Es gab viel Grundsätzliches und ein Etappenziel auf dem Weg in die Zukunft des Hauses zu besprechen: Der Fernsehrat hatte in seiner ersten Sitzung des Jahres über strategisch tiefgreifende Themen zu debattieren. Einleitend stellte ZDF-Intendant Norbert Himmler zu seinem Tätigkeitsbericht einige Worte zum 24. KEF-Bericht voran. In dem Papier wird eine Beitragserhöhung zum kommenden Jahr um 58 Cent empfohlen, davon sollen 14 Cent auf das ZDF entfallen. „Das ZDF hat eine maßvolle Anmeldung unter der Inflationsrate abgegeben“, betonte Himmler - die KEF habe indes noch einmal deutlich gekürzt. Das stelle den Sender vor eine besondere Herausforderung, da man z.B. ohnehin bereits über einen geringen Personalkostenanteil verfüge. Auch wenn das ZDF sich mit Blick auf den Personaletat gegen eine weitere Absenkung der besetzten Stellen von jährlich 0,5 Prozent gewehrt habe, werde man die von der KEF vorgegebene Abbaurate erfüllen. Gleichwohl stelle dies das ZDF angesichts der großen Projekte, die sich das Haus vorgenommen habe, vor etliche Herausforderungen.
Mit Blick auf das Prozedere zur Ermittlung des Rundfunkbeitrags mahnte Fernsehrat Hans-Günter Henneke anschließend das strikte Einhalten rechtsstaatlicher Vorgaben an und kritisierte insbesondere eine politische Einmischung in die Beitragsermittlung. Steffen Kampeter entgegnete, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk für eine breite Akzeptanz feinfühlig mit dem Thema umgehen müsse. Insgesamt würdigte der Fernsehrat die Reformfähigkeit und den damit verbundenem „Spirit“ des Hauses ZDF.
Fernsehrat verabschiedet Erklärung zum Bericht des Zukunftsrats
In der Folge behandelte der Fernsehrat den „Bericht des Rates für die zukünftige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, eingesetzt von der Rundfunkkommission der Länder. Intendant Himmler begrüßte, dass der Zukunftsrat die Notwendigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausdrücklich bestätigt. Er hob hervor, dass nach dem Bericht die drei Säulen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ARD, ZDF und Deutschlandradio, im publizistischen Wettbewerb miteinander stehen sollten. Achim Dercks, Vorsitzender des Ausschusses für Strategie und Koordinierung, hob die große Bedeutung der Kooperation mit der ARD hervor und bemerkte dazu: „Dafür braucht es auf Seiten der ARD klare Ansprechpartner und Verantwortlichkeiten.“ Auf Grund der breiten und detaillierten Diskussion in den Ausschüssen im Vorfeld der Sitzung des Plenums verabschiedete der ZDF-Fernsehrat dann nach nur kurzer Beratung seine Erklärung zum Bericht des Zukunftsrats. Darin unterstrich der Fernsehrat den breiten öffentlich-rechtlichen Auftrag mit Angeboten im Bereich Information, Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie Sport und Unterhaltung. Gerade in einer immer stärker individualisierten Gesellschaft sieht der Fernsehrat das ZDF in der Pflicht, zur Orientierung beizutragen und gemeinschaftsstiftende Programme anzubieten. Gleichzeitig formulierte er seine Erwartung an das ZDF, auch über die Umsetzung der aktuellen Strategie hinaus reformbereit zu sein.
ZDF KOMPASS als neuer Maßstab für Qualitätsmessung
Nach diesem grundsatzorientierten Tagesordnungspunkt befasste sich der Fernsehrat mit einer Zwischenbilanz zur Selbstverpflichtungserklärung des ZDF. Einleitend zeigte sich die Vorsitzende Marlehn Thieme zufrieden mit dem Verfahren, insbesondere mit dem neuen Instrumentarium zur Qualitätsbewertung der Programmziele – dem ZDF KOMPASS. Anhand definierter Kennzahlen misst der ZDF KOMPASS die Programmziele, auf die sich der Fernsehrat mit dem Haus in der Selbstverpflichtungserklärung geeinigt hat und die sich am gesetzlichen Auftrag und den Bedürfnissen des Publikums orientieren. Das Instrumentarium bietet dem Fernsehrat dabei auch die Möglichkeit, einen fundierten Dialog über die programminhaltliche Arbeit des ZDF zu führen und diese zu bewerten. Der ZDF KOMPASS löst aus Thiemes Sicht „die Quote als Maßstab“ mit neuen Dimensionen wie Vielfalt ab. In einer detaillierten Präsentation sah Florian Kumb, Leiter der ZDF-Hauptabteilung Programmplanung, das ZDF auf einem guten Weg zu einem vielfältigeren Angebot gemäß der Strategie „Ein ZDF für alle“.
Im Nachgang dieses Vortrags kamen die drei vom Fernsehrat berufenen Sachverständigen zu Wort, die die Qualitätsinstrumente des Hauses einordnen und prüfen sollen. Sascha Hölig stellte die Methoden der begleitenden Forschung vor. Er betonte, dass eine Vielzahl belastbarer Kennwerte in eine umfassende Bewertung der Arbeit des ZDF einfließen müsse, mit deren Zustandekommen, aber vor allem mit deren Zusammenwirken sich die Fernsehräte vertraut machen sollten. Die Sachverständige Birgit Stark stellte eine Fallstudie über Vielfalt in Empfehlungssystemen bei Nachrichtenangeboten vor. Dafür wurden über 13.000 Personen im ZDFmitreden-Panel befragt. Im Ergebnis stehe die Community Algorithmen-basierten Empfehlungssystemen bei Nachrichten grundsätzlich eher skeptisch gegenüber. Viele Befragte hätten Sorge, wichtige Themen zu verpassen oder ein falsches Stimmungsbild der gesellschaftlichen Lage zu bekommen. Die Befragten wünschten sich, eine Vielfalt bei Themen und Meinungen empfohlen zu bekommen.
ZDFmitreden-Panel mit großem Potenzial
Der Sachverständige Philipp Künstle hatte in einer Fallstudie mit über 14.000 Teilnehmenden aus dem ZDFmitreden-Panel zu Serien von ZDFneo überprüft, inwieweit sich der ZDF KOMPASS auf verschiedene Subgenres des Programms anwenden lässt und hier ggf. bereits „Markenliebe“ messbar sei. Dafür scheint es noch zu früh, aber die ausgewählten ZDFneo-Serien aus dem Jahr 2023 mit zumeist recht spitzen Zielgruppen verfügen auf Anhieb über Fans, die sie in ihrem Repertoire nicht missen möchten. Auch lösten sie vielfach Anschlusskommunikation aus, vor allem über Handlung bzw. Drehbuch und über die dargestellten Themen. Künstle kam zu dem Ergebnis, dass die vielen Daten aus technischen Messungen und Studien der ZDF-Medienforschung mit dem großen Potenzial des ZDFmitreden-Panels eine gute Basis darstellten, insbesondere für die Bewertung von Fiction. Für gezielte Fragen gelte es, spezielle Untersuchungen zu beauftragen. Er bot dem Gremium außerdem an, dass die Sachverständigen den Fernsehrat bei der Arbeit mit den komplexen Instrumenten des ZDF KOMPASS’ mit einem Glossar zu den zentralen Qualitätsbegriffen und mit einem Workshop unterstützen.
In der folgenden Debatte äußerten sich die Fernsehratsmitglieder positiv zu den Präsentationen der drei beauftragten Sachverständigen. Manche, wie Andreas Breiter und Laura-Kristine Krause, bekundeten tieferes Interesse an methodischen Fragen, etwa der Repräsentativität des ZDFmitreden-Panels. Hans-Ulrich Anke wünschte sich für die Zukunft für die Präsentationen einen stärkeren Fokus auf besondere Erfolge und Herausforderungen und eine genauere Einordnung der Daten. Karin Haug fragte nach den Menschen, die das ZDF mit seinen Angeboten nicht erreicht. In seiner Antwort verwies Florian Kumb auf 2.000 ZDFmitreden-Panel-Mitglieder, die angeben, das ZDF nicht zu nutzen. Auch weitere Studien würden die Bedürfnisse jener Menschen mit einbeziehen. Inhaltlich konstatierte Steffen Hörtler, er erwarte bei den Comedy-Angeboten des ZDF eine größere Vielfalt der politischen Meinungen.
Im weiteren Verlauf der Sitzung befasste sich der ZDF-Fernsehrat mit den barrierefreien Angeboten des ZDF, mit Stand und Entwicklung von ZDFinfo und von 3sat sowie traditionell mit den Programmbeschwerden.