„Das „sportstudio" als ZDF-Sportmarke insgesamt auf- und auszubauen ist eine gute Idee“, sagt ZDF-Fernsehrat Kerim Ocakdan. Der Vertreter aus dem Bereich "Muslime" aus dem Bundesland Niedersachsen hat eine klare Meinung zu den hohen Summen, die für Fußball-Rechte aufgerufen werden.
#Fernsehrat: Die Olympischen Spiele, die Paralympics und die Fußball-EM wurden maßgeblich aus dem National Broadcast Center (NBC) in Mainz begleitet. Wie hat sich das NBC aus Ihrer Sicht bewährt?
Kerim Ocakdan: Das NBC war ein Modellprojekt für Konzentration, Kompetenzbündelung und Ressourcenschonung bei der Produktion der Sport-Großereignisse. Der Fernsehrat hat mit Spannung die Entwicklung verfolgt, denn bei Gelingen könnte das ein gutes Beispiel für andere Produktionen des ZDF sein (sowohl in der gesellschaftlichen und politischen Berichterstattung als auch bei den fiktionalen Angeboten). Nach den bisher vorliegenden Berichten ist das Projekt außerordentlich gut gelungen und hat seine zusätzliche Bedeutung in Zeiten der durch die Pandemie auferlegten Beschränkungen erfahren. Ich fand den Weg von Beginn an gut und empfehle eine Fortsetzung und einen Ausbau.
#Fernsehrat: In Deutschland ist Sport-Berichterstattung – abgesehen von Großereignissen wie Olympia oder den Paralympics - oft sehr auf Fußball fokussiert. Wie bewerten Sie die Berichterstattung über andere Sportarten beim ZDF?
Ocakdan: Fußball dominiert tatsächlich die Sportberichterstattung, aber auch das könnte sich ändern. Denn die Vermarktung des nationalen und des internationalen Spitzenfußballs ist einfach unanständig teuer, so dass die öffentlich-rechtlichen Sender zunehmend aus dem Rennen um die Rechte geraten. Wir haben den Verantwortlichen des ZDF den Rücken gestärkt, um noch zu einigermaßen erträglichen Kosten Fußball-Highlights (z.B. die Champions-League-Zusammenfassung sowie die DFB-Pokalspiele und einen erkennbaren Teil der Bundesligen) zeigen zu können. Aber jetzt schon muss sich der Sender auf den Weg begeben, dafür Alternativen zu entwickeln. Und dabei fände ich es gut, wenn die Zusammenfassung von interessanten Sportereignissen in den Winter- und Sommer-Sportarten (wie jetzt schon geschehen) ausgebaut werden würde. Außerdem brauchen wir einen Blick auf das breite Spektrum des Sports bis hin zu den Sportaktivitäten der Menschen mit Behinderung. Die hohe Akzeptanz der Paralympics hat gezeigt, wie gut man solche Sportarten präsentieren kann. Übrigens: Gerade in den Zeiten der Pandemie hat sich gezeigt, dass auch der Breiten- und Freizeitsport eine größere Beachtung verdient. Das könnte mit interessanten Mitmach-Angeboten für Bewegung, Gymnastik usw. im ZDF-Programm aufgenommen werden.
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#Fernsehrat: Unter der Dachmarke „sportstudio" wurden die Online- und Social-Media-Angebote restrukturiert und etwa dank neuer Fußball-Clip-Rechte ausgebaut. Wie sehen Sie das ZDF beim Sport in der digitalen Welt aufgestellt?
Ocakdan: Das „sportstudio" als ZDF-Sportmarke insgesamt auf- und auszubauen ist eine gute Idee. Wenn das ZDF auf diesem Wege sein Sportangebot verbreitert und damit zugleich die digitalen Ausspielwege intensiver versorgen kann, halte ich das für richtig. Die Anstrengungen hierfür werden von mir jedenfalls unterstützt, denn das ist eine der Grundüberzeugungen im ZDF-Fernsehrat: Wir müssen uns den modernen Entwicklungen stellen und darin eine wichtige Rolle einnehmen - im Gesamtangebot, aber auch in der Sportberichterstattung.
#Fernsehrat: Die Rechte für Sportübertragungen und ihre z.T. hohen Kosten sind immer wieder Gegenstand der gesellschaftlichen Debatte. Wie sehen Sie das?
Ocakdan: Ich habe oben bereits angedeutet, dass ich es für richtig halte, wenn die Öffentlich-Rechtlichen, also vor allem auch das ZDF, der Preisspirale eine Grenze zu setzen versuchen. Seine große Reichweite, die hohe Akzeptanz und die Überzeugung zu journalistischer Vernunft (wie sie das ZDF zeigt) werden nach meiner Überzeugung dazu führen, dass hohe Millionensummen von privaten Anbietern nicht mehr eingesetzt und verschleudert werden, wenn mit dem eingekauften Angebot nur eine kleine Öffentlichkeit erreicht wird. Also: So weitermachen wie bisher, professionell handeln wie bisher und das ZDF über sein Gesamtangebot interessant halten!
Zur Person: Kerim Ocakdan, Jahrgang 1984. Der verheiratete Kaufmann arbeitet als Geschäftsführer bei Rast Existenzgründung und Personalvermittlung.
Seit 2016 ist er Mitglied im Fernsehrat als Vertreter aus dem Bereich "Muslime" aus dem Land Niedersachsen.