TOP TEN Dezember 2024
1. (-) Vom letzten Aufgebot des NS-Regimes bis zum neuen Alltag in einem zerstörten Land: Der Filmregisseur Volker Heise rekonstruiert das Jahr 1945 anhand von Tagebüchern, Briefen und anderen historischen Dokumenten. Eine nie dagewesene Chronik der Schicksalsmonate von Silvester bis Silvester, spannend wie ein Krimi. 76 Punkte
2. (1) 1929 stirbt der erfolgreiche Außenminister Gustav Stresemann. Damit beginnt eine Zeit der Ratlosigkeit, in der die Demokraten den Aufstieg der Nazis mitverfolgen müssen. Der Journalist Jens Bisky stellt die Frage nach Handlungsoptionen auf dem Weg in den Faschismus. Ein Panorama deutscher Schicksalsjahre, mit erschreckenden Parallelen zur Gegenwart. 62 Punkte
3. (-) Mehr als hundert Interviews hat Adolf Hitler ausländischen Medien gegeben. Meist profitierten beide Seiten: Für Reporter waren sie begehrte Trophäen, für Hitler Gelegenheiten zur Inszenierung. Der kürzlich verstorbene Journalist Lutz Hachmeister hat die Interviews auf die dahinterliegende Medienstrategie Hitlers analysiert. Über die Komplizenschaft zwischen Propaganda und Journalismus. 55 Punkte
4. (3) Gletscher schmelzen, Arbeitswelten verschwinden, Ordnungen zerfallen – das Gefühl von Verlust ist allgegenwärtig. Was macht das mit den Menschen? Der Gegenwarts-Erklärer Andreas Reckwitz legt die erste umfassende Analyse dieser existenziellen Erfahrung vor – und zeigt auf, wie sich Verlust und Fortschritt miteinander versöhnen lassen. 48 Punkte
5. (-) Der Dramatiker Botho Strauß gilt als radikaler Gegenwartskritiker, als Verteidiger der „alten Welt“. Die Öffentlichkeit meidet er, gibt keine Interviews. Der Literaturwissenschaftler Philipp Theisohn hat sich Strauß‘ Denken in einem Gesprächsband genähert. Ein persönlicher Essay, der Perspektiven eröffnet, die auch für das Heute relevant sind. 46 Punkte
6. (-) Als Jude wurde der Journalist József Debreczeni 1944 nach Auschwitz deportiert. Seinen Alltag der folgenden zwölf Monate schrieb er nieder, detailliert und mit beißendem Humor. Ein Zeugnis großer Menschlichkeit inmitten von Schrecken und Entmenschlichung – 70 Jahre nach Erstveröffentlichung erstmals auf Deutsch. 36 Punkte
7. (6) Gefühle sind keine Privatsache – denn sie haben mehr mit der Gesellschaft zu tun als mit uns selbst. Medien, Politik und das Berufsleben triggern Angst, Enttäuschung, Wut, Scham und Liebe. Die Soziologin Eva Illouz erkundet den Gefühlshaushalt des modernen Menschen, indem sie Kulturprodukte von Proust bis Netflix analysiert. Originell und augenöffnend. 35 Punkte
8. (5) Früher wollten die anderen Kinder nicht mit dem "Ausländerkind“ spielen. Heute fragt sich der Historiker Mohammad Sarhangi, welche Erfahrungen und Gefühle Migranten wie ihn seit Generationen verbindet. Er stößt auf Scham der Ausgrenzung, Angst vor Abschiebung – aber auch Sehnsucht nach Geborgenheit. Eine Mischung aus persönlichem Essay, Zeitzeugengesprächen und Appell an die Menschlichkeit. 35 Punkte
9. (-) Prominente, die zum 75. Geburtstag eine "Liebeserklärung“ an das Grundgesetz schreiben – ein Beispiel von vielen, wie Verfassungen Gefühle entfachen. Die Historikerin Ute Frevert hat die historischen Verfassungsgefühle der Deutschen analysiert, ausgehend von der Reichsverfassung 1848/49. Ob Ignoranz, Akzeptanz oder Liebe – Frevert zeigt: Wie wir fühlen, entscheidet über die Wirksamkeit. 28 Punkte
10. (-) Kurz nach dem Giftanschlag im Jahr 2020 begann der russische Oppositionelle Alexej Nawalny, an seinen Memoiren zu schreiben. Nun erscheinen sie posthum: über Nawalnys Jugend, sein Werdegang zum Aktivisten, die gegen ihn gerichteten Kampagnen und Anschläge – bis zu den letzten Jahren in Gefangenschaft. Ein Abschiedsbrief, der plädiert, den Widerstand nicht aufzugeben. 28 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Maja Beckers (DIE ZEIT) Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Anja Fix (3sat), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (ZEIT-Stiftung), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Hannah Lühmann (DIE WELT), Tania Martini, Susanne Mayer (DIE ZEIT), Peter Neumann (DIE ZEIT), Catherine Newmark (Deutschlandfunk Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Katharina Schmitz (der Freitag), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)