Der Anstieg hat vermutlich vor allem damit zu tun, dass die Arbeit der Schlichtungsstelle bekannter geworden ist. Immer mehr Reisende holen sich dort Rat ein und in vielen Fällen kann weitergeholfen werden.
Die Rechtsgrundlage ist für Passagiere insgesamt sehr unübersichtlich. Die Regeln variieren mit dem Transportmittel. Für Bahnreisende gelten andere Rechte (Fahrgastrechte) als für Flugpassagiere (EU-Fluggastrechteverordnung). Die Rechtslage bei Fernbusreisen, Schiffsfahrten oder Fahrten im ÖPNV sind wiederum anders.
Die Verspätung einer Bahn wird zum Beispiel mit einem prozentualen Betrag des Ticketpreises kompensiert. Ab einer Stunde Verspätung werden 25 Prozent erstattet. Bei Flugreisen wird mit absoluten Beträgen mit bis zu 600 Euro entschädigt.
Beschwerden trotz klarer Gesetzeslage
„Die Air-Berlin-Insolvenz hat uns eine Menge Arbeit eingebracht, da am Ende die Entschädigungen nicht mehr ausbezahlt wurden“, so Heinz Kleve von der Schlichtungsstelle öffentlicher Personalverkehr e.V. „Davon abgesehen bekommen wir als Schlichtungsstelle lediglich die Spitze des Eisbergs zu sehen. Beispielweise hat die Deutsche Bahn jährlich mehr als eine Millionen Beschwerden zu bearbeiten. Davon sind 2017 knapp 3000 bei uns gelandet. Vermutlich gibt es noch viele andere Fälle, bei denen es sich lohnen würde, zur Schlichtungsstelle zu gehen.“
Zudem passieren immer wieder Fehler bei der Regulierung aufgrund menschlichen Versagens. Die SÖP hat beobachtet, dass wenn es um höhere Summen geht, sich die Transportunternehmen tendenziell eher gegen Entschädigungszahlungen sperren.
Häufigste Problemfälle
Dazu gehören Verspätungen und Annullierungen. Reisende, deren Bahn zu spät oder gar nicht fährt, haben häufig das Problem ein Taxi nehmen und bezahlen zu müssen. Flugzeuge haben oft Verspätung aufgrund eines technischen Defektes. Die Fluggesellschaft beruft sich meist fälschlicherweise auf „außergewöhnliche Umstände“ und zahlt nicht.
Fernbusreisen
„In Fernbussen wird derzeit sehr viel geklaut – sowohl die Koffer als auch das Handgepäck. An den Haltestationen sollte man deshalb immer beides im Auge behalten. Hilfreich ist häufig auch, den Koffer auffällig zu kennzeichnen“, so Heinz Kleve von der SÖP.
Eine Entschädigung für Gepäckverlust gibt es bei Busreisen nicht. Dennoch empfiehlt es sich, zur Schlichtungsstelle zu kommen, denn erfahrungsgemäß erstatten die Busunternehmen einen Teil des Schadens auf Kulanz.
Schlichtungsverfahren
„Sie wenden sich zunächst an das Verkehrsunternehmen, mit dem Sie die Reise unternommen haben, bzw. unternehmen wollten. Dabei ist erforderlich, dass Sie Angaben zu den Daten der reklamierten Reise machen und den Grund Ihrer Beschwerde kurz erläutern. Das Verkehrsunternehmen prüft dann Ihren geltend gemachten Anspruch und gibt Ihnen eine Antwort. Hierzu haben die Verkehrsunternehmen insgesamt einen Monat bzw. im Bereich der Luftfahrt zwei Monate Zeit. Ist die Antwort aus Ihrer Sicht nicht zufriedenstellend oder erhalten Sie gar keine Antwort, können Sie sich mit einem Schlichtungsantrag an die Schlichtungsstelle öffentlicher Personenverkehr wenden“, erklärt Heinz Kleve von der SÖP. Das Schlichtungsverfahren ist für den Reisenden kostenfrei.
Wie verbindlich ist ein Schlichterspruch?
Unverbindlich. Der Reisende kann das Verfahren jederzeit abbrechen und das Unternehmen muss den Schlichterspruch nicht anerkennen. In etwa 70 Prozent der Fälle kennen jedoch beide Seiten den Schlichterspruch an.