischen Fortschritts sind zahlreiche Arbeitsplätze durch Maschinen ersetzt worden. Trotzdem ist die durchschnittliche Arbeitszeit nicht etwa gesunken, sondern auf durchschnittlich 41,5 Wochenstunden gestiegen. Wie konnte es dazu kommen? David Graeber zeigt, warum immer mehr überflüssige Jobs entstehen und welche verheerenden Konsequenzen dies für unsere Gesellschaft hat. 55 Punkte
5 (-) Bienen, Wespen und Ameisen: Wir preisen ihren Nutzen. Und doch haben wir Angst vor ihnen – und vor ihrem schmerzhaften Stich. Doch der Stachel ist die wichtigste Erfindung dieser Insektengruppe. Ohls Buch lässt sich auf die widersprüchlichen Seiten der Insekten ein. Es erzählt, wie und warum der Stachel eingesetzt wird, welche Rolle der Schmerz spielt – und was wir Menschen aus dem Verhalten der Tiere lernen können. 48 Punkte
6 (-) Martin Amis porträtiert mit großer Offenheit Salman Rushdie, Madonna, Donald Trump oder John Lennon. Er begleitet Tony Blair zu Angela Merkel, bezeugt das gleichzeitige Heranströmen von Oktoberfestbesuchern und Flüchtlingen in München. Jeder Satz schnappt mit frischer Genauigkeit zu. Der Autor hat die einzigartige Fähigkeit, den Leser mitzunehmen, als wären seine Essays kleine Abenteuer. 41 Punkte
7 (-) Wir leben in einem Zeitalter der Beliebigkeit und Selbstsucht. Alles ist erlaubt, jeder will sich selbst optimieren. So wird übertrumpft, gedrängelt, gepöbelt. Doch auf diese Weise wird unser Zusammenleben höchst unangenehm. Alexander von Schönburg plädiert für mehr Anstand, für ritterliche Werte und Tugenden, die lange altmodisch erschienen und wiederbelebt werden müssten. Ein gewitztes Plädoyer. 35 Punkte
8 (-) "alles, was bleibt" ist eine unsentimentale und doch berührende Annäherung an den Tod. Die weltweit führende forensische Anthropologin und Anatomin Sue Black zieht hier das Fazit ihrer bahnbrechenden Karriere. Sie setzt sich mit den Spielarten des Todes, ihren Ängsten, dem Sterben ihrer Eltern und ihrer eigenen Sterblichkeit auseinander und plädiert für einen anderen Umgang unserer Gesellschaft mit dem Tod. 27 Punkte
9 (-) "Wir" zu sagen, ein "Wir" zu bilden, ist die politische Handlung schlechthin. Wie aber konstituiert sich ein politisches Subjekt? Wie funktioniert Identitätsbildung? Und wie hat sie sich historisch in den letzten zwei Jahrhunderten entwickelt? Das sind die Fragen, denen der französische Philosoph Tristan Garcia in seinem neuen Buch nachgeht. Eine fulminante Analyse der Identitätspolitik. 25 Punkte
9 (-) Der Historiker Yuval Noah Harari konfrontiert uns mit den wichtigsten Debatten dieser Zeit: Wie unterscheiden wir Wahrheit und Fiktion? Was sollen wir unseren Kindern beibringen? Wie können wir in unserer unübersichtlichen Welt moralisch handeln? Wie bewahren wir Freiheit und Gleichheit? Dieses Buch stellt die relevantesten Fragen – und will dabei die Antworten nicht den Märkten überlassen. 25 Punkte
9 (8) Kaum etwas interessiert Physiker so sehr wie der Begriff der Zeit. Seit Einstein sie mit der Raumzeit zusammengepackt und der Gravitation unterworfen hat, wird sie von Wissenschaftlern umrätselt. Zwar kommen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft heute in den großen Theorien nicht mehr vor. Aber geht es wirklich ganz ohne die Zeit? Darum dreht sich das Buch des Ausnahme-Physikers Carlo Rovelli. 25 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (DIE ZEIT), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Inge Kutter (DIE ZEIT), Hannah Lühmann (DIE WELT), Ijoma Mangold (DIE ZEIT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Christoph Möllers (HU Berlin), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Bettina von Pfeil (ZDF), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT), Julia Voss (Leuphana-Uni Lüneburg)