Drohende Rezession: Wirtschaft: Mit Sicherheit unsicher

    Drohende Rezession:Wirtschaft: Mit Sicherheit unsicher

    von Dennis Berger
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    Nach Corona und dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine bleibt die Entspannung in der deutschen Wirtschaft aus. Wie stark steuert sie auf eine Rezession zu?

    SGS Börse
    Deutschlands Wirtschaft stagniert und immer mehr Finanzexperten rechnen mit einer noch schlechteren Konjunkturentwicklung. Stephanie Barrett berichtet.13.08.2024 | 1:06 min
    Willkommen zur drohenden Rezession. Überrascht Sie diese Begrüßung? Vielleicht weil die letzten Monate von "überraschend starken" Exportzahlen und ebenso "überraschend" starken Einbrüchen in der Industrie geprägt waren. E-Autos stagnieren, während die gestiegenen Auftragseingänge der Autoindustrie als "Lichtblick" gelten. Die deutsche Wirtschaft fährt Achterbahn. Unsicherheit dominiert.

    Autoindustrie erlebt Auf und Ab

    Diese Unsicherheit zeigt sich in widersprüchlichen Wirtschaftsdaten: Nach starken Rückgängen verkaufte die deutsche Wirtschaft zu Jahresbeginn wieder überraschend mehr Waren ins Ausland, bedingt durch gestiegene Nachfragen aus den USA und China. Im Juni jedoch sanken die Exporte stark. Im Vergleich zum Juni 2023 fielen sie laut Statistischem Bundesamt um 8,3 Prozent.
    Auch die Autoindustrie erlebt ein Auf und Ab. Im Juni stieg die Industrieproduktion dank überraschend guter Auftragseingänge der Autobauer. Einen Monat später sinkt der Absatz von Neuwagen, während Elektroautos an Anziehungskraft verlieren. Diese Widersprüche resultieren auch aus dem statistischen Basiseffekt: Ganz unten erscheinen kleine Schritte nach oben als große Wachstumsrate.

    Ein Teil der positiven Produktionsdynamik im Juni dürfte auch als Gegenbewegung zum Produktionsrückgang im Mai verstanden werden. Das gilt für die Automobilindustrie wie auch für die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe im Juni insgesamt.

    Volkswirt Marc Schattenberg, Deutsche Bank Research

    Das führt zur aktuellen wirtschaftlichen Schwäche

    Nach der Corona-Pandemie und dem Kriegsausbruch in der Ukraine steckt die deutsche Wirtschaft weiterhin in der Talsohle. Die schwindende Wirtschaftskraft zeigt sich deutlich in der deutschen Autoindustrie. Im Vergleich zu 2019 liegt der Absatz von Neuwagen um 28 Prozent niedriger, berichtet EY.
    "Es geht auf dem Neuwagenmarkt nicht voran. Die Lücke zum Vorkrisenniveau bleibt riesig", sagt Constantin Gall, Leiter Mobility bei EY. Besonders dramatisch ist die Entwicklung bei Elektroautos: Der Absatz sank laut Gall um 37 Prozent.
    Michael Hüther, Chef des Insituts der deutschen Wirtschaft
    Auch die Börsen hatten zum Teil mit deutlichen Kursverlusten zu kämpfen. Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, mit einer Einschätzung.06.08.2024 | 0:55 min
    Mehrere Faktoren führen zur aktuellen Schwäche: Fehlende staatliche Umweltprämien, hohe Preise und eine unsichere Ladeinfrastruktur schrecken potenzielle Käufer ab. Zudem trüben hohe Inflation und schwache Konjunktur die allgemeine Verbraucherlaune: Rund 15 Prozent - mit Ausnahme der Corona-Jahre war die Sparquote in der deutschen Bevölkerung noch nie so hoch, berichtet das Beratungsunternehmen Barkow Consulting.

    Mit einem Bein in der Rezession

    Zusätzlich zur Erkenntnis, dass die deutsche Wirtschaft angeschlagen ist, haben sich die Aussichten stark eingetrübt. Eine aktuelle Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt, dass Börsenprofis so pessimistisch sind wie seit zwei Jahren nicht mehr. Deutschland-Chefvolkswirt Robin Winkler von der Deutschen Bank erkennt in der ZEW-Umfrage, dass die deutsche Wirtschaft nicht richtig auf die Beine kommt.

    Noch mehr Sorge bereitet die Tatsache, dass der Optimismus in den Konjunkturerwartungen aus dem Frühjahr komplett verpufft ist.

    Robin Winkler, Deutsche Bank

    Logo Statistischen Bundesamt.
    Das Bruttoinlandsprodukt ist von April bis Juni um 0,1 Prozent gesunken. Das teilte das Statistische Bundesamt mit. Unter anderem werden fehlende Investitionen als Grund genannt. 30.07.2024 | 0:21 min
    Besonders die exportorientierten Sektoren in Deutschland könnten von der Krise betroffen sein.

    Auch die Investitionen, vor allem in Maschinen und Ausrüstungen, lahmen. War der Außenhandel im ersten Quartal noch ein Wachstumstreiber, so deutet sich für das zweite Quartal allenfalls eine Stagnation ab.

    Volkswirt Marc Schattenberg, Deutsche Bank Research

    Die Unsicherheiten sind vielfältig: unklare Geldpolitik, schwache Zahlen aus den USA und zunehmende Sorgen über eine Eskalation im Nahen Osten belasten die Stimmung. Diese globale Unsicherheit spiegelt sich auch in den jüngsten Kurseinbrüchen an den internationalen Aktienmärkten wider.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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