Seit dem 1. Juli gilt ein neues Reiserecht: Reiseveranstalter müssen unter anderem nun darüber informieren, ob die angebotenen Reisen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität geeignet sind. Laut Statistischem Bundesamt leben in Deutschland über 7,5 Millionen Menschen mit Behinderung. Hinzu kommt eine große Anzahl von Menschen, die beispielsweise aufgrund ihres Alters in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Viele davon sind reisefreudig, scheuen aber wegen befürchteter Schwierigkeiten, eine Urlaubsreise zu unternehmen.
Hilfen für Bahnreisende
Reiserechtsexperte Kay P. Rodegra weist darauf hin, dass Reiseveranstalter und Beförderungsunternehmen gehandicapten Urlaubern kostenfreie Hilfe anbieten müssen – dazu gibt es europarechtliche Vorgaben. Etwa für Bahnreisende mit Behinderung oder Mobilitätseinschränkungen sind die Vorgaben in der EU-Verordnung Nr. 1371/2007 festgelegt. Bei Bahnreisen bedeutet das zum Beispiel, dass man Hilfe beim Einsteigen in den Zug bekommt – egal, ob ICE, IC oder Nahverkehr. Auf fast 300 Bahnhöfen steht dafür Personal zur Verfügung.
Rodegra empfiehlt, im Rahmen der Reiseplanung bei der Bahn anzufragen, ob die anvisierten Bahnhöfe über entsprechende Möglichkeiten verfügen. In Städten sei das in der Regel kein Problem, auf kleineren Bahnhöfen in ländlichen Regionen allerdings schon.
Flug- und Schiffsreisen
Der gehandicapte Passagier hat am Flughafen Anspruch auf Unterstützung, zum Beispiel dabei, den Abfertigungsschalter zu finden, die Gepäckaufgabe zu erledigen und zum Abfluggate zu gelangen. Auch Hilfeleistungen, um an Bord und zum Sitz im Flugzeug zu kommen, sowie Assistenz beim Aussteigen aus dem Flugzeug, gehören dazu. Zudem gibt es die Möglichkeit, bis zu zwei Mobilitätshilfen (Rollator, elektrischer Rollstuhl u.a.) kostenfrei mitzunehmen. Die Mitnahme darf nur verwehrt werden, wenn sich nicht genügend Platz im Flugzeug findet.
Gleiches gilt entsprechend auch für Schiffsreisen, bei denen die Einschiffung im Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaates liegt. „Gegenüber dem Hafen- und Schiffsbetreiber hat der betroffene Passagier aufgrund der EU-Verordnung Nr. 1177/2010 Anspruch darauf, kostenfreie Unterstützung bei der Ein- und Ausschiffung zu erhalten“, erläutert der Reiserechtsexperte. Das heißt, es muss Hilfe angeboten werden, um vom Eingang des Hafenterminals zum Abfertigungsschalter und von dort zum Schiff zu gelangen, als auch bei der Abfertigung aller notwendigen Mobilitätshilfen (auch elektrische Rollstühle) und Unterstützung bei der Ausschiffung und bei der Einreise- und Zollkontrolle.
Rodegra weist darauf hin, dass Wünsche nach Hilfeleistungen mindestens 48 Stunden vorher angemeldet werden müssen. Ansprechpartner sind je nach Reise die Fluggesellschaft, Reiseveranstalter oder Bahnunternehmen.
Kostenlose Hilfestellung
„Wer per Flugzeug reist, erhält Unterstützung aufgrund der EU-Verordnung Nr. 1107/2006, die für alle Flüge ab einem Flughafen der EU und für Flüge von einem Drittstaat (zum Beispiel USA) in die EU mit einer EU-Airline gilt. Ebenso werden Flughäfen in der EU in die Pflicht genommen und müssen kostenlose Hilfe anbieten. Die Mitnahme eines mobilitätseingeschränkten Passagiers darf nur verweigert werden, wenn sicherheitsrelevante Gründe vorliegen“, so der Rechtsanwalt.
Missachtet eine Fluggesellschaft, ein Bahnunternehmen oder auch ein Kreuzfahrtanbieter die gesetzlichen Vorgaben zur kostenfreien Hilfeleistung, solle man als Betroffener eine Beschwerde einreichen, empfiehlt Rodegra. Gegebenenfalls kommt es zu einem Bußgeldverfahren.
Es gibt auch spezielle Reiseangebote für Menschen mit Behinderung. Hinweise findet man auf den Webseiten von Reiseveranstaltern. Manche haben sich auf das barrierefreie Reisen spezialisiert.