Es ist Zeit anzuerkennen, dass Wasserstoff nicht konkurrenzfähig ist als Kraftstoff, egal ob in Brennstoffzellen oder Kolbenmotoren. Nicht zu Wasser, zu Lande und in der Luft.
Zu komplex - der Antrieb mit Wasserstoff hat es bislang nicht geschafft, den Verbrenner abzulösen. Eine Reihe namenhafter Hersteller ist bereits beim Versuch gescheitert.
Quelle: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa
Es fing vielversprechend an: Das erste Wasserstoffautomobil wurde 1813 bewegt, vom Franzosen Isaac de Rivaz - lange bevor Otto oder Diesel ihre Verbrennungsmotoren entwickelt haben. Rivaz fuhr allerdings nur wenige Hundert Meter und musste jede einzelne der 25 Zündungen seines Wasserstoffmotors von Hand auslösen.
Wasserstoff, Verbrenner oder Elektro? Welcher Fahrzeug-Antrieb hat den besten Wirkungsgrad? Welcher erzeugt die niedrigsten Emissionen - auf das gesamte Autoleben gerechnet?07.10.2024 | 1:46 min
Wasserstoffantrieb sehr komplex
Es scheint, als würde die Komplexität dem Wasserstoffantrieb bereits von Anfang an ins Heft geschrieben. Die Probleme haben sich in den vergangenen 211 Jahren zwar verändert, gelöst wurden sie nie. Und so ist Rivaz' Wasserstoffauto auch der erste einer langen Reihe nicht praktikabler Versuche, das Wasserstoffauto zu vermarkten.
Mit der Ölkrise der 1970er Jahre kam die Idee auf, sich unabhängiger von Mineralölen zu machen. Wasserstoff kann de facto überall hergestellt werden, und am Ende kommt ja nur Wasser aus dem Auspuff. Problem gelöst - perfekt. Nicht ganz. Die Reihe namhafter Versuchsträger ist lang.
• 1975 Mercedes Benz: 280E mit Benzin-Wasserstoff-Mischbetrieb / City-Bus mit reinem Wasserstoffantrieb • 1980 BMW: erster Wasserstoff 7er. Reichweite ungefähr 300 Kilometer • 1986: Karlsruher Forscher entwickeln Brennstoffzelle, montiert auf einem VW-Pritschen-Bulli. • 1994 Mercedes-Benz: NECAR1, erstes Brennstoffzellenauto der Welt • 1996 - 2000 Mercedes Benz: NECAR 2,3,4 & 5 • 2000 - 2007 BMW: "Kleinserie" 750hL • 2014 Toyota: Mirai • 2018 Hyundai: Nexo
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Mär vom baldigen Serienstart
Im Jahr 2000 kam der BMW 750hL mit einer vollmundigen Prognose im ZDF-Interview daher: Man sei im Wasserstoffzeitalter angekommen, so ein Sprecher von BMW. Und weiter: 2020 oder 2030 würde es kaum noch Verbrenner geben. Da sind wir nun und wissen: Es kam anders.
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Und dennoch hielt sich die Mär vom baldigen Serienstart des Wasserstoffautos. Sogar in Umfragen hielten allen Unkenrufen zum Trotz mehr Deutsche den Wasserstoffantrieb für erfolgversprechend als das batterielektrische Elektroauto.
Wasserstoffauto von Mercedes als reiner Mietwagen
Auch Toyota und Hyundai wagten sich an die Brennstoffzelle und bieten mit dem Mirai und dem Nexo tatsächlich auch hierzulande Modelle zum Kauf an. Damit fühlte sich 2018 schließlich auch Mercedes so weit, ein Wasserstoffauto auf die Straße zu bringen: den GLC F-Cell.
ZDF Umwelt vom 3.12.1997: Immer wieder wurde die Serienproduktion von Wasserstoffantrieben im großen Stil angekündigt. Tatsächlich erreicht wurde sie bis heute nicht.13.11.2024 | 2:47 min
Wobei der Mercedes nicht gekauft werden konnte oder klassisch geleast. Es war ein reiner Mietwagen für ausgewählte Kundschaft. Vielmehr Einzelanfertigung als Serienfahrzeug und er hatte nach mehr als 40 Jahren Wasserstoffforschung und unzähligen Versuchsträgern ziemlich genau die Reichweite des 7er BMW von 1980: 300 Kilometer. Allerdings nur, wenn man zurückhaltend fährt. Genauer gesagt fuhr, denn passend zu allen anderen Wasserstoffautos "Made in Germany" wurde der F-Cell von Mercedes Benz wieder eingestellt. Man wolle sich auf Busse und Lkw fokussieren.
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Nur Mirai und Nexo als Autos mit Wasserstoff verfügbar
Allein der Mirai und Nexo hielten sich hingegen wacker und kämpfen als einzige Teilnehmer auf kuriose Weise um den Titel des Königs der Zulassungsstatistik in der Kategorie Brennstoffzelle. Der Mirai liegt derzeit vorn mit sage und schreibe 133 Zulassungen von Januar bis Oktober 2024. Platz 1. Gratulation!
Laut Hersteller brauchen Mirai und Nexo rund ein Kilogramm Wasserstoff pro 100 Kilometer. Um ein Kilogramm Wasserstoff herzustellen, werden je nach Berechnung rund 50 Kilowattstunden Strom benötigt. Würden diese 50 Kilowattstunden direkt in ein Elektroauto geladen, könnte dieses damit je nach Modell mehr als 300 Kilometer weit fahren.
MAITHINK X nimmt die aktuelle Klima-Verkehrspolitik auseinander und stellt vor, was es tatsächlich bräuchte. Denn, wenn es um das Auto geht, sind wir Deutschen blind vor Liebe. 17.03.2024 | 30:00 min
4:1-Rechnung bei Wasserstoffautos
Um aber überhaupt in einem Fahrzeug nutzbar zu sein, muss Wasserstoff energieintensiv komprimiert und dabei gekühlt werden. Das verschlechtert seine Energiebilanz über den gesamten Herstellungsprozess noch mehr. So dass folgende Faustregel gilt: Das Wasserstoffauto braucht bis zu viermal so viel Strom wie ein Elektroauto.
Trotz dieser einfachen 4:1-Rechnung und daraus resultierend schlechten Chancen im Vergleich zu günstigeren und weiter fahrenden batterieelektrischen Autos, fließen noch immer Jahr für Jahr Millionenbeträge aus Steuergeldern in die Entwicklung neuer Wasserstoff-Pilotprojekte Made in Germany.
Kann man machen, aber nur wenn man am Tresen auch vier Bier bestellen würde, um eins zu trinken. Falls Sie mal ein gutes Argument am Stammtisch brauchen.
Lothar Becker ist Reporter im ZDF-Landesstudio Nordrhein-Westfalen.
Wasserstoff gilt als magisches Molekül, als Schlüsselelement der Energiewende. In diesen Wochen aber wachsen bei vielen Plänen Fragezeichen, wann der klimaneutrale Stoff kommt.
von Winnie Heescher
mit Video
Quelle: ZDF
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