Fernsehrätin Cornelia Tausch findet die fokussierte Ausrichtung auf die junge Zielgruppe des ZDF "richtig und auch spannend". Sie hält es für notwendig, mehr Anstrengungen für die jungen Menschen zu unternehmen und mehr ZDF-Budget zugunsten von Inhalten für neue und jüngere Zielgruppen umzuschichten. Die Vorständin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erläutert auch, warum sie eine möglichst schnelle rechtliche Klärung der von der KEF ermittelten Beitragsanpassung erwartet.
#Fernsehrat: Das ZDF plant das Budget nach der KEF-Empfehlung. Mehrere Bundesländer haben sich gegen deren Umsetzung zum 1. Januar 2025 ausgesprochen. Welche Entscheidung erwarten Sie vom diesbezüglich angerufenen Bundesverfassungsgericht?
Cornelia Tausch: Das Bundesverfassungsgericht hatte sich bereits 2021 mit einem ähnlichen Sachverhalt zu befassen. Es hat in seinem Urteil deutlich die Rechtsgrundlagen und die Logik des Auftrags sowie der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks betont. Die Länder formulieren den Umfang und Inhalt des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einem Staatsvertrag. Auf dieser Basis melden die Anstalten ihren Finanzbedarf für die kommende Beitragsperiode bei der KEF an. Diese prüft dann unabhängig von der Politik sowie von den Sendern diese Anmeldungen und legt dann ihre Empfehlung für die Beitragshöhe der kommenden Periode fest. Das hat bereits alles stattgefunden, die Länder haben aber weiterhin keinen Staatsvertrag zur Finanzierung ab 1. Januar 2025 vorgelegt. Die Länder halten sich also nicht an das geltende und durch Rechtsprechung bestätigte Verfahren. Daher erwarte ich, dass das Gericht wie in 2021 zugunsten der Beschwerdeführer, also u.a. dem ZDF, entscheiden wird.
#Fernsehrat: Sollte die empfohlene Beitragsanpassung auf 18,94 € ausbleiben, müsste das ZDF auf Rücklagen zurückgreifen, die jedoch spätestens 2027 aufgebraucht wären. Der entnommene Betrag würde in späteren Jahren zur Deckung des Finanzbedarfs fehlen, weil die KEF die Rücklagen in ihre Empfehlung bereits komplett eingepreist hat. Wie sollte das ZDF Ihrer Meinung nach damit umgehen?
Tausch: Die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts war der notwendige Schritt, um möglichst zeitnah eine Klärung und die von der KEF ermittelte Beitragsanpassung zu erhalten. Es ist zu hoffen, dass das Urteil möglichst zeitnah ergeht. Ob die Beitragsanpassung rückwirkend gelten wird, ist offen.
Die Ministerpräsidentenkonferenz hat im Oktober einen Entwurf eines Reformstaatsvertrags beschlossen, mit dem ein veränderter Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender gestaltet werden soll. Die KEF hat in einem Sondergutachten die Entwicklung des Finanzierungsbedarfs auf Basis dieses Reformentwurfs ermittelt und klar festgehalten, dass damit der Finanzbedarf nicht, wie von einzelnen Ministerpräsidenten erhofft, sofort geringer ist. Es wird also Gespräche zwischen den Ländern und mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geben müssen, wie eine rechtskonforme und zukunftsfähige Lösung aussehen kann.
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#Fernsehrat: Im Rahmen des Strategieprozesses "Ein ZDF für alle" zur Stärkung der Akzeptanz in der Gesellschaft hat das ZDF zuletzt über 100 Millionen Euro zugunsten von Inhalten für neue und jüngere Zielgruppen umgeschichtet. Wie finden Sie das?
Tausch: Das Ziel ist benannt: "Ein ZDF für alle", und damit sind Anstrengungen, neue und jüngere Zielgruppen zu erreichen, notwendig. Dafür werden verstärkt interessante, frische Inhalte und Formate, die speziell auf diese Zielgruppen zugeschnitten sind, entwickelt. Das ist ein laufender Prozess, da die Gruppen aus dem jeweiligen Angebot ja auch "herauswachsen". Auch müssen die neuen Angebote die jüngere Zielgruppe auch erreichen. So haben auch Drittplattformen und insbesondere die direkte Kommunikation auf Social Media eine große Bedeutung. Ich finde es daher richtig und auch spannend, wie das ZDF sich hierbei neu ausrichtet.
#Fernsehrat: Das ZDF plant mit weniger Erstausstrahlungen im linearen Programm und dafür mit mehr non-linearen Angeboten, etwa in der ZDFmediathek - ist der richtige Zeitpunkt dazu schon gekommen, oder könnte man ihn gar verpassen?
Tausch: Aus meiner Sicht ergänzen sich das lineare und das non-lineare Angebot (ZDFmediathek) sowie die Angebote auf Drittplattformen und Social Media. Der Wechsel hin zu mehr non-linearem Nutzungsverhalten passiert – unterschiedlich je nach Zielgruppe – bereits seit einigen Jahren. Die zeitsouveräne Nutzung von Medien interessiert nicht nur Jugendliche, diese ist auch für Erwachsene mit Beruf, familiärem oder sozialem Engagement oder Liebhabern spezieller Formate bereits Realität. Andererseits wird das lineare Programm auch noch stark gesehen. Das ZDF muss mit seinen Angeboten den Veränderungen Rechnung tragen. Der Strategieprozess des ZDFs ist darauf ausgerichtet, von dem Einbeziehen des Publikums – u.a. bei ZDFmitreden – bei der Entwicklung bis hin zur Planung der Verbreitung eines Angebots über verschiedene Kanäle. Ich freue mich darauf, die Ergebnisse dieser Neuerungen zu sehen!
Zur Person: Cornelia Tausch ist Vorständin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V., davor Fachbereichsleiterin und Mitglied der Geschäftsleitung beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Im ZDF-Fernsehrat vertritt sie den Bereich Verbraucherschutz. Sie ist Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen, Innovation und Digitalisierung.