Der derzeitige objektiv ermittelte Finanzbedarf hat mit der gegenwärtigen Reform-Diskussion "nichts zu tun", sagt Fernsehrätin Dr. Irene Vorholz. Sie erklärt, warum das ZDF gar nicht anders konnte, als die rechtlich vorgesehene Umsetzung der Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) einzuklagen.
#Fernsehrat: Das ZDF plant das Budget nach der KEF-Empfehlung. Mehrere Bundesländer haben sich gegen deren Umsetzung zum 1. Januar 2025 ausgesprochen. Welche Entscheidung erwarten Sie vom diesbezüglich angerufenen Bundesverfassungsgericht?
Dr. Irene Vorholz: Das ZDF konnte gar nicht anders, als die rechtlich vorgesehene Umsetzung der KEF-Empfehlung einzuklagen. Hätte es das nicht getan, würden ihm Mittel zur Deckung des objektiv ermittelten Finanzbedarfs fehlen und die Verantwortlichen hätten sich unter Umständen haftbar gemacht. Wenn das Bundesverfassungsgericht seine bisherige Rechtsprechung fortsetzt – und es spricht viel dafür, dass es das tut, die letzte Entscheidung hierzu ist ja noch nicht lange her –, dann wird es der Klage stattgeben. Mit der gegenwärtigen Reform-Diskussion hat das übrigens nichts zu tun. Die betrifft ein neues Finanzierungsmodell für die Zukunft, ändert aber nicht die Rechtslage für den 1. Januar 2025.
#Fernsehrat: Sollte die empfohlene Beitragsanpassung auf 18,94 € ausbleiben, müsste das ZDF auf Rücklagen zurückgreifen, die jedoch spätestens 2027 aufgebraucht wären. Der entnommene Betrag würde in späteren Jahren zur Deckung des Finanzbedarfs fehlen, weil die KEF die Rücklagen in ihre Empfehlung bereits komplett eingepreist hat. Wie sollte das ZDF Ihrer Meinung nach damit umgehen?
Vorholz: Die Rücklagen sind von der KEF bei der Festsetzung des Finanzbedarfs berücksichtigt worden. Hätte die KEF das nicht getan, wäre die empfohlene Beitragserhöhung höher ausgefallen. Aber: Das Geld in der Rücklage ist da. Wenn die Betragserhöhung zum 1. Januar 2025 nicht kommt, kann und muss Geld aus der Rücklage eingesetzt werden, um den Haushalt auszugleichen. Es fehlt dann aber in den Folgejahren der Beitragsperiode bis Ende 2028. Das ZDF sollte damit souverän umgehen, die Situation gab es in der Vergangenheit schon zweimal.
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#Fernsehrat: Im Rahmen des Strategieprozesses "Ein ZDF für alle" zur Stärkung der Akzeptanz in der Gesellschaft hat das ZDF zuletzt über 100 Millionen Euro zugunsten von Inhalten für neue und jüngere Zielgruppen umgeschichtet. Wie finden Sie das?
Vorholz: Das finde ich richtig, es ist inhaltlich angezeigt, schließlich hat das ZDF überwiegend ältere Zuschauer und will die jüngere Zielgruppe stärker erreichen. Der Fernsehrat hat die Strategie "Ein ZDF für alle" von Beginn an unterstützt. Für das Aufsichtsgremium war und ist es wichtig, dass das transparent dokumentiert wird. Solche Umschichtungen müssen auch haushalterisch nachverfolgt werden können.
#Fernsehrat: Das ZDF plant mit weniger Erstausstrahlungen im linearen Programm und dafür mit mehr non-linearen Angeboten, etwa in der ZDFmediathek – ist der richtige Zeitpunkt dazu schon gekommen, oder könnte man ihn gar verpassen?
Vorholz: Das lineare Angebot wird für das ZDF noch eine ganze Weile prägend sein. Lineare Nutzer dürfen nicht abgehängt werden, egal ob sie alt oder jung sind. Verpassen tut man den Zeitpunkt zur Umstellung sicherlich nicht, abgesehen davon, dass es ja schon sehr viele non-lineare Angebote gibt. Aber langfristig ist das zweifellos richtig.
Zur Person: Dr. Irene Vorholz ist seit Juli 2024 als Vertreterin des Deutschen Landkreistages im ZDF-Fernsehrat und Vorsitzende des Programmausschusses Programmdirektion. Sie arbeitet als Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers der Deutschen Landkreistages, dem kommunalen Spitzenverband aller deutschen Landkreise auf Bundesebene mit Sitz in Berlin.