Straßenverkehr: Wie Fußgänger besser geschützt werden können
Sicherheit im Straßenverkehr:Wie Fußgänger besser geschützt werden können
von Kai Remen
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Jährlich sterben Hunderte Fußgänger im deutschen Straßenverkehr. Ein immer komplexeres Verkehrsgeschehen erhöht die Gefahr. Doch es gibt Wege, Fußgänger besser zu schützen.
Jährlich sterben Hunderte Fußgänger im deutschen Straßenverkehr. Die Gründe dafür sind verschieden. Andere Länder machen vor, wie es besser geht.23.03.2025 | 3:05 min
Seit den Achtzigerjahren sinkt die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten immer weiter. Auch bei den Fußgängern lässt sich der insgesamt positive Trend beobachten. Doch seit 2018 stagniert die Zahl und stieg nach den Corona-Jahren sogar leicht an. So wurden im Jahr 2023 insgesamt 437 Fußgänger bei Straßenverkehrsunfällen in Deutschland getötet.
Experten sehen die Gründe dafür in fehlendem Platz und veralteter Städteplanung. Dabei gibt es in den Nachbarländern positive Beispiele, wie die immer diverseren Verkehrsteilnehmer koexistieren können - nicht zum Leid, sondern zum Wohle des Einzelhandels.
Die Zahl Verletzter und getöteter Fußgänger im Straßenverkehr ist zuletzt gestiegen. Der Verkehrsgerichtstag 2025 nimmt deshalb Fußgänger in den Fokus.29.01.2025 | 1:31 min
Zu wenig Platz für zu viel Verkehr
Für Mobilitätsexperte, Stadtgeograf und Zukunftsforscher Stefan Carsten liegt der Grund für die Gefährdung von Fußgängern in einer fehlenden Anpassung des Stadtbilds an den sich wandelnden Verkehr. Rund 60 Jahre, in denen es nur PKW, Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV gab, seien vorbei. Inzwischen gebe es die "geteilte, multimodale Stadt".
Wir haben heute 30 verschiedene Optionen, uns in einer Stadt zu bewegen. Nur die Städte haben nicht nachgezogen. Weder was Scooter auf Bürgersteigen anbelangt noch was Fahrradwege noch was Autoinfrastrukturen anbelangt.
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Stefan Carsten, Mobilitätsforscher
Um den Parkplatz-Engpass in Düsseldorf zu beheben, dürfen ab sofort über Nacht auf einigen Supermarktparkplätzen PKWs gegen eine Gebühr abgestellt werden.13.08.2024 | 1:55 min
Das Resultat: Das Auto lasse mit seinen Straßen und Parkplätzen den Fußgängern und auch Fahrradfahrern keinen Raum, so der Experte. In Zukunft kämen zudem weitere Mobilitätsformen dazu, Stichwort: autonomes Fahren. Es bestehe dringend Handlungsbedarf, lokal wie national.
Die Politik "Auto gleich Wachstum" sei überholt. Das Auto sei Symbol der Industrialisierung, erklärt Carsten. Deutschland bewege sich jedoch weg von der Industrialisierung, hin zu einer wissensbasierten Gesellschaft.
Das Wirtschaftsmodell bedingt auch immer ein neues Mobilitätsmodell. Und das müssen wir jetzt entwickeln.
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Stefan Carsten, Mobilitätsforscher
Gesetzesnovellierung bringt mehr Spielraum
Doch politisch herrscht zumindest kein Stillstand. Im vergangenen Jahr hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, das Parken auf Gehwegen massiv einzuschränken. Zudem wurde 2024 das Straßenverkehrsgesetz novelliert.
Bürger aus Bremen haben vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen das "aufgesetzte Parken" geklagt - mit Erfolg.06.06.2024 | 1:29 min
So sollen die für die innerstädtischen und innerörtlichen Straßen verantwortlichen Städte und Kommunen mehr Spielraum erhalten. Hürden zur Einführung von Zebrastreifen, Fahrradspuren und Tempo-30-Zonen sollen so fallen.
Für den Experten ist das eine "radikal positive Entwicklung". Jetzt müssten sich die Städte und Kommunen mit den neuen Möglichkeiten auseinandersetzen und diese auch nutzen. Andere Städte wie Paris, Kopenhagen, Stockholm oder Amsterdam würden solche Möglichkeiten bereits massiv nutzen, erklärt Carsten. Das sei auch zum Wohle der dortigen Wirtschaft.
Denn Befürchtungen, dass ein Wegfallen von innerstädtischem Autoverkehr dem Einzelhandel schaden würde, halten Forscher Erkenntnisse entgegen, die bereits seit Jahren öffentlich sind.
Mehr Platz für Fußgänger? Hannovers Oberbürgermeister Onay will die Innenstadt bis 2030 autofrei machen. Die Mehrheit soll auf Bus, Bahn oder Fahrrad umsteigen.04.10.2023 | 2:11 min
Schon 2019 kommt eine Studie im Auftrag des Verkehrsministeriums zum Ergebnis: Der durchschnittliche Fußgänger bringt dem Einzelhandel mehr Umsatz als jemand, der mit dem Auto kommt. Der Grund: Fußgänger kaufen spontaner und damit häufiger ein.
Doch es ist kein Kampf der Mobilitätsteilnehmer gegeneinander, so Carsten. Es sei ein Kampf der Lobbyorganisationen und ein Kampf des "Bundesverkehrsministeriums gegen die Länder und gegen die Städte".
Umsatz im Einzelhandel nach Hauptverkehrsmittel (in Euro)
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Fakt ist: Die Planung und das Bauen von Straßen, Fuß- und Radwegen liegt in unterschiedlichen Händen - abhängig, ob es sich um Bundes-, Landes- oder kommunale Straßen und Wege handelt.
Klar ist auch: der Verkehr hat einen massiven Investitionsbedarf. Marode Straßen, kaputte Brücken - hinzu kommen Maßnahmen zur Städteplanung und Verkehrssicherheit. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos) sieht bis 2029 einen Bedarf von 220 Milliarden Euro und die künftigen Verantwortungsträger in der Pflicht.
Die künftige Bundesregierung ist gut beraten, wenn sie die noch offenen Finanzfragen schnell klärt. Ansonsten wird es nicht gelingen, diese Investitionen rechtzeitig zu tätigen mit dann möglicherweise schwerwiegenden Folgen.
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Volker Wissing, Bundesverkehrsminister
Kai Remen ist Reporter im ZDF-Landesstudio Rheinland-Pfalz.
Quelle: dpa
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