1. (-) Otto Wagener, Berater Hitlers, sagte einmal: „Sie wollen Geld verdienen, dreckiges Geld – dabei wissen sie nicht einmal, dass sie einem teuflischen Phantom nachjagen.“ Gemeint sind Unternehmer-Clans wie die Quandts, Porsche-Piëchs und Flicks. Detailliert zeigt Bloomberg-Reporter De Jong, wie sie von Rüstungsaufträgen und Zwangsarbeit profitierten. Aufarbeitung: habe nie stattgefunden. 78 Punkte
2. (-) Warum ist der Wohlstand auf Erden so ungleich verteilt? Um diese Frage zu beantworten, wagt sich der israelische Ökonom Oded Galor an die große Geschichtsphilosophie. Er zeigt: Es sind jahrtausendealte Prägungen, die die heutige Ungleichheit bedingen. Eine Universaltheorie, die anders als bei Hegel, Spengler und Marx nie den Boden evidenzbasierter Wissenschaft verlässt. 48 Punkte
3. (-) Grauer Himmel, grauer Beton: der Ruf der Farbe Grau ist kein guter. Für Paul Cézanne ist sie dagegen Reifeprüfung eines jeden Malers. Peter Sloterdijk hat sich zur Aufgabe gemacht, „grau zu denken“ – um so zum kompletten Philosophen aufzusteigen. Denn schon Hegel und Nietzsche erkannten den Wert der Farbe. Für Sloterdijk ist sie „der maßgebliche Farbwert der Gegenwart“. 37 Punkte
4. (1) Die Geisteswissenschaften beschäftigen sich mit menschlichem Handeln – der Klimawandel wiederum ist Folge menschlichen Handelns. In Gesellschaftstheorien wurde er dennoch lange ausgeblendet. Nun, im Angesicht der Katastrophe, müsse neu gedacht werden, schreibt der Historiker Dipesh Chakrabarty. Seine Geschichtsphilosophie nimmt den Menschen aus „planetarischer“ Perspektive in den Blick. 36 Punkte
5. (3) „Ich habe mich nie gefragt, was Freiheit bedeutet, nicht bis zu dem Tag, als ich Stalin umarmte.“ So beginnt die Politologin Lea Ypi ihr Memoir. Sie ist elf, als das Regime in ihrer Heimat Albanien gestürzt wird. Im „Freiluftgefängnis“ unter Hoxha fühlt sie sich behütet, die Wende bringt Arbeitslosigkeit, macht dunkle Familiengeheimnisse sichtbar. Die kleine Lea fragt sich: Freiheit? Was ist das? 30 Punkte
5. (-) Die Superheldenwelt ist männerdominiert. Eine Ausnahme: Wonder Woman. Doch ist die Zeustochter nicht nur wegen ihrer Existenz eine Pionierin des Feminismus – das zeigt die US-Historikerin Jill Lepore. Wonder Womans Schöpfer schuf sie nach Vorbild seiner beiden willensstarken Geliebten. Eine akribische Recherche, die die enge Beziehung zwischen Comic-Abenteuern und Frauenrechtsbewegung belegt. 30 Punkte
5. (-) Der Lauf der Zivilisation wird von Flüssen bestimmt: Auf ihnen wurden Grenzen überschritten, Handel getrieben, an den Ufern wuchsen Metropolen. In Zeiten des Klimawandels kommt den Flüssen nun eine schicksalhafte Bedeutung zu: Denn wo sie Leben spenden, sind sie auch imstande, solches zu nehmen. Ein umfassender Blick auf die Urgewalt des fließenden Wassers. 30 Punkte
8. (9) Keine Boomer mehr, aber noch keine Millenials: Die Schriftstellerin Nora Bossong beschreibt den Seelenzustand ihrer Generation, der heute 40-Jährigen. Aufgewachsen mit der Gewissheit, dass alles gut wird, sehen sie sich nun mit einer Kaskade an Krisen konfrontiert. Die „Geschmeidigen“ sind leise und konsensorientiert – aber vielleicht gerade deshalb die besseren Krisenmanager? 29 Punkte
9. (-) Merkel, Altmaier, Kramp-Karrenbauer – mit dem Ende der Legislaturperiode tritt eine ganze Politikergeneration ab. Auf Babyboomer folgt Generation X: scheinbar ideologiefrei, digital versiert, mit einer Vorliebe für weiße Sneakers – und offen für unkonventionelle Allianzen. Die ZEIT-Journalistin Anna Sauerbrey fragt sich: Was bedeutet das für die Demokratie? 28 Punkte
10. (5) Kalendersprüche, Ratgeber, Life-Coaches: alle fordern uns auf, positiv zu denken, Niederlagen zu Chancen umzudeuten. Damit muss Schluss sein, schreibt die Journalistin Juliane Marie Schreiber. Politische Probleme werden so individualisiert, Veränderung unmöglich gemacht. Wut dagegen sei der Motor des Fortschritts. Denn: Wäre die Französische Revolution mit Hygge und Glückstee denkbar gewesen? 26 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Marlen Hobrack (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (ZEIT-Stiftung), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Inge Kutter (DIE ZEIT), Hannah Lühmann (DIE WELT), Ijoma Mangold (DIE ZEIT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Peter Neumann (DIE ZEIT), Catherine Newmark (Deutschlandfund Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Bettina von Pfeil (ZDF), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)