Fehlende Trassen: Warum Strom im Norden oft teurer ist
Fehlende Trassen:Warum Strom im Norden oft teurer ist
von Jenifer Girke
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Norddeutsche haben oft eine höhere Stromrechnung als Süddeutsche. Obwohl im Norden günstiger Windstrom produziert wird. Die SuedLink-Trasse könnte daran etwas ändern - vielleicht.
Norddeutschland ist stolz auf seine vielen Windräder. Sie generieren umweltfreundlichen Strom - und zwar für das ganze Land. Eigentlich, denn oft kommt der Strom vom Norden nicht bis den Süden. Entsprechende Infrastruktur - Fehlanzeige. Noch, denn das soll sich ändern.
Hohe Netzentgelte als Strompreistreiber
Was sich nach Meinung von Hartmut Marscheider auch rasch ändern muss: Der Schleswig-Holsteiner zahlt für die Süddeutschen mit. "Ich würde das mal als Strafgeld bezeichnen", sagt der 71-Jährige.
Was er meint: Netzentgelte. Die zahlt zwar jeder Stromkunde, aber nirgends sind sie so hoch wie im Windrad-Land Schleswig-Holstein.
So kommen sie zustande: Jedes neue Windrad muss an das Stromnetz angeschlossen werden - dafür braucht es Leitungen. Das kostet - aber nicht die Betreiber, sondern die Verbraucher.
Anschlusskosten für Windräder tragen die Verbraucher
Die Folge: Dort, wo besonders viele Windräder gebaut werden, zahlen die Verbraucher besonders hohe Netzentgelte. Und das schon seit Jahren, beklagt Hartmut Marscheider, zweiter stellvertretender Bürgermeister on Friedrichskoog.
Netzkosten pro Musterhaushalt
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Dazu kommt: Je geringer die Bevölkerungsdichte, desto höher die Netzentgelte für den einzelnen Haushalt. Eine drei- bis vierköpfige Familie mit einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden zahlt im Vergleich:
in Schleswig-Holstein 480 Euro
in Mecklenburg-Vorpommern 449 Euro
in Bayern lediglich 323 Euro und
in Baden-Württemberg nur 321 Euro.
Infrastruktur fehlt für jede Art von Strom
Wind ist ein wichtiger Träger in der Energiewende. Woran es Deutschland aber mangelt: an der passenden Infrastruktur. Energieforscher Prof. Dr. Detlef Stolten appelliert: "Wir können nicht das Pferd von hinten aufzäumen und jetzige Infrastruktur den Erneuerbaren aufdrücken."
Die fehlende Infrastruktur führt auch dazu, dass Windräder immer wieder stillstehen - trotz Wind. Wie kann das sein? Windräder generieren günstigeren Strom als fossile Energieträger. Das drückt den Preis auf dem Strommarkt, der für ganz Deutschland gilt.
Wegen fehlender Trassen stehen Windräder still
"Das heißt, ich kann in Bayern Strom aus Schleswig-Holstein einkaufen", erklärt Energieexperte Prof. Dr. Michael Sterner von der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg.
An der Grenze zu Dänemark stehen mehrere Windparks, die nicht nur Strom erzeugen, sondern auch grünen Wasserstoff produzieren.27.02.2023 | 2:00 min
"Dann wird dieses Handelsergebnis dem Netzbetreiber übergeben und der sagt dann: 'Moment mal, ich habe gar nicht die Leitung, dass ich diesen Handel erfüllen kann und der Strom tatsächlich vom Norden in den Süden kommt'," so Sterner weiter.
Die Folge: Die Windräder werden abgeregelt oder ausgeschaltet. Um den im Süden bereits eingekauften aber nicht lieferbaren Strom ersetzen zu können, werden dort Reservekraftwerke angeworfen. Das sind meist teure Gas- und Kohlekraftwerke, die den Preis wieder nach oben treiben - und zwar über die Netzentgelte.
Dazukommt: Der nicht genutzte Strom wird trotzdem vergütet - als Entschädigung für die Betreiber. Auch das läuft über die Netzentgelte.
Verbraucher zahlen also sowohl den nicht genutzten Strom, als auch einen höheren Preis für den stattdessen teurer bereitgestellten Ersatzstrom.
Netzausbau - so lautet die Devise. Ein wichtiger Schritt: SuedLink, eine 700 km lange Stromtrasse, die grünen Strom von der Nordsee in den Süden der Republik transportieren soll.
Trotz Trasse: Anschlusskosten bleiben im Norden
Aber auch wenn der Transport dann besser klappt - der Ausbau von Windenergie würde immer noch primär im Norden bezahlt.
"Das heißt, der Süden zahlt genauso viel wie der Norden", fordert Hartmut Marscheider.
Wenn alle die Vorteile von Windenergie nutzen können, sollten auch alle die Kosten für ihre Förderung zahlen - so der Wunsch von Marscheider und seinen norddeutschen Mitbürgern. Wird die Politik ihrem Wunsch nachkommen?